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PDF herunterladen - Christoph Rauscher

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folgenden Teil noch genauer eingehen. Zur Übertragung der Eigenschaften kristallisiert sich<br />

allerdings ein gemeinsamer Konsens heraus, den Juliane schön beschreibt: „Ich schließe<br />

zumindest bestimmte Teile meiner Identität (online) aus. Beispielsweise den Teil von mir, der<br />

mich zeigt wie ich zu Hause vor meiner Familie oder meinen Großeltern bin. Manchmal<br />

kommentiert meine Oma auf Facebook meine Updates, das ist mir unglaublich peinlich. Dieses<br />

Ausschließen mache ich auch absichtlich, denn ich würde ja auch nicht jedem meine Oma<br />

vorstellen.“<br />

So gehen die meisten vor – bewusst und unbewusst –, was die Projektion ihres Selbstbilds<br />

betrifft: Bestimmte Identitätsmerkmale bleiben dem digitalen Raum generell verschlossen;<br />

andere werden nur mit einer kleinen Gruppe oder einem bestimmten Netzwerk geteilt;<br />

manches wird allen öffentlich gemacht. Die Gründe dieser Auswahl sind verschieden: Manchen<br />

ist die Privatsphäre im Netz so wichtig, dass sie sich scheuen, zu viele Informationen oder gar<br />

Charaktereigenschaften verfügbar zu machen – anderen scheint das mittlerweile so stark<br />

gewachsene Datennetz so unübersichtlich, dass sie relativ unbesorgt sind, was ihre Daten und<br />

damit ihr Erscheinen im digitalen Raum betrifft.<br />

Die digitale Quintessenz<br />

Auch das generelle Bewusstsein der Netz-Identität abseits der direkten Übertragung ist<br />

verschieden ausgeprägt: Ein Teil der Befragten empfindet ihr Identitätsbild im Netz wesentlich<br />

verstreuter als offline. Paul sagt: „Ich (bin) im digitalen Raum verstreuter, zumindest im Sinne<br />

der digitalen Profile. Im realen Leben konzentriere ich mich mehr auf meine eigene Person.“<br />

Auch Jan-<strong>Christoph</strong>er empfindet es so: „(Im Internet) können nie alle Seiten von mir<br />

herauskommen. Offline, im hier und jetzt, kann ich ja nur Ich sein. Im Internet kann man eine<br />

bestimmte Sache zurückhalten.“<br />

Die Mehrheit aber, vier von sechs Befragten, empfinden sich und ihre Identität im<br />

digitalen Umfeld konzentrierter. Juliane führt ihre digitale Kanalisierung auf das Organisieren<br />

der sozialen Kontakte zurück: „Vorher war meine Persönlichkeit im Internet viel zerstreuter,<br />

und nachdem ich bei Facebook meine Kontakte in ordentliche Listen sortiert habe und in<br />

meinem Blog mein Leben sammle, ist das Internet eine Art Sammelpunkt für meine<br />

verschiedenen Lebensbereiche.“ Juliane geht es dabei weniger um den Schutz ihrer<br />

Privatsphäre, als viel mehr um das eigene Bewusstsein dafür, wer mit ihr über digitale<br />

Knotenpunkte verbunden ist und wie weit ihr Netzwerk reicht. So kann sie durch ihre<br />

Selbstkenntnis leichter einschätzen, zu welchen sozialen Kreisen hin sich ihr Selbstbild<br />

kanalisiert. Auch Dominic und Miriam fühlen sich durch die digitalen Kanäle – wie etwa soziale<br />

Netzwerke, Blogs und Videospiele – in ihrer Selbstpräsentation direkter gesammelt. Ann-<br />

Kathrin, der die Anonymität im Internet sehr wichtig ist, illustriert ihre Position mit einem<br />

Beispiel: „Im Digitalen bin ich gebündelter, weil ich dort eine größere Kontrolle habe über das,<br />

was ich von mir veröffentliche. Wenn ich einen Raum betrete, kann ich niemanden davon<br />

abhalten, mir ins Gesicht zu gucken – auf Facebook kann ich das ganz einfach, indem ich kein<br />

Foto von mir hochlade.“ Nimmt man anhand dieser Illustration Bezug zur Interface-Theorie, ist<br />

interessant festzustellen, dass Ann-Kathrin die Maschine – in ihrem Fall Facebook – als<br />

Schnittstelle nutzt, um eine direktere Schnittstelle, nämlich das Erkennen und Identifizieren<br />

des Gesichtes durch Andere, zu unterbinden. Sie versteckt sich förmlich hinter dem von ihr<br />

undurchsichtig gemachten Interface. Bezogen auf die Theorie von David J. Bolter und Richard<br />

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