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03/2013 "Älter werden mit Humor" - Bagso

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Popmusik für Erwachsene:<br />

Ist Demenz hitverdächtig?<br />

Dass sich Popsongs <strong>mit</strong> Demenz sowie Sterben und Tod auseinandersetzen,<br />

ist die absolute Ausnahme. Der deutsche Popsänger und Songschreiber<br />

Purple Schulz hat das Experiment gewagt und <strong>mit</strong> „So und nicht<br />

anders“ ein Album herausgebracht, das sich u. a. diesen Themen widmet.<br />

Wieso beschäftigen Sie sich in<br />

Ihrem aktuellen Album <strong>mit</strong><br />

Demenz, Sterben und Tod?<br />

Das sind doch die Themen, die<br />

mich und meine Generation betreffen<br />

und etwas <strong>mit</strong> unserem Leben<br />

zu tun haben. Mein Publikum<br />

ist <strong>mit</strong>gewachsen und die Leute<br />

haben andere Sorgen als früher.<br />

Und wenn man erwachsen ist und<br />

immer noch gern Pop-Musik hört,<br />

möchte man auch da seine Inhalte<br />

vertreten wissen. Für mich als<br />

Songschreiber ist das eine wichtige<br />

Sache, denn ich habe eigentlich<br />

immer über die Dinge geschrieben,<br />

die in meinem Leben aktuell<br />

waren.<br />

Auszug<br />

Songtext „Fragezeichen“:<br />

„Heute ist Montag oder ist noch<br />

Donnerstag oder schon Ostern?<br />

Was ist heute nur los? Ich schau<br />

hinab und seh zwei Füße vor mir<br />

stehen und zwei Schuhe, aber die<br />

sind viel zu groß. Die Schnürsenkel<br />

baumeln vor sich hin – ich hatte<br />

doch noch irgendetwas vor. Doch<br />

irgendwie kommt alles aus dem<br />

Sinn. Es macht mich leise wütend –,<br />

denn ich weiß nicht, wo ich bin. Das<br />

sind nur Fragezeichen, ein Schiff,<br />

ein Sturm, ein blinder Passagier und<br />

Angst, dass ich mich hier verlier…“<br />

BAGSO-Nachrichten n <strong>03</strong>/<strong>2013</strong><br />

Aber es sind ja zunächst traurige<br />

Themen. Gehen die Leute nach<br />

Ihren Konzerten nicht reihenweise<br />

deprimiert nach Hause?<br />

Eben nicht. Es kommt immer<br />

darauf an, wie man die Dinge<br />

transportiert. Während unserer<br />

Konzerte gibt es verschiedene<br />

Stimmungslagen: von sehr traurig<br />

bis zu völliger Ausgelassenheit und<br />

viel Lachen. Das gehört alles zum<br />

Leben. Die Leute gehen auf jeden<br />

Fall anders nach Hause, als sie ins<br />

Konzert gekommen sind. Solange<br />

man Themen wie z. B. Demenz in<br />

einem Tabubereich belässt, machen<br />

sie natürlich auch Angst und<br />

man denkt, wie furchtbar deprimierend<br />

das alles ist. Ist es aber<br />

gar nicht, denn es gibt auch da<br />

Momente, in denen man herzhaft<br />

lachen kann.<br />

Zusätzlich zu dem Lied<br />

„Fragezeichen“ haben Sie ein sehr<br />

eindrucksvolles Video gedreht,<br />

in dem Sie selbst den Demenzkranken<br />

spielen. Wie reagieren<br />

pflegende Angehörige und<br />

professionell Pflegende darauf?<br />

Da gibt es eine unglaubliche Resonanz.<br />

Begonnen hat ja alles bei<br />

einem Auftritt auf dem Kongress<br />

der Deutschen Alzheimer Gesellschaft<br />

im letzten Jahr, als ich den<br />

Engagement<br />

Song zum ersten Mal spielte. Danach<br />

herrschte einen Moment lang<br />

Totenstille und dann kam ein unfassbarer<br />

Applaus. Da habe ich gewusst,<br />

das ist der richtige Weg. Das<br />

hat uns inspiriert und angespornt,<br />

das Video zu drehen. Und auch<br />

hier kam es mir natürlich vor allem<br />

auf die Reaktion derer an, die<br />

dauernd <strong>mit</strong> der Problematik zu<br />

tun haben. Würden sie das zu kitschig<br />

oder nicht richtig umgesetzt<br />

finden? Aber genau das Gegenteil<br />

war der Fall: Die Deutsche Alzheimer<br />

Gesellschaft und der Vdk<br />

sowie viele Heime und Altenpflegeschulen<br />

haben es auf ihre Homepage<br />

eingestellt. Das Schönste, das<br />

mir übrigens jemand geschrieben<br />

hat, war, dass er eigentlich überlegt<br />

habe, den Pflege-Job an den<br />

Nagel zu hängen, sich dann aber<br />

nach dem Video anders besonnen<br />

habe. Das fand ich sehr berührend.<br />

Das ist zehnmal schöner als<br />

eine Chartplatzierung oder bei einer<br />

Echo-Verleihung dabei zu sein.<br />

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