bpa. Magazin - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste eV
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Im chinesischen Gesundheitsministerium: Die Delegation des hessischen Staatsministers<br />
Stefan Grüttner mit maßgeblichen Vertretern des Gesundheitsministeriums<br />
und dem hessischen <strong>bpa</strong>-Landesvorsitzenden Jochen Rindfleisch-Jantzon.<br />
Andere Ausbildung, gleiche Probleme<br />
Die Ausbildung von Pflegekräften<br />
stellt sich in China ganz anders als in<br />
Deutschland dar: Hier absolvieren die<br />
künftigen Fachkräfte ein dreijähriges<br />
Universitätsstudium, das die grundständige<br />
Pflegeausbildung umfasst und<br />
an das sich ein viertes Jahr zur inhaltlichen<br />
Spezialisierung auf Altenpflege,<br />
Krankenpflege oder Kinderkrankenpflege<br />
anschließt. Ähnlichkeiten zeigen sich<br />
jedoch beim Bedarf an Fachkräften, die<br />
nicht nur in Großstädten wie Shanghai<br />
knapp sind. Dort werben Unternehmen<br />
Pflegefachkräfte mit hohen Gehältern<br />
an und von Werbeplakaten an Bussen<br />
lächeln freundliche Krankenschwestern,<br />
die für den Pflegeberuf werben.<br />
Auch politisch ist die soziale und pflege-<br />
rische Absicherung der älteren Chine-<br />
sen nach Angaben der Ministerien ein<br />
wichtiges Thema. Die Versicherungszweige<br />
sind den unsrigen ähnlich, aber<br />
auf weit niedrigerem Absicherungsniveau<br />
angesiedelt. So gibt es seit<br />
dem Jahr 2008 auch eine allgemeine<br />
Krankenversicherung und gleichzeitig<br />
werden Versorgungsstrukturen mit<br />
unterschiedlichen Ansätzen weiterentwickelt:<br />
Über freiwillige Helfer, neue<br />
Medien oder die Förderung von sozialen<br />
Dienstleistungszentren, die in Teilen<br />
mit unserer deutschen Tagespflege vergleichbar<br />
sind.<br />
Die stationäre Versorgung ist derzeit<br />
noch wenig entwickelt, nur drei Prozent<br />
der chinesischen Pflegebedürftigen in<br />
Jianxi leben in Einrichtungen. Für die<br />
Zukunft jedoch erwarten die Planer einen<br />
Zuwachs von rund 21.000 Plätzen<br />
allein in den nächsten drei Jahren. Dabei<br />
setzen sie durch Investitionshilfen<br />
von umgerechnet rund 250 Euro pro<br />
Platz und laufende Zuschüsse verstärkt<br />
auf private Investoren. Bereits jetzt sind<br />
rund 420 Einrichtungen in China in <strong>privater</strong><br />
Trägerschaft.<br />
Völlig andere Dimensionen<br />
Nicht nur bei gigantischen Pflegepro-<br />
jekten wie der erwähnten Wohnanlage<br />
zeigen sich die chinesischen Dimensionen,<br />
auch die medizinische Versorgung<br />
findet an großen Zentren statt. An der<br />
ebenfalls auf der Reise besuchten Universität<br />
in Nanchang, der Hauptstadt<br />
der Provinz Jiangxi, werden derzeit<br />
etwa 90.000 Studierende von 10.000<br />
Lehrenden unterrichtet. Das Universitätskrankenhaus<br />
betreut auf seinen Stationen<br />
und in den Ambulanzen täglich<br />
rund 5.000 Patienten.<br />
„Schon an diesen Zahlen und natür-<br />
lich auch in der sehr unterschiedlichen<br />
politischen und sozialen Entwicklung<br />
lässt sich erkennen, dass man nicht den<br />
Fehler machen darf, die chinesischen<br />
Verhältnisse mit unseren deutschen<br />
Maßstäben zu messen“, zog der Landesvorsitzende<br />
Rindfleisch-Jantzon nach<br />
der Reise Bilanz. „In China bestehen<br />
große soziale Unterschiede zwischen<br />
den einzelnen Regionen, zwischen der<br />
Stadt- und der Landbevölkerung und<br />
auch die Schere im Einkommen klafft<br />
weit auseinander. Die alten Systeme<br />
<strong>sozialer</strong> Absicherung durch die Familie<br />
und die Dorfgemeinschaften auf dem<br />
Land oder die Betriebe in der Stadt haben<br />
sich angesichts der marktorientierten<br />
Wirtschaftsordnung und der veränderten<br />
Gesellschaftsstruktur überlebt.<br />
Wanderarbeiter strömen in die Städte,<br />
die Landbevölkerung vergreist, und<br />
durch die Ein-Kind-Politik kämpft China<br />
ähnlich wie wir mit einer schwierigen<br />
demographischen Entwicklung, die den<br />
Aufbau eines zukunftsfesten und marktwirtschaftlichen<br />
Systems von Gesundheit<br />
und Pflege unerlässlich macht.“<br />
In der englischsprachigen Staatszei-<br />
tung „Daily China“ war zu lesen, dass<br />
Deutschland und hier insbesondere<br />
Hessen für China die wichtigste Adresse<br />
für wirtschaftliche und andere Beziehungen<br />
in Europa darstellt.<br />
Rindfleisch-Jantzon glaubt aber den-<br />
noch nicht daran, dass Hoffnungen auf<br />
viele Fachkräfte aus China für den deutschen<br />
Pflegemarkt erfüllt werden könnten:<br />
„Ich sehe in anderen asiatischen<br />
Staaten, beispielsweise auf den Philippinen,<br />
viel mehr Potential, weil es dort<br />
durch die hohe Arbeitslosenquote viele<br />
Pflegefachkräfte gibt, die gerne und sofort<br />
bei uns arbeiten wollen, und deren<br />
Regierung dies ausdrücklich unterstützt<br />
und vorantreibt, weil dem Land dadurch<br />
insgesamt sehr geholfen wäre.“<br />
Dennoch müsse der Austausch mit<br />
China auch im sozialen Sektor weiter<br />
vorangetrieben werden: „Diese Reise<br />
hat viel dazu beigetragen, die guten Beziehungen<br />
beider Länder zu vertiefen.<br />
Sollte uns im Gegenbesuch eine Delegation<br />
aus China besuchen, würden<br />
sie unsere <strong>bpa</strong>-Einrichtungen gerne als<br />
Gäste zum fachlichen Austausch begrüßen“,<br />
so Rindfleisch-Jantzon. mbw<br />
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Aktuelles aus den Ländern