Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post
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ERFOLGS GESCHICHTEN<br />
Wenn das Schicksal Regie führt<br />
Frauen in Führungspositionen<br />
sind in Deutschland nach wie<br />
vor unterrepräsentiert; nur wenige<br />
können sich in höchsten<br />
Positionen etablieren. Gunhild<br />
Veit ist genau das gelungen.<br />
Seit 1989 leitet die vierfache<br />
Mutter die Geschicke des Ellwanger<br />
Bauunternehmens<br />
Hans Fuchs. Und das mit großem<br />
Erfolg. 1998 wurde die<br />
heute 61-Jährige für ihre unternehmerischen<br />
Leistungen mit<br />
der Wirtschaftsmedaille des<br />
Landes Baden-Württemberg<br />
ausgezeichnet.<br />
Gunhild Veit ist ein echtes Unternehmerkind.<br />
1956 hoben<br />
ihre Eltern, Hans und Maria<br />
Fuchs, die Hans Fuchs Bauunternehmung<br />
GmbH&Co. aus<br />
der Taufe. Schon die Großeltern<br />
hattenein eigenes Baugeschäft<br />
in der Mittelhofstraße .<br />
„Für mich, für meine Familie<br />
war die eigene Firma immer<br />
wichtiger Lebensinhalt“, sagt<br />
Gunhild Veit. Logisch also, dass<br />
sie sich gleich nach der Schule<br />
für eine Ausbildung zur Bauzeichnerin<br />
entschied, schließlich<br />
wollte die junge Frau später<br />
in den elterlichen Betrieb<br />
einsteigen. Ein Studium des<br />
Bauingenieurwesens schloss<br />
sich an. „Das war vorgezeichnet,<br />
ich wurde so erzogen“,<br />
sagt Veit. Eine andere berufliche<br />
Karriere habe sie deshalb<br />
auch nie ernsthaft in Erwägung<br />
gezogen.<br />
Trotzdem sollte es zunächst anders<br />
kommen als geplant: Statt<br />
das Studium zu beenden, heiratet<br />
Gunhild 1970 ihren Mann<br />
Gerd Veit. Noch im gleichen<br />
Jahr steigt der Betriebswirt in<br />
die Firma der Schwiegereltern<br />
ein und übernimmt hier schnell<br />
Das Ellwanger Bauunternehmen Hans Fuchs ist seit Jahren fest in weiblicher Hand,<br />
eine Verpflichtung gegenüber der Belegschaft und der Familie<br />
Führungsaufgaben: „Er war<br />
von da an der strategische Kopf<br />
des Unternehmens“, erinnert<br />
sich Veit. Sie selbst kümmert<br />
sich in jener Zeit vornehmlich<br />
um die vier gemeinsamen Kinder<br />
– drei Töchter und einen<br />
Sohn – und hilft nur stundenweise<br />
im Büro des Unternehmens<br />
aus.<br />
1989 schlägt das Schicksal zu:<br />
Gerd Veit stirbt bei einem Arbeitsunfall.<br />
Die Eltern von Gunhild<br />
Veit haben sich zu dem<br />
Zeitpunkt schon lange aus der<br />
Geschäftsleitung zurückgezogen,<br />
der Traditionsbetrieb<br />
steht plötzlich ohne führenden<br />
Kopf da. „Der Tod meines Mannes<br />
hat damals sicherlich nicht<br />
nur unsere Familie schwer getroffen,<br />
sondern auch den gesamten<br />
Betrieb, die gesamte<br />
Belegschaft. Alle haben sich gefragt,<br />
wie es weitergehen soll.“<br />
Doch trotz aller Zweifel, Sorgen<br />
und familiären Verpflichtungen<br />
– den Betrieb mit seinen<br />
rund 200 Mitarbeitern aufzugeben,<br />
kam für Gunhild Veit<br />
damals nicht in Frage: „Ich fühlte<br />
mich sowohl meinen Eltern<br />
als auch der Belegschaft gegenüber<br />
verpflichtet, das Unternehmen<br />
weiterzuführen. Mir<br />
war aber auch klar, dass ich<br />
mich dazu richtig reinknien<br />
muss.“<br />
Dabei konnte Gunhild Veit von<br />
Beginn auf die volle Unterstützung<br />
ihrer Mitarbeiter bauen.<br />
Insbesondere auf die von Karl<br />
Merz, schon damals in der Geschäftsleitung<br />
für die operativen<br />
Geschäfte des Bauunternehmens<br />
verantwortlich und<br />
bis heute die große Stütze der<br />
Firma. Vorbehalte, dass nun<br />
eine Frau am Ruder der Baufir-<br />
Mutter und Tochter auf Erfolgskurs: Katja und Gunhild Veit leiten die<br />
Geschicke des Ellwanger Baunternehmens Hans Fuchs. (Foto: rim)<br />
ma sitzen sollte, seien zu keinem<br />
Zeitpunkt aufgekommen,<br />
sagt Veit: „Das war wirklich<br />
niemals ein Thema. Weder bei<br />
unseren Angestellten, noch bei<br />
unseren Geschäftspartnern.“<br />
Mit großem organisatorischem<br />
Aufwand schafft es Veit in den<br />
Folgejahren, Familie und Familienbetrieb<br />
unter einen Hut zu<br />
bekommen. Über zahlreiche<br />
Fortbildungen holt sich die Un-<br />
MENSCHEN MACHER MÄRKTE I 24. November 2007<br />
ternehmerin den aktuellen betriebswirtschaftlichen<br />
Schliff.<br />
Als „Exotin“ in der Baubranche<br />
habe sie sich nie gefühlt. Als<br />
Frau habe man es in dieser<br />
Branche vermutlich sogar etwas<br />
leichter als ein Mann, mutmaßt<br />
Veit: „Einem wird in Verhandlungen<br />
zumindest immer<br />
sehr höflich begegnet.“<br />
Über die aktuellen Diskussionen,<br />
ausgelöst durch Eva Hermann,<br />
die in ihren Büchern vehement<br />
die Rückkehr der Frauen<br />
an den Herd propagiert,<br />
kann Gunhild Veit nur müde lächeln.<br />
Für die 61-jährige Unternehmerin<br />
ist das offenkundig<br />
eine abstrakte Diskussion<br />
(„Mich beschäftigt dieses Thema<br />
nicht“). Für sie habe das Leben<br />
nun einmal einen anderen<br />
Weg vorgesehen. Und: „Meinen<br />
Kindern hat meine Berufstätigkeit<br />
sicherlich nicht geschadet.<br />
Im Gegenteil: Unsere<br />
Familie ist dadurch noch enger<br />
zusammengerückt.“<br />
Schaden hat auch das Unternehmen<br />
nicht genommen. Mit<br />
viel Geschick und unternehmerischer<br />
Weitsicht hat Gunhild<br />
Veit den Betrieb durch die letzten,<br />
bald zwei Jahrzehnte geführt.<br />
Unter ihrer Ägide wurde<br />
sogar expandiert. Die Entscheidung,<br />
nach der deutschen Wiedervereinigung<br />
eine Firmenniederlassung<br />
mit gleicher Struktur<br />
im thüringischen Altenburg-Windischleuba<br />
zu gründen,<br />
geht auf ihre Initiative zurück.<br />
Auch an der Produktpalette der<br />
Firma wurde kontinuierlich gefeilt.<br />
Heute zählt zum Leistungsspektrum<br />
des Unternehmens neben<br />
Hoch- und Tiefbaumaßnahmen<br />
3<br />
sowie der Erstellung von Betonfertigteilen,<br />
Transportbeton<br />
und Betonverbundsteinen,<br />
auch der Straßen- und Landschaftsbau,Projektmanagement<br />
oder schlüsselfertiges<br />
Bauen.<br />
Für ihre unternehmerischen Erfolge<br />
wurde Gunhild Veit 1998<br />
mit der Wirtschaftsmedaille des<br />
Landes Baden-Württemberg<br />
ausgezeichnet. Stolz zeigt sie<br />
heute die Urkunde, die damals<br />
von Wirtschaftsminister Walter<br />
Döring höchstpersönlich überreicht<br />
wurde. Wobei Veit sich<br />
diesen Erfolg - und da ist sie typisch<br />
Frau - nicht alleine auf die<br />
Fahnen schreiben mag. Nein,<br />
diese Auszeichnung hätte sich<br />
die gesamte Belegschaft gemeinsam<br />
verdient, betont sie<br />
immer wieder.<br />
Kinder rücken nach<br />
Sollte die 61-Jährige irgendwann<br />
in den wohlverdienten<br />
Ruhestand eintreten - eine Aussage<br />
macht sie dazu noch nicht<br />
- bleibt das Bauunternehmen<br />
übrigens weiter fest in weiblicher<br />
Hand: Tochter Katja, gelernte<br />
Bankerin, studierte Betriebswirtin<br />
und selbst Mutter<br />
einer Tochter, gehört schon<br />
jetzt der Hans Fuchs-Geschäftsleitung<br />
an. Seit 2002 kümmert<br />
sie sich um die Niederlassung in<br />
Altenburg, die seither eine positive<br />
Entwicklung genommen<br />
hat. Auch freut sich Gunhild<br />
Veit, dass ihr Sohn Jonny nach<br />
Abschluss seines Studiums zum<br />
Bauingenieur auch in die Firma<br />
eintreten wird. Damit wird die<br />
Tradition als Familienunternehmen<br />
fortgesetzt.<br />
Alexandra Rimkus