Lernen half uns überleben
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Łódź- das gelobte Land<br />
und ein zweites Amerika<br />
Łódź ist eine der wenigen europäischen Städte, die im<br />
„amerikanischen Tempo“ heranwuchsen. Die eigentliche<br />
Stadtgeschichte begann erst im Jahre 1820, als Beamte<br />
des Königreiches Polen beschlossen, in Łódź eine Textilsiedlung<br />
zu gründen. Sie holten Tuchmacher und Weber aus Schlesien.<br />
Später kamen Handwerker und Geschäftsleute aus verschieden<br />
Teilen Europas, angelockt durch die Möglichkeiten, die die<br />
Lodzer Industrie bot. Unter ihnen war auch eine große Gruppe<br />
von Juden.<br />
Noch Mitte des 19. Jahrhunderts machten Deutsche 44% der<br />
Einwohner aus, Polen 35% und Juden ca. 21%. Mit der Zeit änderten<br />
sich die Proportionen. Nach 1862 hat man die Beschränkungen<br />
für Juden aufgelöst, bestimmte Wohnsitze zu haben<br />
und Berufe auszuüben. Sie kamen mit ihren Familien aus dem<br />
fernen Osten und Russland nach Łódź. Hier sahen sie ihr „gelobtes<br />
Land” und hofften, eher als in Amerika, zu Wohlstand zu<br />
kommen. Immer mehr Juden bauten eigene Fabriken und Warenhäuser.<br />
Die reichsten Lodzer Fabrikanten jüdischer Herkunft<br />
waren die Poznańskis. Sie haben einen riesigen Industriekomplex<br />
in der Ogrodowa-Strasse und einige Paläste hinterlassen.<br />
Juden gehörten auch viele Mietshäuser an der Hauptstraße,<br />
der Piotrkowska und zahlreiche Gebäude in ganz Łódź, die bis<br />
heute genutzt werden.<br />
1939 gab es in Łódź 230.000 Menschen jüdischen Glaubens. Die<br />
Zeit des Holocaust haben nur einige Dutzend in dem von den<br />
Deutschen 1940 errichteten Getto überlebt. Es war ein riesiges<br />
Arbeitsgetto.<br />
Gleich nach dem Kriegsende wurde Łódź wieder zu einem der<br />
größten Zentren jüdischen Lebens in Polen. Es gibt dazu keine<br />
Die Wschodnia- Straße, 1912<br />
Jizchak Katzenelson<br />
(1886-1944)<br />
Nur wenige sind sich dessen bewusst,<br />
dass Jizchak Katzenelson, der Dichter,<br />
Schriftsteller und Übersetzer, der<br />
während des Krieges das erschütternde<br />
Gedicht „Das Lied über das<br />
ausgerottete jüdische Volk“ schrieb,<br />
mit Łódź verbunden war und hier vor<br />
dem Krieg eine Hebräische Schule<br />
leitete.<br />
Katzenelson wurde 1886 in Korelitz<br />
bei Nowogród geboren. Zuerst wuchs<br />
er bei seiner Großmutter auf. 1892<br />
kam er nach Zgierz, wo er die Chederschule<br />
seines Vaters Jakub Beniamin<br />
besuchte. Katzenelson debütierte<br />
mit Gedichten für Kinder in der<br />
hebräischen Zeitschrift „Olam Katan“<br />
(Die kleine Welt) und mit Prosa in<br />
der Zeitschrift „Hamelic“. Mit zwölf<br />
Jahren schrieb er das Theaterstück<br />
„Dreyfus und Esterhazy“. Aufgrund<br />
der schlechten finanziellen Situation<br />
seiner Familie konnte er nicht die<br />
Lehre fortsetzen und begann in einer<br />
Textilfabrik zu arbeiten. Seine Werke<br />
wurden in hebräischen und jüdischen<br />
Zeitungen weiterhin publiziert. Als<br />
Siebzehnjähriger schrieb er das den<br />
polnisch-litauischen Juden gewidmete<br />
Prosagedicht „Bewulot Lita“, wodurch<br />
er an Popularität gewann. Nachdem<br />
er den Wehrdienst geleistet und<br />
eine kurze Reise durch Westeuropa<br />
gemacht hatte, kam er nach Łódź<br />
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