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Beschlussempfehlungen und Berichte - Landtag Baden Württemberg

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<strong>Landtag</strong> von <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 2485<br />

Wirtschaftsausschuss<br />

Meister gleich gesetzt werden, da die Meisterausbildung weit<br />

mehr beinhalte als die durch die Praxis erlernten Fertigkeiten,<br />

wie zum Beispiel auch kaufmännische Kenntnisse, die im Alltag<br />

eines Gesellen nicht benötigt würden. Er hielte es für akzeptabel,<br />

Gesellen mit langjähriger leitender Funktion einen Meisterbrief<br />

zuzugestehen. Der Meisterbrief dürfe aber nicht allein vom Zeitfaktor<br />

einer zehnjährigen Tätigkeit abhängig sein.<br />

Aus den aufgeführten Gründen halte er die von der B<strong>und</strong>esregierung<br />

vorgesehene Novellierung der Handwerksordnung trotz<br />

einiger Verbesserungen für nicht richtig. Auch die CDU-Fraktion<br />

lehne die vorgesehene Novellierung ab.<br />

Ein SPD-Abgeordneter verwies zunächst auf die Debatte in der<br />

48. Plenarsitzung am 16. Juli 2003 <strong>und</strong> meinte, die Ausführungen<br />

des Mitunterzeichners des Antrags seien weit moderater<br />

als die im Plenum vorgetragenen Argumente der CDU-Fraktion.<br />

Die Handwerksordnung sei zwischenzeitlich 50 Jahre alt. Er<br />

halte auch die in der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums<br />

zu dem Antrag genannten Argumente für rückwärts gewandt <strong>und</strong><br />

konservierend. Sie seien teilweise nicht mehr zeitgemäß. Es sei<br />

unumstritten, dass eine Novellierung der Handwerksordnung erfolgen<br />

müsse. Dies werde von nahezu allen Handwerksbetrieben<br />

eingesehen. Die Diskussionen über die Novellierung seien auch<br />

bei der B<strong>und</strong>esregierung noch nicht abgeschlossen. Auch Gespräche<br />

mit dem Verbandspräsidenten wurden noch geführt.<br />

Die vorgesehene Novellierung sei der richtige Weg. Deutschland<br />

müsse in diesem Bereich auch EU-Recht umsetzen, was es als<br />

einziges Land bisher noch nicht getan habe. Die bisherigen Regelungen<br />

verstießen nicht nur teilweise gegen EU-Recht, sondern<br />

auch gegen die gr<strong>und</strong>gesetzlich verankerte Berufsfreiheit. So<br />

dürfe gemäß EU-Recht ein EU-Ausländer mit der jeweils in<br />

seinem Heimatland erworbenen Ausbildung in Deutschland<br />

einen Betrieb eröffnen, während Deutsche im eigenen Land besonders<br />

strenge Voraussetzungen hierfür erfüllen müssten. Diese<br />

„Inländerdiskriminierung“ werde nicht nur von der SPD, sondern<br />

auch vom Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen <strong>und</strong><br />

Handwerker (BUH) <strong>und</strong> vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

(ZEW) in Mannheim kritisiert.<br />

Der Meisterbrief sei auch ein Handicap für die Selbstständigkeit.<br />

Durch die Novellierung erwarte die B<strong>und</strong>esregierung in Übereinstimmung<br />

mit dem ZEW <strong>und</strong> dem BUH die Schaffung von r<strong>und</strong><br />

100 000 neuen Arbeitsplätzen. Die Vorstellung, dass der Meisterzwang<br />

mehr Qualität für die K<strong>und</strong>en mit sich bringe, sei nicht<br />

richtig. Während im Ausland beispielsweise viele Gebäude aufgr<strong>und</strong><br />

ihres Alters Mängel aufwiesen, gebe es in Deutschland<br />

durchaus Gebäude, die von Unternehmen mit Meisterbriefen gebaut<br />

worden seien, aber bereits nach 30 Jahren renovierungsbedürftig<br />

seien.<br />

Darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, dass r<strong>und</strong> ein<br />

Drittel der Handwerksbetriebe Probleme hätten, geeignete Nachfolger<br />

zu finden. Bis zum Jahr 2007 würden allein in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> r<strong>und</strong> 60 000 Unternehmensnachfolgen erwartet.<br />

Mit der Pflicht zum Meisterbrief werde die Suche nach Nachfolgern<br />

noch schwieriger, da eine Meisterausbildung einige tausend<br />

Euro koste <strong>und</strong> die angehenden Meister während der Ausbildungszeit<br />

auch noch einen Verdienstausfall erlitten.<br />

Weder Tischler oder Frisöre noch Maler hätten gefahrengeneigte<br />

Berufe. Dies hätten Vertreter dieser Berufe in Gesprächen bestätigt.<br />

Ein Beharren auf dem Meisterbrief sei bei diesen Berufen<br />

nicht erforderlich, sondern überholt. Er appelliere an die Landesregierung<br />

<strong>und</strong> an die sie tragende Fraktionen, die B<strong>und</strong>esregierung<br />

bei der vorgesehenen Novellierung der Handwerksordnung<br />

zu unterstützen <strong>und</strong> gemeinsam zu überlegen, welche Gewerke<br />

in die Anlage A oder die Anlage B der Handwerksordnung aufgenommen<br />

werden sollten.<br />

Ein Abgeordneter der Grünen verwies auf die im Plenum vorgetragenen<br />

Argumente seiner Fraktion <strong>und</strong> führte aus, der Meisterbrief<br />

solle nicht generell abgeschafft werden. Lediglich die<br />

Pflicht, für eine Unternehmensgründung einen Meisterbrief vorweisen<br />

zu müssen, werde gelockert. Da die Meisterausbildung<br />

tatsächlich zusätzliche Inhalte zum Beispiel aus dem kaufmännischen<br />

Bereich habe, würden sicher auch in Zukunft viele Handwerker<br />

einen Meisterbrief erwerben, um einen Qualitätsvorteil zu<br />

erhalten <strong>und</strong> damit besser am Markt bestehen zu können.<br />

Ein wichtiges Anliegen sei, dass ein Handwerker k<strong>und</strong>ennah<br />

arbeiten müsse. Die K<strong>und</strong>en verlangten aber vielfach gewerkeübergreifende<br />

Leistungen, für die eine strikte Trennung des<br />

Handwerks in verschiedene Gewerke hinderlich sei. Im Sinne<br />

einer Dienstleistungsgesellschaft <strong>und</strong> eines besseren Zugehens<br />

auf den K<strong>und</strong>en sei hier eine Lockerung erforderlich. Dies werde<br />

auch vom Handwerk selbst so gesehen. Lediglich über die Art<br />

der Umsetzung gebe es unterschiedliche Auffassungen.<br />

Die Landesregierung schreibe in ihrer Stellungnahme zu Ziffer 2<br />

des Antrags, bisher sei auch für einfache handwerkliche Tätigkeiten<br />

für Selbstständige <strong>und</strong> auch für Arbeitslose, die eine „Ich-<br />

AG“ gründen wollten, ein Meisterbrief erforderlich. Dies treffe<br />

nach seiner Kenntnis nicht zu.<br />

Gemäß den Leipziger Beschlüssen des B<strong>und</strong>-Länder-Ausschusses<br />

„Handwerksrecht“ könnten Arbeitsvorgänge, die aus der<br />

Sicht eines vollhandwerklich arbeitenden Betriebs als untergeordnet<br />

erschienen, die Annahme eines handwerklichen Betriebs<br />

nicht rechtfertigen. Dies treffe vor allem auf Arbeitsvorgänge<br />

zu, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine<br />

qualifizierten Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten erforderten. Demzufolge<br />

sei für solche einfachen Tätigkeiten kein Meisterbrief<br />

erforderlich. Dies entspreche bereits der bisherigen Praxis <strong>und</strong><br />

solle nun gesetzlich fixiert werden. Hierdurch würden sicher<br />

keine Betriebe ruiniert.<br />

Ein Abgeordneter der FDP/DVP brachte vor, die Novellierung<br />

der Handwerksordnung sei unter anderem mit der gegenwärtig<br />

schlechten Situation des Handwerks begründet worden. Sowohl<br />

die Zahl der Handwerksbetriebe <strong>und</strong> der im Handwerk Beschäftigten<br />

als auch die Ausbildungskraft der Betriebe seien in den<br />

letzten Jahren stark rückläufig gewesen. Dies habe aber nicht in<br />

erster Linie an der Handwerksordnung, sondern vor allem an der<br />

konjunkturellen Situation <strong>und</strong> an schlechten Rahmenbedingungen<br />

des Arbeitsmarkts <strong>und</strong> der Steuer- <strong>und</strong> Abgabenbelastung<br />

gelegen.<br />

Möglicherweise könnten durch die vorgesehene Novellierung<br />

neue Arbeitsplätze entstehen. Andererseits fielen sicher auch<br />

Arbeitsplätze weg. Dies könnte besonders die qualitätsvollen<br />

Arbeitsplätze betreffen.<br />

Eine Novellierung werde auch vom Handwerk <strong>und</strong> dessen Organisationen<br />

eingefordert. Wichtig sei aber die Frage, in welcher<br />

Form <strong>und</strong> in welchem Umfang diese Novellierung stattfinden<br />

solle.<br />

Einigkeit bestehe darin, dass der Zugang zum Meisterbrief erleichtert<br />

<strong>und</strong> flexibilisiert werden solle. Hierzu zähle auch die<br />

Anerkennung anderer Abschlüsse. Auch über einen verbesserten<br />

Zugang für Gesellen bestehe Einvernehmen. Gegenwärtig gebe<br />

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