03.10.2013 Aufrufe

Rundbrief 9 - bvkm.

Rundbrief 9 - bvkm.

Rundbrief 9 - bvkm.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

dung getroffen hätte. Deshalb war es für mich<br />

noch nicht definitiv... und wie gesagt, dieser innere<br />

Glaube eben: Es ist nichts.<br />

Auch wenn beide Elternteile die Entscheidung für<br />

eine vorgeburtliche Untersuchung gemeinsam<br />

trafen, wurde der Gedanke an einen möglichen<br />

Abbruch von der Frau und dem Mann nicht immer<br />

gleich erlebt und bewertet. Bei einem Paar, das<br />

sich gemeinsam für eine Fruchtwasseruntersuchung<br />

entschieden hatte, wurde ein möglicher<br />

Schwangerschaftsabbruch nicht explizit thematisiert.<br />

Für die Frau wäre jedoch ein Schwangerschaftsabbruch<br />

nicht unbedingt die zwangsläufige<br />

Folge gewesen wie möglicherweise für ihren<br />

Mann.<br />

Frau A:(...) Über das weitere, danach haben wir<br />

eigentlich nie so hundertprozentig ...also, sagen<br />

wir mal so, daß er für eine Abtreibung gewesen<br />

wäre, falls eine Behinderung festgestellt worden<br />

wäre, also ich glaube, für ihn war das einfach<br />

logischer: Wir lassen das machen, und falls etwas<br />

festgestellt wird, dann entscheiden wir uns gegen<br />

das Kind. Für mich war es nicht ganz so ...so logisch...aber<br />

wie gesagt. (...) Ok....ich habe das<br />

Thema auch gar nicht groß zur Diskussion, daß<br />

wir uns darüber unterhalten, daß ich ihn wirklich<br />

direkt danach gefragt hätte, ich mein, so beiläufig<br />

hört man es schon raus, aber wir haben uns<br />

nie konkret darüber unterhalten.<br />

In bezug auf einen möglichen Schwangerschaftsabbruch<br />

ließen sich also unterschiedliche Tendenzen<br />

und Meinungen feststellen: Zum einen wurde<br />

ein Abbruch bei einem auffälligen Ergebnis bereits<br />

vorher antizipiert, die Entscheidung stand<br />

fest. Eine andere Tendenz war in den Aussagen<br />

zu finden, bei denen die Untersuchung durchgeführt<br />

wurde und die Entscheidung für einen<br />

Schwangerschaftsabbruch vom Ergebnis abhängig<br />

gemacht worden wäre, d.h. vom Schweregrad<br />

einer möglichen Schädigung. Und drittens<br />

fand sich eine Aussage, bei der die Schwangerschaft<br />

auf alle Fälle fortgesetzt worden wäre,<br />

unabhängig davon, wie der Befund ausgefallen<br />

wäre. Diese Vielfalt der Aussagen und Entscheidungen<br />

in einer kleinen Gruppe von Befragten<br />

macht deutlich, daß kaum generelle Tendenzen<br />

zu finden sind. Die Ambivalenz und Spannbreite<br />

möglicher Entscheidungen in diesem Bereich wird<br />

ersichtlich. Deutlich werden auch die Konfliktsituationen,<br />

in denen sich besonders die Frauen<br />

befinden, unabhängig davon, ob sie sich für oder<br />

gegen einen Abbruch entscheiden.<br />

Ängste im Zusammenhang mit der Durchführung<br />

einer pränatalen Diagnostik bestanden bei den<br />

- 34 -<br />

Frauen kaum. Aber auch wenn die vorgeburtliche<br />

Untersuchung zur Folge hatte, daß die Familien<br />

beruhigt waren über das sog. ”definierte Risiko”,<br />

bestanden weiterhin immer noch Ängste besonders<br />

über den Geburtsverlauf, da dieser nicht<br />

planbar erschien.<br />

Frau H: Nein, eigentlich nicht. Eher mehr davor,<br />

daß während der Geburt was sein könnte. So in<br />

der Schwangerschaft sind wir davon ausgegangen,<br />

daß ...also bin ich jetzt und mein Mann<br />

auch, daß da alles ok ist, weil wir haben gedacht,<br />

das ist sicher abgedeckt. Und ...ne...eigentlich<br />

mehr vor der Geburt, daß da irgendwas passieren<br />

kann....<br />

Die Wartezeit zwischen der Untersuchung und<br />

der Mitteilung der Diagnose wurde als äußerst<br />

unangenehm empfunden, da zum einen das ungewisse<br />

Untersuchungsergebnis die Frauen sehr<br />

belastete, zum anderen kamen bei einer Frau<br />

Zweifel an der Untersuchung an sich auf.<br />

Frau P: Körperlich ging es mir gut, nur psychisch,<br />

.... weil ich gedacht habe, warum habe ich das<br />

machen lassen?<br />

Alle Frauen hatten den Wunsch, möglichst erst<br />

nach dem Ergebnis Kindsbewegungen zu spüren.<br />

Das ist jedoch besonders bei der Amniozentese<br />

nicht immer möglich. Es scheint, daß ein richtiges<br />

”Einlassen” auf die Schwangerschaft erst nach<br />

der Befundmitteilung erfolgt (vgl. auch Katz<br />

Rothman 1989, 91ff.; Schindele 1995, 276ff.).<br />

2.3.5 Beziehung zum behinderten Kind<br />

Mit der Entscheidung für eine pränatale Diagnostik<br />

schien für die hier befragten Eltern keine<br />

Wertung gegen das bereits lebende behinderte<br />

Kind getroffen zu sein, d.h. das bereits geborene<br />

Kind wurde aufgrund seiner Behinderung nicht in<br />

Frage gestellt, und auch die Beziehung zu diesem<br />

Kind änderte sich durch die Untersuchung nicht.<br />

Die befragten Mütter äußerten dazu, daß das<br />

bereits geborene behinderte Kind in seiner Besonderheit<br />

akzeptiert und geliebt werde, zum<br />

Ungeborenen bestand nach Meinung der Frauen<br />

jedoch noch keine tiefe persönliche Beziehung.<br />

Deshalb würde durch die Entscheidung für eine<br />

vorgeburtliche Untersuchung auch nicht das<br />

”Lebensrecht” von bereits geborenen Menschen<br />

mit einer Behinderung in Frage gestellt, wie ein<br />

Vorwurf von Vertretern aus der Behindertenbewegung<br />

häufig lautet (vgl. Waldschmidt 1995).<br />

Frau P: Ich kann das so nicht sagen. Ich hab mir<br />

schon auch Gedanken gemacht, so theoretisch<br />

hätte ich dich ja dann auch abtreiben lassen können,<br />

so. Aber dieses andere Kind kenne ich ja<br />

34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!