bpa. Magazin - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste eV
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10<br />
Das sollten Sie wissen<br />
Investitionskosten<br />
Ein Träger,<br />
zwei Geschäftsführer,<br />
drei geförderte Pflegeheime<br />
Autor: Herbert Mauel<br />
Ein Träger aus Sachsen-Anhalt schaffte<br />
es mit seiner Klage bis zum Bundessozialgericht<br />
(BSG), weil er sich trotz einer<br />
100%igen Förderung ungerecht behandelt<br />
fühlte. Letztlich wollte er die Festlegung<br />
eines Investitionsbetrages erreichen,<br />
welcher ihm die Berechnung der<br />
betriebsnotwendigen Investitionskosten<br />
der Höhe nach wie bei einem ungeförderten<br />
Pflegeheim erlaubt, allerdings<br />
unter Beachtung der geförderten Kosten<br />
für Bau und komplette Ausstattung. Im<br />
Endeffekt hätten sich hieraus gesondert<br />
berechenbare Investitionsbeträge einer<br />
zu 100 % geförderten Einrichtung ergeben<br />
können, welche über denen einer<br />
gänzlich ungeförderten Einrichtung gelegen<br />
hätten. Oder, um es mit den Vertretern<br />
des klagenden Trägers zu sagen,<br />
begehrten sie „eine Förderung mit nachhaltiger<br />
Wirkung“. Dem Träger schien<br />
auch unklar zu sein, dass er bereits in<br />
den zurückliegenden Jahren Mehreinnahmen<br />
alleine durch die deutlich über<br />
der kalkulierten Auslastung erfolgte Belegung<br />
erzielt hatte.<br />
Knackpunkt<br />
„Aufwendungen“<br />
Am 8.9.2011 verhandelte das Bundessozialgericht<br />
u.a. zu diesen Fällen. Den<br />
interessierten Beobachtern dieser Verhandlung<br />
deutete sich bereits dort an,<br />
dass die Klage wohl kaum Erfolg haben<br />
dürfte, wobei die Ausführungen der<br />
Kläger restliche Zweifel hieran schnell<br />
zu zerstreuen schienen. Deutlich wurde<br />
aber auch, dass als Folge dieses Verfahrens<br />
das BSG grundsätzlich zum bis<br />
dahin praktizierten Verfahren der Festlegung<br />
bzw. Verhandlung der betriebsnotwendigen<br />
Investitionsbeträge Stellung<br />
beziehen würde.<br />
Als ein zentraler Knackpunkt stellte sich<br />
die Interpretation des Begriffes der „Aufwendungen“<br />
dar, der etwas verkürzt<br />
dargestellt vom BSG so definiert wurde,<br />
dass damit die gebuchten Beträge gemeint<br />
seien, letztlich also die Ist-Kosten.<br />
Die bisher in allen 16 Bundesländern<br />
gängige Praxis der Berücksichtigung von<br />
gut begründbaren Pauschalen für die<br />
kalkulierte Auslastung oder für Kosten<br />
der Instandhaltung und Instandsetzung<br />
passte ebenso wenig in diese Sicht wie<br />
die in wenigen Bundesländern bis dahin<br />
noch strittige Berücksichtigung einer fiktiven<br />
Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals.<br />
Sehr schnell wurde klar, dass<br />
das gedankliche Konstrukt des BSG die<br />
gesetzliche Vorgabe sehr grundsätzlich<br />
bewertete und dabei keinen Zweifel<br />
daran ließ, dass die jahrelange bundesweite<br />
Praxis hiermit offenbar nicht zu<br />
vereinbaren sei. Die geübte Praxis passte<br />
also nicht zur gesetzlichen Regelung.<br />
Entsprechend erfolgte auch der Hinweis<br />
an die Bundesländer, bei entsprechender<br />
Notwendigkeit die Länderregelungen bis<br />
spätestens zum 31.12.12 anzupassen. Ab<br />
diesem Moment lief die Uhr.<br />
Zwei<br />
Szenarien<br />
Zwei denkbare Szenarien<br />
boten sich an:<br />
Bis zu 16 neue Regelungen in<br />
den Bundesländern mit der<br />
Notwendigkeit, bis zu 11.000<br />
neue Bescheide oder Vereinbarungen zu<br />
den betriebsnotwendigen Investitionsbeträgen<br />
umzusetzen und anschließend<br />
in mehr als 800.000 Heimverträgen aufzunehmen.<br />
Dabei wäre es auch zu für<br />
die Einrichtungsträger unkalkulierbaren<br />
Verschiebungen von bisher unstrittigen<br />
Bestandteilen des Investitionsbetrages<br />
in die Entgelte für Unterkunft, Verpflegung<br />
oder Pflege gekommen; dies aber<br />
nur, wenn alles gut gegangen wäre. Ein<br />
weiterer unkalkulierbarer Nebeneffekt<br />
wäre die neue Zuordnung im Konfliktfall<br />
gewesen. Entschied bisher ggf. die<br />
Schiedsstelle nach SGB XII, hätte in<br />
diesem Szenario die Aufspaltung in die<br />
jeweiligen Zuständigkeiten der beiden<br />
Schiedsstellen nach SGB XII und SGB<br />
XI gedroht bei Beteiligung jeweils unterschiedlicher<br />
Vertragspartner.<br />
Der vernünftigere und deutlich<br />
weniger Bürokratie auslösende<br />
Ausweg war eine neue bundesgesetzliche<br />
Regelung, welche die<br />
Hinweise des BSG mit der durchaus bewährten<br />
Praxis der 16 Bundesländer<br />
harmonisiert. Voraussetzung war eine<br />
vor dem 31.12.12 in Kraft tretende gesetzliche<br />
Regelung.