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Postmodernism. Style and Subversion 1970–1990» (4.9MB)

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Vom Typus zum Solitär<br />

So wie die Moderne es vorgesehen hatte, sollte das moderne Möbel nicht die individuelle<br />

H<strong>and</strong>schrift seines Entwerfers tragen, sondern möglichst sachlich und anonym erscheinen.<br />

Unterschiedliche Möbel verschiedener Entwerfer konnten so zu einem harmonischen Ganzen<br />

kombiniert werden. „Typenmöbel“ hiess das Zauberwort der Moderne. Auf die kombinierbaren<br />

Einzelmöbel folgten in den 1960er Jahren die Systemmöbel; entweder als Baukasten- oder<br />

Konstruktionssystem, wie beispielsweise das 1964 entwickelte Möbelsystem USM Haller. Das<br />

sollte sich mit Pop Art und Postmoderne ändern. Nicht mehr die Kombinierbarkeit des<br />

funktionalistischen Möbels st<strong>and</strong> im Mittelpunkt, sondern individuelle Form und künstlerische<br />

Aussage. Das postmoderne Möbel entwickelte sich aus dem Verbund des Interieurs heraus zum<br />

Solitär: Statement statt Funktion.<br />

Die Möbel und Gebrauchsgegenstände im Ausstellungsteil New Wave, die während der<br />

Hochblüte der Postmoderne in den 1980er Jahren entst<strong>and</strong>en waren, entsprechen diesem<br />

Prinzip. Die italienischen Designkollektive Studio Alchimia und Memphis waren die treibenden<br />

Kräfte und weit verbreiteten Vorbilder. In der Schweiz sind keine eigentlichen<br />

Gestaltungsgruppen auszumachen, sondern es blieb, wie eingangs schon erwähnt, bei<br />

signifikanten Einzelerscheinungen. Die Möbel des Architekten Mario Botta veranschaulichen die<br />

Tendenz zum Möbelobjekt exemplarisch. Allein schon Form und Dimension drücken aus, dass es<br />

nicht um die simple Umsetzung einer Funktion ging, sondern um die Kreation eines Objekts. Wie<br />

bei seinen Bauten geht Botta von stereometrischen Körpern aus, die er in einem logischen<br />

Entwurfsprozess mitein<strong>and</strong>er verbindet, um so zu einer neuen eigenständigen Formkreation zu<br />

kommen. Der Objektcharakter des Sessels Obliqua (1986) steht dermassen im Vordergrund,<br />

dass sich seine Funktion nicht sogleich erschliesst. Ein typischer Solitär ist auch das Regal<br />

Kung Fu (1980) von Susi + Ueli Berger. Obwohl mit dem in der Ausstellung vertretenen Regal<br />

„Carlton“ (1981) von Ettore Sottsass formal vergleichbar, kreierten die Bergers nicht eine freie<br />

Form, sondern sie paraphrasierten ein chinesisches Schriftzeichen. Unter Kung Fu ist nicht nur<br />

eine Kampfsportart zu verstehen, sondern der Begriff bedeutet ursprünglich so viel wie<br />

Kunstfertigkeit, die man durch harte, geduldige Arbeit erwirbt. Bei Bergers besteht diese Kunst<br />

in der gelungenen Überwindung der Moderne in Form eines humorvollen, mehrfachcodierten<br />

Möbels.<br />

Wider die Tradition<br />

Während im Schweizer Produktdesign die Ausein<strong>and</strong>ersetzung mit der Moderne nur punktuell<br />

und selten radikal war, hat in der Grafik ein erstaunlicher Aufbruch stattgefunden. Die<br />

Schweizer Grafik, bekannt und bewundert für ihre kompromisslose Sachlichkeit und Logik,<br />

erlangte in der Nachkriegszeit als „Swiss <strong>Style</strong>“ Weltruhm. Die in der Ausstellung gezeigten<br />

Plakate aus dem alternativ-kulturellen Umfeld der 1980er-Jahre haben nichts mehr mit diesem<br />

normierten Regelwerk gemein. Hier wurde gemixt, geklebt, vergrössert und Xerox-kopiert, was<br />

das Zeug hält. Machart und Bildsprache sind expressiver Ausdruck gegen Formalismus und<br />

Nüchternheit, die der Spätmoderne im Allgemeinen anhafteten. Viele Auftraggeber und Grafiker<br />

waren eng mit der Punk-, New Wave- und Jugendbewegung verbunden. Wie im Punk, wo jeder<br />

schnell und unkompliziert ein Musiker sein konnte, entst<strong>and</strong>en viele der damaligen grafischen<br />

Erzeugnisse wie Plattencovers, Kleinplakate oder Fanzines nach demselben unmittelbaren Doit-yourself-Prinzip.<br />

Mit Spontanität, Spass und Unverkrampftheit agierte man gegen die<br />

etablierte Konsumgesellschaft.<br />

Schweizerisches Nationalmuseum. | L<strong>and</strong>esmuseum Zürich. | Bildung & Vermittlung 37

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