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Rundbrief 9 - bvkm.

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Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine neue<br />

Technik in der Reproduktionsmedizin, die es ermöglicht,<br />

im Labor Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium<br />

zu untersuchen. Dazu werden im<br />

Rahmen einer Reagenzglasbefruchtung (In-Vitro-<br />

Fertilisation) 1-2 Zellen vom Embryo abgetrennt<br />

und auf genetische Abweichungen überprüft.<br />

Anschließend werden nur diejenigen Embryonen in<br />

die Gebärmutter der Frau überführt, welche die<br />

gesuchte Eigenschaft nicht zeigen. Bei der PID<br />

handelt es sich um eine - zumindest in Deutschland<br />

- ethisch und juristisch umstrittene Methode.<br />

Anwendungsbereiche<br />

Der Einsatz der PID wird heute in erster Linie für<br />

solche Paare empfohlen, die ein hohes Risiko<br />

tragen, ein Kind mit einer schweren erblichen<br />

Erkrankung aufgrund einer Chromosomenstörung<br />

oder der Veränderung eines einzelnen Gens zu<br />

bekommen. Da Frauen auf diese Weise ein<br />

Schwangerschaftsabbruch nach einer Pränataldiagnostik<br />

erspart werden könne - so wird von<br />

den Befürwortern argumentiert - sei dieses Verfahren<br />

weniger belastend.<br />

In Deutschland, wo die PID nach dem Embryonenschutzgesetz<br />

nicht erlaubt ist, wird unter anderem<br />

von der Bundesärztekammer empfohlen,<br />

dieses Verfahren für Paare mit hohen genetischen<br />

Risiken einzusetzen. Die Technik ermöglicht<br />

jedoch auch – das zeigt bereits die internationale<br />

Praxis – eine Erweiterung des Nutzerkreises<br />

über die genannten ”Hochrisikopaare” hinaus.<br />

Durch Auswahl der besten Embryonen hofft man<br />

beispielsweise die Erfolgsraten der In-vitro-<br />

Fertilisation (IVF) für 'ältere' Frauen zu erhöhen.<br />

Außerdem könnten durch PID auch das Geschlecht<br />

des Kindes und zukünftig genetisch mitbestimmte<br />

Anfälligkeiten für Zivilisationskrankheiten<br />

wie beispielsweise Krebs oder Herz-<br />

Kreislauferkrankungen Kriterien eines Auswahlprozesses<br />

werden.<br />

Probleme der PID ...<br />

... im Zusammenhang mit der In-vitro-<br />

Fertilisation:<br />

Die PID kann nur in Verbindung mit einer Reagenzglasbefruchtung<br />

durchgeführt werden. Die<br />

IVF ist mit erheblichen Nachteilen für die Frau<br />

verbunden:<br />

Die Erfolgsraten der IVF sind nach wie vor ausgesprochen<br />

gering: Im Durchschnitt enden (weltweit)<br />

lediglich unter 20% der Behandlungen mit<br />

der Geburt eines Kindes. Zu den psychischen<br />

Belastungen für die Frau kommen körperliche<br />

Risiken durch operative Eingriffe zur Eizellentnahme,<br />

die Gefahr des - in einigen schweren<br />

Fällen lebensbedrohlichen - Überstimulationssyndroms<br />

durch die hormonelle Stimulation für die<br />

Eizellreifung sowie die bisher nicht geklärten<br />

Spätfolgen der Hormonbehandlung. Kommt es zu<br />

einer Schwangerschaft, besteht ein erhebliches<br />

Risiko für einen Abort (ca. 25%) bzw. für eine<br />

Mehrlingsschwangerschaft (ca. 27%), da meist<br />

mehrere Embryonen - in Deutschland max. 3 - in<br />

die Gebärmutter der Frau transferiert werden.<br />

Das kann für die Schwangere eine Zunahme von<br />

Komplikationen wie Bluthochdruck oder Blutungen<br />

mit sich bringen. Bei einer Mehrlingsschwangerschaft<br />

steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das<br />

Kind zu früh, mit einem zu niedrigen Geburtsgewicht<br />

und per Kaiserschnitt zur Welt kommt. Und<br />

auch nach der Geburt von Zwillingen, Drillingen<br />

oder Vierlingen sind die Familien vor besondere<br />

Anforderungen gestellt, das gilt neben den außerordentlichen<br />

Betreuungsaufgaben der Eltern<br />

auch für die Entwicklung der Kinder.<br />

.. im Zusammenhang mit der Diagnostik<br />

selbst:<br />

Die sogenannte Einzelzell-Gendiagnostik, die bei<br />

einer PID durchgeführt wird, ist relativ unzuverlässig.<br />

Fehldiagnosen sind bereits dokumentiert.<br />

Deshalb wird zur diagnostischen Absicherung<br />

eine zusätzliche Fruchtwasseruntersuchung<br />

empfohlen. Das bedeutet, dass PID nicht in jedem<br />

Fall einen Schwangerschaftsabbruch ausschließen<br />

kann.<br />

Bislang ungeklärt ist, ob es in Folge der Diagnostik<br />

zu Schädigungen des Embryos und - falls<br />

dieser einen solchen Fall überlebt - des zukünftigen<br />

Kindes kommen kann.<br />

... im Zusammenhang mit gesellschaftlichen<br />

Folgen:<br />

Mit der Anwendung von PID entstehen neben den<br />

genannten Risiken für die Frau und evtl. für die<br />

Kinder ethische, gesellschaftliche und soziale<br />

Probleme von bisher nicht gekannter Reichweite.<br />

PID ermöglicht erstmals, zwischen mehreren<br />

Embryonen zu unterscheiden und die/den ‚passenden‘<br />

auszusuchen. Anders als bei der Pränataldiagnostik,<br />

wo eine negative Auswahl stattfinden<br />

kann, eröffnet die PID eine ganz neue Möglichkeit,<br />

die positive Auswahl von Embryonen.<br />

In einer Art Qualitätstest kann darüber entschieden<br />

werden, welche Embryonen als 'lebenswert'<br />

erhalten werden und welche nicht. Führt man<br />

sich darüber hinaus die Verinnerlichung sozialer<br />

Normen und deren Umsetzung im Rahmen individueller<br />

Entscheidungen vor Augen, kann man<br />

zugespitzt feststellen, dass sich mit der Anwen-<br />

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