PDF herunterladen - Christoph Rauscher
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höchstwahrscheinlich sehr ungefährlich war und nicht aus alten Männern bestand, die mich<br />
entführen wollten. Diese Absurdität war witzig, und gleichzeitig faszinierend, weil es mir klar<br />
gemacht hat, dass das Internet Realität werden kann. In anderen Foren war ich ganz bewusst<br />
anonym, da wäre das nicht möglich gewesen.<br />
C Der letzte Bereich beschäftigt sich mit Sicherheit. Fühlst du dich sicher, wenn du durch<br />
den Rechner oder durch dein Telefon kommunizierst?<br />
J In aller Regel schon. Ein paar meiner Freunde werden vom Verfassungsschutz<br />
beobachtet, und deren Telefonate werden manchmal abgehört. Allerdings kann der<br />
Verfassungsschutz mit dem, was ich sage, vermutlich wenig anfangen. Ganz auszuschließen,<br />
dass der Verfassungsschutz mich irgendwann beobachten könnte, ist es aber auch nicht, denn<br />
die Gründe, aus denen meine Freunde beobachtet werden, sind auch reichlich absurd. Generell<br />
bin ich mir sicher, dass sich keiner die Mühe macht, sich in mein Kommunikationsnetzwerk zu<br />
hacken, weil ich ein langweiliges Leben führe. Aber auf einer Metaebene finde ich es nicht<br />
sicher.<br />
C Gibt es etwas, von dem du weißt, dass es irgendwo im Internet liegt, das aber niemand<br />
sehen sollte?<br />
J Ja, zum Beispiel das, was ich anonym in Foren bespreche.<br />
C Wie benutzt du Suchmaschinen?<br />
J Inzwischen nutze ich wieder Google. Zwischendurch habe ich verschiedene Öko-<br />
Suchmaschinen verwendet, aber die sind nicht so gut. Ich nutze Websuchen wirklich dauernd,<br />
ich denke sogar die meisten meiner Fragen in Suchmaschinen-Begriffen. Ich formuliere nicht<br />
mal mehr Fragen sondern nur noch Themenkomplexe.<br />
C Was hältst du von der Personalisierung von Facebook und Google?<br />
J Das regt mich extrem auf. Ich glaube, ich bin zu divers, um personalisiert zu werden. Es<br />
kann gut sein, dass es einigen Leuten, oder Google, oder Werbern was bringt, aber mir bringt<br />
das nichts. Ich kann die Filter auch oft nachvollziehen und bin trotzdem, oder gerade erst recht<br />
unzufrieden mit dem Ergebnis.<br />
C Was schätzt du an der Anonymität im Internet, und was gefällt dir nicht daran?<br />
J Ich schätze, dass ich mich dadurch außerhalb von gesellschaftlichen Normen bewegen<br />
kann, die sonst mein Handeln beeinflussen würden. Im Internet kann ich nackt über die Straße<br />
laufen, weil die Leute nicht wissen müssen, dass ich ich bin. Was ich allerdings nicht schätze,<br />
ist, dass anonyme Reaktionen meist sehr emotional sind, und deswegen auch sehr daneben<br />
sein können. Das kann sehr gefährlich sein, glaube ich.<br />
C Fällt dir auf, dass Computer immer menschlicher werden?<br />
J Hm, das finde ich nicht, glaube ich. Smarte Technologien würde ich nicht als<br />
menschlicher bezeichnen, es ist ja lediglich verfeinerte Technik. Wie man das findet, hängt<br />
meiner Meinung davon ab, wie gut man damit umgehen kann. Wenn man versteht, wie man die<br />
Technik steuert, nimmt man die Technik ja nicht direkt als menschlicher wahr. Wenn man die<br />
Technik aber nicht durchdringt, kann ich mir vorstellen, dass es auf einen menschlicher wirkt.<br />
Berlin, am 10. Dezember 2012.<br />
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