Lernen half uns überleben
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Marycy Trębacz, Greiser,<br />
Jüdisches Historisches Institut<br />
polnischen Nobelpreisträgers<br />
Władysław Reymont, mit dem<br />
Unterschied, dass Singer das<br />
Leben der Lodzer Juden vor<br />
und nach dem Ersten Weltkrieg<br />
darstellt, und Reymont von<br />
der früheren Zeitgeschichte<br />
erzählt, als die Lodzer Vermögen<br />
entstanden und zunichte<br />
wurden.<br />
Auf eine moderne Art und<br />
Weise wird Łódź von Israel Rabon,<br />
einem anderen jüdischen<br />
Schriftsteller geschildert. Er<br />
verfasste u.a, die Romane „Die<br />
Straße“ und „Bałuty“. Moses Broderson, einer der wichtigsten<br />
jüdischen Dichter aus der Zwischenkriegszeit gab die Zeitschrift<br />
„Jung Jiddisch“ heraus, die junge Schriftsteller und Künstler<br />
versammelte. Eine Zeit lang wohnte hier auch ein Vertreter<br />
der älteren Generation, der Schriftsteller Jechiel Jesaje Trunk.<br />
Ein Abschnitt seiner Nachkriegserinnerungen mit dem Titel<br />
„Polin“ (Polen) ist dem Lodzer „gelobten Land“ gewidmet. Trunk<br />
erzählt vom Schriftsteller- und Malermilieu. In Łódź lebte und<br />
arbeitete Jizchak Katzenelson. Er<br />
war Hebräischlehrer und schrieb<br />
auf Hebräisch und Jiddisch. Er<br />
kam in Auschwitz ums Leben,<br />
schaffte es vorher aber noch,<br />
das erschütternde Gedicht über<br />
die Vernichtung der Juden zu<br />
schreiben „ Das Lied vom ausgerotteten<br />
jüdischen Volk“.<br />
Die Lodzer Juden spielten bei<br />
der Entwicklung der Stadt eine<br />
große Rolle. Über Jahre waren<br />
sie deutlicher Bestandteil in<br />
jedem Lebensbereich der Stadt.<br />
Hier erzählen wir die Geschichte<br />
der Menschen, die gezwungen<br />
waren, im Getto, dem abgesperrten<br />
Stadtviertel Bałuty, zu<br />
wohnen. Die meisten haben den<br />
Krieg nicht überlebt. Die wenigen,<br />
die überlebten, sind für<br />
immer durch diese tragischen<br />
Erinnerungen gezeichnet.<br />
Jankiel, Adler, Meine Eltern,<br />
K<strong>uns</strong>tmuseum Łódź<br />
1943 während des Aufstandes im<br />
Warschauer Getto wurden er und sein<br />
17jähriger Sohn Zwi auf die arische<br />
Seite geschleust, wo sie eine kurze Zeit<br />
im Versteck lebten. Um sich das Leben<br />
zu retten, kauften sie honduranische<br />
Pässe und stellten sich als Bürger eines<br />
neutralen Staates zur Sammelstelle<br />
im Hotel Polski, zusammen mit den<br />
anderen, die glaubten, dass es ihnen<br />
gelänge, Warschau zu verlassen. (Die<br />
Nazis versprachen, dass sie gegen<br />
deutsche Gefangene ausgetauscht<br />
würden). Von hier aus wurden sie<br />
nach Frankreich ins Internierungslager<br />
Vittel (Vogesen) transportiert. Dort<br />
blieb er zehn Monate. Eben in diesem<br />
Lager entstand das erschütternde<br />
Gedicht „ Das Lied vom ausgerotteten<br />
jüdischen Volk“, in dem er das<br />
unvorstellbare Leiden seines Volkes<br />
und seiner Familie beschreibt. Am<br />
17. April kam er ins Lager Drancy bei<br />
Paris und von dort aus wurde er nach<br />
Auschwitz deportiert, wo er am 1. Mai<br />
1944 vergast wurde.<br />
Der Anfang des Endes (Abschnitt)<br />
Wo ich den ersten Deutschen sah?<br />
In Lodz. Daheim. Ich floh. Mich trieb<br />
der Hoffnungswahn,<br />
der Wahn der Furcht. Schutz suche<br />
ich.<br />
bei Freunden. Chanah ging mit mir.<br />
Die Nacht war kühl.<br />
Ein Deutscher stand vor einem Tor:<br />
Der Tod. Er sah <strong>uns</strong> nach. Doch – hielt<br />
er <strong>uns</strong> nicht an.<br />
Wir gingen weiter. Droht die Gefahr?<br />
Gewiss. Ein Schuss – der Schuss galt<br />
<strong>uns</strong>. Ein Anderer fiel.<br />
Wir. Wir. Wir selber sind<br />
gefallen. Chanah Du. Und ich. Er<br />
wollte Judenblut,<br />
nur wusste er nicht, wer wir sind.<br />
Wie loderte sein Hass, wie war sein<br />
Blick verroht.<br />
Nicht langsamer, nicht schneller<br />
gingen wir:<br />
wir zitterten. Und zeigten dennoch<br />
Mut.<br />
(..) Wozu? Uns alle hat sein Schuss<br />
getroffen: Kein Chanah lebt seit jener<br />
Nacht<br />
Tot liegen wir. Tot sind die Kinder.<br />
Jeder Jude starb mit <strong>uns</strong>: im Christenland<br />
„Das Lied vom letzten Juden“ in der Nachdichtung<br />
von Hermann Adler<br />
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