Rundbrief 9 - bvkm.
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Ansicht, dass eine fehlerhafte humangenetische<br />
Diagnostik und Beratung nach den Regeln der<br />
Kunst erfolgen muss, wenn sie denn in unserem<br />
Rechts- und Medizinsystem als rechtmäßig angesehen<br />
wird.<br />
Bei der von großen Teilen der Behindertenverbände<br />
und Selbsthilfeorganisationen durchgeführten<br />
Tagung “Die Würde des Menschen ist<br />
unantastbar - Gegen den Zugriff der Bioethik auf<br />
das Leben” im März 1998 in Kassel wurde das<br />
Thema Schutz des Lebens am Lebensbeginn<br />
maßgeblich von Vertreterinnen des Netzwerks<br />
mitgestaltet. Wesentliche Forderungen des Netzwerks<br />
gingen in die sogenannte “Kasseler Erklärung”<br />
ein. Dort heißt es, “vorgeburtliche Untersuchungen,<br />
die nach Fehlbildungen oder genetischen<br />
Abweichungen beim Ungeborenen suchen,<br />
gehören nicht in die obligatorische Schwangerenvorsorge.<br />
Vor der Inanspruchnahme dieser Untersuchungen<br />
ist eine umfassende ärztliche Aufklärungspflicht<br />
und eine Zustimmungspflicht der<br />
Frau nach einer Bedenkzeit zwingend geboten.<br />
Ratsuchenden Frauen und Paaren muss ein niedrigschwelliges<br />
psycho-soziales Beratungsangebot<br />
zugänglich sein, das vom Medizinbetrieb unabhängig<br />
ist. Werdende Eltern und behinderte Kinder<br />
müssen die Gewissheit haben, dass sie und<br />
ihr Kind die umfassenden nichtaussondernden<br />
Hilfen erhalten, die für ein selbstbestimmtes Leben<br />
in unserer Gesellschaft erforderlich sind.<br />
Durch die seit September 1999 eingerichtete<br />
“Arbeitsstelle Pränataldiagnostik/Reproduktionsmedizin”<br />
werden weitere Anstrengungen<br />
unternommen, behinderte Menschen und Eltern<br />
behinderter Kinder sowie ihre Selbsthilfeorganisationen<br />
und Verbände in die Arbeit des Netzwerks<br />
einzubeziehen. So soll sich der nächste<br />
<strong>Rundbrief</strong> mit dieser Thematik auseinandersetzen.<br />
Im Juni 2000 findet in Bonn eine Tagung mit<br />
den Betroffenen- und Angehörigenorganisationen<br />
statt.<br />
Norbert Müller-Fehling<br />
Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte<br />
e.V.<br />
Bericht auf der Netzwerktagung 2000 in Magdeburg<br />
- 39 -<br />
Elke Mayer<br />
Mitglied im Netzwerk gegen Selektion<br />
durch Pränataldiagnostik<br />
Der Vorstand der Deutschen UTS-Vereinigung hat<br />
im Sommer 1999 beschlossen, Mitglied im Netzwerk<br />
gegen Selektion durch Pränataldiagnostik<br />
zu werden. (Bei UTS, = Ullrich-Turner-Syndrom,<br />
handelt es sich um eine Chromosomenabweichung,<br />
die nur Frauen betrifft. Den betroffenen<br />
Frauen fehlt ein X-Chromosom. Deswegen sind<br />
sie etwas kleiner als andere Frauen, und sie können<br />
auch keine Kinder bekommen.)<br />
Sehr betroffen reagierte der Vorstand auf einen<br />
Artikel im Spiegel 27/1999, in dem unter der<br />
Schlagzeile “Ein scheußliches Problem” über die<br />
Spätabtreibung eines vermutlich kleinwüchsigen<br />
Kindes berichtet wurde. Das Baby hatte seine<br />
eigene Abtreibung überlebt und der Arzt “half<br />
nach”, indem er ihm die Hand vor Mund und Nase<br />
hielt. Das Baby starb, jetzt muss dieser Arzt<br />
sich vor Gericht dafür verantworten.<br />
“Es schockiert mich, wenn ich daran denke, dass<br />
ich heute vielleicht nicht leben würde, hätte es<br />
damals schon diese Möglichkeit gegeben!” “Es<br />
hat mich sehr verletzt, von meiner Mutter zu<br />
hören, dass sie mich abtreiben hätte lassen,<br />
wenn sie das mit dem UTS rechtzeitig gewusst<br />
hätte!” Das sind Kommentare, die ich noch deutlich<br />
im Ohr habe, als wir über eine Reaktion auf<br />
diesen Artikel diskutierten. Alle waren wir uns<br />
einig, dass wir uns in diesem Bereich engagieren<br />
sollten. Diese Möglichkeit bot sich durch den Beitritt<br />
zum Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik.<br />
In der weiteren Auseinandersetzung mit der<br />
Thematik ist mir bewusst geworden, dass wir<br />
dabei für uns als UTS-Vereinigung einige Möglichkeiten<br />
der Weiterentwicklung haben.<br />
Wir reden viel über die WH-Therapie, psychosoziale<br />
Folgen des UTS, das Bild von Mädchen u.<br />
Frauen mit UTS in der Öffentlichkeit und darüber,<br />
wie man den Betroffenen und deren Familien<br />
weiterhelfen kann. Der Austausch darüber ist<br />
wirklich gut und wichtig. Ich habe mich dann gefragt,<br />
ob es nicht etwas gibt, das wir der Öffentlichkeit<br />
aus unserer Erfahrung heraus zu sagen<br />
hätten, das über unsere spezifischen Schwierig-<br />
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