PDF herunterladen - Christoph Rauscher
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Wir sprechen also, mal mehr mal weniger bewusst, mit Maschinen, die das von uns<br />
geformte Selbstbild in sich aufnehmen und dadurch gegebenenfalls auch rückprojizierend auf<br />
unsere Identität einwirken. Die Online-Identität kann durch digitale Kanäle entweder gestreut<br />
oder extrem gebündelt werden – je nach dem, wie bewusst wir unsere Eigenschaften dafür<br />
filtern. Dieses Filtern will ich im Bezug auf die Kommunikation des Selbst gegenüber<br />
Maschinen (Oberflächen) und Mitmenschen im Folgenden Teil nochmals genauer analysieren.<br />
Kommunikation der Identität<br />
„Ich (bewege) mich nicht mehr nur in einem Raum mit mir selbst, sondern in einem<br />
Kommunikationszusammenhang.“ Dieses Gefühl beschreibt Ann-Kathrin, wenn sie ihr<br />
Handeln im digitalen Umfeld reflektiert. Bei der Identitätsgestaltung und -kommunikation im<br />
Web handelt es sich, wie bereits beschrieben, um zwei Dialoge: Der eine findet zwischen<br />
Mensch und Maschine statt, beinhaltet also alle Informationen, die wir den Netzwerk durch<br />
eine Oberfläche vermitteln. Der zweite Dialog wirkt umgekehrt in Form einer Maschine-<br />
Mensch-Kommunikation, in der die Oberflächen auf uns zurück wirken und uns im ersten<br />
Dialog-Part beeinflussen.<br />
Digitale Verfügbarkeit<br />
Diese beiden Dialoge sind grundlegend gekoppelt an den Grad der Verfügbarkeit, die wir<br />
von uns im digitalen Raum bereitstellen. Mein Interviewpartner Paul, der auf vielen sozialen<br />
Netzwerken aktiv ist, stellt fest: „Man könnte sich vermutlich ein gutes Bild von mir machen,<br />
wenn man einfach allen Accounts von mir folgt. Dann wüsste man wohl, was für ein Mensch<br />
ich bin.“ Durch die Streuung seiner Identität auf diverse Kanäle macht er sich zwar in großem<br />
Umfang verfügbar; sein digitales Ich kann aber nur erfasst werden, wenn alle Kanäle in<br />
gleichem Maße betrachtet werden. Als Schnittstelle kann hierfür die Funktion des „Folgens“ –<br />
Follow – aufgeführt werden, die mittlerweile in den meisten sozialen Netzwerken vorhanden<br />
ist. Auf Twitter und Facebook können öffentliche Updates „abonniert“, also verfolgt werden,<br />
die von Interesse sind. Auch auf Tumblr oder visuellen Netzen wie dem Fotoservice flickr oder<br />
instagram wurde die Freundschafts-Verbindung ersetzt durch einen Follow-Button, der nicht<br />
mehr voraussetzt, persönlich mit dem jeweiligen Person bekannt zu sein. Automatisch macht<br />
man sich dadurch einem breiteren Personenkreis verfügbar.<br />
Dieses Sich-verfügbar-machen beginnt aber schon bei der eigenen Beobachtung der<br />
Auffindbarkeit des Selbst im Netz. Die meisten meiner Interviewpartner googlen sich<br />
regelmäßig. Ann-Kathrin beispielsweise achtet sehr auf ihr Erscheinen in Suchmaschinen: „Ich<br />
habe Fotos von mir entfernen lassen, auf denen ich zu erkennen war, und wo zum Teil mein<br />
Klarname direkt damit verbunden war. (…) Generell möchte ich nicht visuell googlebar sein.“<br />
Diese Konsequenz, die Ann-Kathrin mit ihrem digitalen Selbstbild pflegt, ist im Vergleich zu<br />
meinen anderen Interviewpartnern sehr streng. Die meisten achten lediglich darauf, dass die<br />
Inhalte, die von Suchmaschinen gefunden werden, sie mindestens neutral und bestenfalls<br />
positiv darstellen. Paul bemerkt sogar, er fände es komisch, wenn Leute ganz streng mit ihrer<br />
digitalen Erscheinung seien. Partyfotos, auf denen er schlimm aussehe, würde er zwar<br />
entfernen lassen, aber so wenig zu sich selbst zu stehen fände er nicht nachvollziehbar.<br />
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