Geologie und Geotope im Kanton Schwyz - Schwyzerische ...
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gestauter Flussseen. Diese sind in Kühlzeiten bei tiefer<br />
Waldgrenze durch seitlich niedergefahrenes<br />
Schuttgut von verschertem, über labilen Untergr<strong>und</strong><br />
bewegtem Fels zu langen Flussseen gestaut worden.<br />
Bei weiteren Rüfen-Niedergängen schwappten die<br />
gestauten Wassermassen über; der abdämmende<br />
Schuttwall barst, so dass sich Stauinhalt <strong>und</strong> Schuttdamm<br />
katastrophenartig ins Vorland ergossen (Abb.<br />
7.1). Dort fiel aus dem Gemisch von Wasser, Schlamm<br />
<strong>und</strong> Gesteinsgut der dabei gerollte Schutt sukzessive<br />
aus. Die anfangs kaum eingeregelte Schotterflur verfestigte<br />
sich zu Nagelfluh, der Sand zu Sandstein.<br />
Nachdem der Stausee entleert war, floss der Fluss wieder<br />
mit normaler Transportlast, führte Schlamm <strong>und</strong><br />
bei Hochwasser Sand <strong>und</strong> Geröllrestanzen. Im flachen<br />
Vorland begann er auszuufern <strong>und</strong> neigte – trotz<br />
raschen Bewuchses mit Gebüsch längs Wasseradern –<br />
zu Überschwemmungen.<br />
Abb. 7.1<br />
Die Bildung von Molasse-Schuttfächern durch<br />
Ausbrechen alpiner Stauseen<br />
Rüfen-Niedergänge <strong>und</strong> Ausbrüche hinterstauter Wassermassen<br />
konnten sich in einer Kühlphase mehrmals<br />
wiederholen, bis das Kl<strong>im</strong>a wieder wärmer wurde, die<br />
Waldgrenze anstieg <strong>und</strong> Rüfen-Niedergänge nachliessen,<br />
was warmzeitliche fossile Floren in Feinsed<strong>im</strong>enten<br />
bek<strong>und</strong>en (HEER 1855–59, HANTKE 1954, 1964,<br />
1991, 1993, HANTKE & STAUFFER 1999, HOCHULI<br />
1978, EBERHARD 1986, 1989).<br />
Die tiefen Alpentäler werden meist als von Gletschern<br />
ausgeräumt, als „glazial übertieft“ betrachtet. Bei Tiefbohrungen<br />
in Alpentälern, etwa bei der fast 600 m tiefen,<br />
randnahen Bohrung Hohenems <strong>im</strong> Vorarlberger<br />
Rheintal (OBERHAUSER 1982K, 1991), beginnt die<br />
Lockergesteinsfolge über dem Felsgr<strong>und</strong> nicht mit<br />
Gr<strong>und</strong>moräne, sondern mit Sanden, Schottern <strong>und</strong><br />
Blockschutt. Die Gletscher konnten daher die Täler<br />
zuvor gar nicht so tief ausgeschürft haben. Zudem folgen<br />
– etwa in der Linthebene – unter letzt-warmzeitlichen<br />
Sed<strong>im</strong>enten solche einer vorletzten <strong>und</strong> darunter<br />
noch ältere Ablagerungen. Leider liegen erst bei<br />
wenigen paläobotanisch untersuchten Tiefbohrungen,<br />
die den Fels erreicht haben, Altersdaten vor.<br />
Die Alpentäler wurden vorwiegend tektonisch angelegt:<br />
Quertäler durch quer laufende Scherstörungen<br />
(Blattverschiebungen), bei Decken Grenzblätter,<br />
Längstäler durch Überschiebungen, aufgebrochene<br />
Gewölbe <strong>und</strong> Mulden. Den Gletschern kommt be<strong>im</strong><br />
Vorstoss in wenig verfestigte Sed<strong>im</strong>ente <strong>und</strong> dem Frost<br />
bei der Ausweitung der Täler längs Klüften niedergebrochener<br />
Gesteinspartien Bedeutung zu. Damit stellt<br />
der Felsgr<strong>und</strong> weder <strong>im</strong> Alpen-Rheintal, noch <strong>im</strong> Vierwaldstätter<br />
See, etwa <strong>im</strong> Urner See (BUXTORF et al.<br />
1916K, BRÜCKNER 1956a, HANTKE 1961a, et al. 2002<br />
Ke, SCHINDLER 1969), wo er seismisch erst knapp 200<br />
m unter dem Meeresspiegel nachgewiesen ist, noch <strong>im</strong><br />
Brienzer See, die „Quartärbasis“ dar. Die Becken sind<br />
somit nicht „glazial“ übertieft. Der Felsgr<strong>und</strong> ist<br />
älter; er fällt in die Zeit der Zerscherung bei der Platznahme<br />
der helvetischen Decken, vor gut fünf Mio. Jahren.<br />
Das tiefste Schuttgut <strong>im</strong> ersten Urner See wurde<br />
schon damals abgelagert <strong>und</strong> blieb in der tektonischen<br />
Senke liegen; der Reuss-Gletscher hat be<strong>im</strong> Vorstoss<br />
nur wenig Schutt weiter verfrachtet. Die tiefsten Sed<strong>im</strong>ente<br />
sind daher nicht unbedingt pleistozän; sie können<br />
als Gesteinsschutt, Schotter <strong>und</strong> Sande <strong>im</strong> Vorfeld<br />
eines frühesten Reuss- bzw. Aare-Gletschers bis an die<br />
Mio-/Pliozän-Wende zurückreichen, während nach<br />
bisheriger Vorstellung zwischen dem jüngeren Miozän<br />
<strong>und</strong> dem jüngerem Pliozän Sed<strong>im</strong>ente von über drei<br />
Mio. Jahren „fehlen“.<br />
Zudem wurde der Gletscherschutt auch in den Kaltzeiten<br />
nicht auf dem Boden als Gr<strong>und</strong>moräne fortbewegt,<br />
sondern, wie schon LOUIS AGASSIZ (1840) am Unteraargletscher<br />
festgestellt hat, auf der Oberfläche<br />
Gegen das Ende einer Kaltzeit schmolz der Obermoränenschutt<br />
auf den Talboden <strong>und</strong> wurde be<strong>im</strong> Vorstoss<br />
in der nächsten Kaltzeit vom wieder vorgestossenen<br />
Gletscher überfahren, gepresst, „vorbelastet“ <strong>und</strong> mit<br />
etwas echter Gr<strong>und</strong>moräne zu einer Pseudo-Gr<strong>und</strong>moräne<br />
vermengt. Auch die canyonartigen Schluchten,<br />
die Aare- oder die Taminaschlucht (HANTKE &<br />
SCHEIDEGGER 1993, 2000), sind nicht vom Wasser eingesägt<br />
worden; sie folgen Störungen <strong>und</strong> sind <strong>im</strong><br />
Kalkstein von kalten Tiefenwasser durch Lösung<br />
„geglättet“ worden.<br />
Die r<strong>und</strong> 400 m tiefe, geophysikalisch <strong>und</strong> durch Bohrungen<br />
belegte Menzinger Rinne zwischen oberem<br />
Zürichsee <strong>und</strong> Zuger See mit Felstiefen bis unter 270<br />
m bzw. 330 m ü.M. hat sich – dem Molassestreichen<br />
folgend – am S-Rand einer bis zur Überkippung aufgerichteten,<br />
von Querstörungen zerscherten Molasseabfolge<br />
gebildet. Diese ist dabei kollabiert, <strong>und</strong> ihr<br />
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