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bpa. Magazin - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste eV

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gebote. Wer ohne Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen<br />

den Zugang zur<br />

Pflegesachleistung im Wege der Kostenerstattung<br />

für jedermann vorschlägt, will<br />

Billigversorgung. Die zahlreichen Imagekampagnen<br />

passen dazu wie die Faust<br />

aufs Auge.<br />

Mit der bedrohlichen Diskussion in Folge<br />

der durchaus nachvollziehbaren Rechtsprechung<br />

des Bundessozialgerichts<br />

wäre die für gute Pflege notwendige<br />

Verlässlichkeit bei der Finanzierung der<br />

Investitionskosten ins Straucheln gekommen<br />

mit unübersehbaren Folgen für<br />

alle Beteiligten. Bemerkenswert ist, dass<br />

über ein enges Zusammenwirken der<br />

politischen Entscheider auf Bundes- und<br />

Landesebene, der Sozialhilfeträger und<br />

der Trägerverbände eine sehr vernünftige<br />

Lösung gefunden wurde. Sehr angespannt<br />

bleibt aber die Diskussion um<br />

neue Bauanforderungen für bestehende<br />

Gebäude.<br />

Obwohl wir ein Bundesleistungsgesetz<br />

für die Eingliederungshilfe grundsätzlich<br />

begrüßen, deuten sich unabhängig<br />

davon erhebliche Veränderungen für die<br />

Leistungserbringer an. Der <strong>bpa</strong> hat deutlich<br />

eingefordert, das heutige sehr leistungsfähige<br />

Versorgungsangebot aus -<br />

drücklich als Teil des Entwicklungsprozesses<br />

zu begreifen. Momentan diskutierte<br />

Vorschläge wie ein eng begrenzter<br />

Zugang für Leistungserbringer oder gar<br />

die Prüfung der Buchhaltungsunterlagen<br />

durch den Sozialhilfeträger deuten erhebliche<br />

Konflikte neben dem angestrebten<br />

Umbau der Angebote bei Verzicht auf<br />

eine nach ambulanter, teilstationärer<br />

oder stationärer Versorgung differenzierte<br />

Versorgung an.<br />

All dies wird jedoch überlagert von der<br />

Sorge eines jeden Betreibers um die<br />

Gewinnung von Fachkräften. Schon<br />

heute sind die Probleme erheblich, die<br />

benötigten Mitarbeiter werden, wenn<br />

überhaupt, bei den konkurrierenden Ein-<br />

richtungen gefunden. Ein sich schneller<br />

drehendes Personalkarussell ist keine<br />

konstruktive Lösung, sondern verstärkt<br />

die Schwierigkeiten. Zunehmend frustriert<br />

erlebten wir, dass der Fachkräftemangel<br />

in der Pflege zwar zur politischen<br />

Herausforderung geworden ist, ein Streit<br />

über die Finanzierung der Umschulung<br />

aber ein umfangreiches Bündel an hilfreichen<br />

Maßnahmen des Ausbildungsund<br />

Qualifizierungspaktes über Monate<br />

hinweg blockieren konnte.<br />

Wir leisten uns eine weitere durchaus<br />

bizarre Diskussion über die sprachlichen<br />

Anforderungen an zuwanderungswillige<br />

Pflegefachkräfte. Hiervon profitieren<br />

unsere pragmatisch denkenden Nachbarländer<br />

wie Belgien, Norwegen oder<br />

Schweden, die sich unverhohlen freuen<br />

über die hiesige Verhinderung von qualifizierter<br />

Zuwanderung durch die sprichwörtliche<br />

deutsche Gründlichkeit. Ein<br />

Blick auf die Internetseite des Goethe-Instituts<br />

zeigt das Dilemma deutlich: „Das<br />

Goethe-Zertifikat B2 wird in zahlreichen<br />

Ländern als Eingangsvoraussetzung für<br />

den Studiengang Germanistik anerkannt.“<br />

Um als Pflegefachkraft anerkannt zu werden,<br />

wird neben dem Berufsabschluss<br />

(Bundesregelung) auch ein Nachweis<br />

über das Sprachniveau (16 Landesregelungen)<br />

gefordert. Für die Beurteilung<br />

wird auf die europäische Definition der<br />

Kompetenzstufen zurückgegriffen. Dabei<br />

scheint jedes vernünftige Maß verloren<br />

gegangen zu sein. Geprüft werden soll<br />

in den Kategorien „hören, lesen, an Gesprächen<br />

teilnehmen, zusammenhängendes<br />

sprechen, schreiben“. Wer nun<br />

an eine Pflegefachkraft, die im täglichen<br />

Umgang hier in Deutschland die Sprache<br />

wesentlich schneller lernen kann als im<br />

Ausland, Anforderungen stellt, die „in<br />

zahlreichen Ländern als Eingangsvoraussetzung<br />

für den Studiengang Germanistik“<br />

anerkannt werden, verhindert bei<br />

besten Vorsätzen die dringend notwendige<br />

qualifizierte Zuwanderung. Stattdes-<br />

sen wird ein Apparat zur Durchführung<br />

der Sprachprüfung aufgebaut. Das hilft<br />

nur den Prüfern. Wenn dann bei der Europäischen<br />

Union über eine Anhebung<br />

der Sprachanforderungen auf das Niveau<br />

C1 spekuliert wird, drückt das eine<br />

kontraproduktive Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />

für EU-Bürokraten aus, die<br />

jede praktische Umsetzung rigoros verhindern<br />

wird.<br />

Wir müssen uns dringend darauf besinnen,<br />

für ausländische Pflegefachkräfte<br />

attraktiv zu werden. Das erreichen wir<br />

nicht, wenn hochqualifizierte Mitarbeiter<br />

von uns zu Hilfskräften gemacht werden.<br />

Wer nach Deutschland kommen will,<br />

muss je nach individuellem Sprachverständnis<br />

Aufgaben als Pflegefachkraft<br />

übernehmen können. Die Verantwortung<br />

für die Übertragung der Aufgaben muss<br />

die im Gesetz definierte verantwortliche<br />

Pflegefachkraft tragen, nicht die Gestalter<br />

der deutschen Bürokratie. Wer ein<br />

Sprachniveau von A2 erreicht, kann<br />

in größerem Umfang Aufgaben einer<br />

Fachkraft übernehmen. Eine Ausweitung<br />

dieser Aufgaben bei verbessertem<br />

Sprachverständnis kann dann Schritt<br />

für Schritt erfolgen.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für<br />

manche Probleme wurden Lösungen<br />

gefunden, andere bleiben. Lassen Sie<br />

uns aktiv und positiv gestimmt ins<br />

nächste Jahr gehen. In diesem Sinne<br />

wünsche ich Ihnen, Ihren Angehörigen<br />

und Ihren Mitarbeitern eine besinnliche<br />

Weihnachtszeit, einen guten Rutsch und<br />

das notwendige persönliche und berufliche<br />

Glück im neuen Jahr 2013.<br />

Ihr<br />

Bernd Meurer<br />

Präsident<br />

3<br />

Editorial

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