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74 Präbiotika steigern die Anzahl der Bifidobakterien im Darm - man spricht vom sogenannten „bifidogenen Effekt“. Personen mit Verstopfung können durch den Konsum von präbiotischen Milchprodukten profitieren: Stuhlkonsistenz und die Häufigkeit des Stuhlgangs normalisieren sich. Präbiotika verbessern auch die Resorption von Kalzium und Magnesium aus dem Darm und können somit einen sinnvollen Beitrag zur Osteoporosevorbeugung leisten. Speziell für ältere Menschen mit erhöhtem Osteoporoserisiko kann der Konsum von präbiotischen oder synbiotischen Milchprodukten sinnvoll sein. Allerdings können beim Konsum größerer Mengen präbiotischer Ballaststoffe unangenehme Nebenwirkungen, wie Blähungen oder Durchfall auftreten. Welche Menge im Einzelfall gut vertragen wird, muss ausprobiert werden. Herr und Frau Langenlebern könnten regelmäßig Joghurterzeugnisse mit Präund Probiotika genießen, um ihre Knochen zusätzlich zu stärken. Herr Langenlebern hat immer wieder Probleme mit seiner Verdauung - er wird häufig von Verstopfung gequält. Präbiotika könnten einen sinnvollen Beitrag zur Normalisierung der Darmtätigkeit leisten. Milchprodukte und insbesondere Sauermilchprodukte haben einen wichtigen Stellenwert in einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung. Ganz generell kann man aus wissenschaftlicher Sicht nicht behaupten, dass pro- und präbiotische Milchprodukte immer empfehlenswerter wären als normale Sauermilchprodukte. Auch normale Joghurts haben bei regelmäßigem Konsum einen positiven Einfluss auf Darmflora und Immunsystem. Zudem hängt eine Wirkung auch stark vom konkreten probiotischen Bakterienstamm ab, der verwendet wurde. Ist die Darmflora durch eine Infektion oder antibiotische Therapie gestört, macht der gezielte Einsatz von Probiotika in den meisten Fällen durchaus Sinn. Weitere <strong>funktionelle</strong> Milchprodukte: Vitamine, Pflanzensterine und Pflanzenauszüge Neben dem umfangreichen Sortiment an Pro- und Präbiotika findet man im Milchregal auch Milchprodukte, die mit Vitaminen, Mineralstoffen und anderen Substanzen angereichert sind. Hier einige Beispiele: Trinkmilch mit Kalzium oder mit Kalzium, Vitamin D und Inulin Joghurts, Trinkjoghurts, Buttermilchgetränke und Milchmischgetränke mit Vitaminanreicherungen Milch und Joghurtdrinks mit Pflanzensterinen (siehe auch Seite 52) Joghurt-Buttermilchdrinks mit Lecithin Auch Wellnessprodukte (z.B. mit Auszügen aus der Aloe-Vera-Pflanze) haben Einzug ins Milchregal gehalten. Für das Ehepaar Langenlebern wären Milchprodukte, die mit Kalzium und Vitamin D angereichert sind, eine sinnvolle und attraktive Alternative zu den Supplementen, die sie derzeit täglich einnehmen. So könnte der zusätzliche Bedarf mit Lebensmitteln abgedeckt werden. Funktionelles vom Korn: Brot und Müsli mit Zusätzen Brot und Gebäck mit Omega-3-Fettsäuren In anderen Ländern ist Brot mit Omega-3-Fettsäuren schon seit längerer Zeit auf dem Markt, etwa in skandinavischen Ländern oder in Deutschland. In Österreich scheint der Markt hierfür nicht offen zu sein. Zur Anreicherung werden entweder Leinsamen als Quelle von Alpha-Linolensäure oder Fischölpräparate mit EPA und DHA (siehe auch Kapitel „Omega-3-Fettsäuren“ auf Seite 54) verwendet. Wenn das Fischöl mikroverkapselt ist, besteht kaum die Gefahr von geschmacklichen Einbußen. In Deutschland ist Omega-3-Brot erhältlich, das mit Omega-3- Fettsäuren sowie Leinsamen, Olivenöl und Kleie angereichert ist. Zwar kann - je nach Anreicherung - mit einigen Scheiben Brot pro Tag der Bedarf an Omega-3-Fettsäuren gedeckt werden, allerdings muss Wer braucht sie? Funktionelle Lebensmittel 75
76 man wissen, dass dadurch natürlich der Fettgehalt höher ist, als in üblichen Broten. Für Menschen, die ihr Gewicht reduzieren möchten, ist dieses Brot daher weniger geeignet, zumal Brot und Gebäck üblicherweise als fettarmes Lebensmittel in Reduktionsdiäten eingebaut wird. Brot und Gebäck mit Vitaminen und Mineralstoffen Manche Brote bzw. Fertigmehlmischungen sind mit unterschiedlichen Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Hier stellen sich dieselben Fragen, wie bei anderen derartig angereicherten Produkten: Ist die Kombination der angereicherten Mikronährstoffe sinnvoll und wurde mit relevanten Mengen der einzelnen Nährstoffe angereichert? Wer Vollkornprodukte statt Weißbrot wählt, hat von Natur aus ein sehr vitamin- und mineralstoffreiches Brot am Teller. Viele haben jedoch bei Vollkornbrot und -gebäck das Vorurteil, dass es sich dabei um „Körndlbrot“, also sehr grobes Brot handeln muss. Doch das ist falsch. Mehl aus dem vollen Korn kann ebenso fein vermahlen werden wie Weißmehl. Das Angebot an Vollkornprodukten, die alles andere als „Körndlware“ sind, wächst stetig und damit steigt auch die Akzeptanz. Im Gegensatz dazu ist Brot, in dem ganze Körner sichtbar sind, nicht zwangsweise aus Vollkornmehl hergestellt. Es zahlt sich daher aus, genau nachzufragen oder das Etikett zu lesen. In Vollkornprodukten sind Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe im natürlichen Mischungs- und Mengenverhältnis enthalten, sodass sich ihre Wirkungen optimal ergänzen. Was in letzter Zeit in Fachkreisen immer wieder diskutiert wird, ist die generelle Anreicherung von Mehl mit Folsäure (ähnlich jodiertem Speisesalz). Da die Folsäureversorgung in allen Bevölkerungsgruppen zu Wünschen übrig lässt, könnte es durchaus Sinn machen, ein Grundnahrungsmittel wie Mehl - und damit in weiterer Folge Brot und Gebäck - damit anzureichern. In anderen Ländern wird dies bereits praktiziert, so in den USA seit 1998. Begrüßenswert und auch einfach durchzuführen wäre die generelle Verwendung von jodiertem Speisesalz bei der Brotherstellung. Bei dem in Österreich üblichen Brotkonsum würde dies die Jodversorgung ohne viel Aufwand verbessern. Um das Eisen aus Getreideprodukten besser auszunutzen, macht es Sinn, Vitamin-C-reiche Lebensmittel oder Getränke dazu zu kombinieren, darauf achten Gabi Grünbauer und Karin Kindmann ganz besonders. Brot und Gebäck mit „Wellness“-Zusätzen Viele Brotsorten werben mit dem Zusatz von Planzenextrakten, exotischen Gewürzen oder Heilkräutern, die das Wohlbefinden steigern sollen. Typische Beispiele sind Apfelessig, Aloe vera- oder Grünteeextrakt. Wissenschaftlich untersucht sind die wenigsten dieser Substanzen und noch viel weniger das Brot, das mit derartigen Zusätzen angereichert ist. Die Wirkung reduziert sich in den allermeisten Fällen auf einen geschmacklichen Zusatznutzen. Müsli und Müsliriegel mit präbiotischen Zusätzen Zusätze von präbiotischen Ballaststoffen, wie etwa Inulin, findet man in der Gruppe der Getreideprokte vor allem in Müslimischungen und Müsliriegel. Präbiotische Ballaststoffe gelangen unverdaut in untere Darmabschnitte und dienen dort als „Futter“ für die „guten“ Bifidobakterien (siehe auch Kapitel „Ballaststoffe“ auf Seite 46). Präbiotika tragen somit bei, die Darmflora zu verbessern, aber nur, wenn sie regelmäßig gegessen werden. Allerdings ist auf vielen Produkten der konkrete Gehalt an präbiotischen Ballaststoffen nicht genau deklariert. Dies wäre jedoch deshalb wichtig, weil bei empfindlichen Personen oft schon zwei, drei Müsliriegel pro Tag ausreichen können, um Beschwerden wie Blähungen oder Durchfall auszulösen. Cerealien (Frühstücksflocken) mit Vitaminen und Mineralstoffen Nach Instantgetränken (wie z. B. Kakaopulver) und Getränken machen Cerealien den größten Anteil unter den angereicherten Lebensmitteln in Österreich aus. Meist wird nicht nur mit einem einzigen Mikronährstoff, sondern einer ganzen Mischung an Mikronährstoffen angereichert. In vielen Fällen - wie bereits an anderer Stelle erwähnt - eher wahllos nach dem „Gießkannenprinzip“. Eine Systematik in der Anreicherung ist kaum erkennbar. Auf diese Weise wird jedoch in vielen Fällen sehr zuckerreichen Frühstückscerealien der Nimbus des „besonders Gesunden“ verliehen. Wer braucht sie? Funktionelle Lebensmittel 77
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