RICHARD III
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<strong>RICHARD</strong> <strong>III</strong>., William Shakespeare<br />
ZWEITER AUFZUG, 2. SZENE<br />
33<br />
Bedau'rte mich und küßte meine Wange,<br />
Hieß mich auf ihn vertraun als einen Vater,<br />
Er wolle lieb mich haben als sein Kind.<br />
H e r z o g i n.<br />
Ach, daß der Trug so holde Bildung stiehlt<br />
Und Bosheit mit der Tugend Larve deckt!<br />
Er ist mein Sohn, und hierin meine Schmach,<br />
Doch sog er nicht an meiner Brust den Trug.<br />
S o h n.<br />
Denkt Ihr, mein Oheim verstellte sich, Großmutter?<br />
H e r z o g i n.<br />
Ja, Kind.<br />
S o h n.<br />
Ich kann's nicht denken. Horch, was für ein Lärm?<br />
(Königin Elisabeth tritt auf, außer sich; Rivers und Dorset<br />
folgen ihr.)<br />
E l i s a b e t h.<br />
Wer will zu weinen mir und jammern wehren,<br />
Mein Los zu schelten und mich selbst zu plagen?<br />
Bestürmen mit Verzweiflung meine Seele<br />
Und selber meine Feindin will ich sein.<br />
H e r z o g i n.<br />
Wozu der Auftritt wilder Ungeduld?<br />
E l i s a b e t h.<br />
Zu einem Aufzug trag'schen Ungestüms:<br />
Der König, mein Gemahl, dein Sohn, ist tot.<br />
Was blühn die Zweige, wenn der Stamm verging?<br />
Was welkt das Laub nicht, dem sein Saft gebricht?<br />
Wollt ihr noch leben? Jammert! Sterben? Eilt!<br />
Daß unsre Seelen seiner nach sich schwingen,<br />
Ihm folgend wie ergebne Untertanen<br />
Zu einem neuen Reich der ew'gen Ruh'.<br />
H e r z o g i n.<br />
Ach, so viel Teil hab ich an deinem Leiden<br />
Als Anspruch sonst an deinem edlen Gatten.<br />
Ich weint' um eines würd'gen Gatten Tod,<br />
Und lebt' im Anblick seiner Ebenbilder;<br />
Nun sind zwei Spiegel seiner hohen Züge<br />
Zertrümmert durch den bösgesinnten Tod,<br />
Mir bleibt zum Troste nur ein falsches Glas,<br />
Worin ich meine Schmach mit Kummer sehe.<br />
Zwar bist du Witwe, doch du bist auch Mutter,<br />
Und deiner Kinder Trost ward dir gelassen:<br />
Mir riß der Tod den Gatten aus den Armen<br />
Und dann zwei Krücken aus den schwachen Händen,<br />
Clarence und Eduard. Oh, wie hab ich Grund,<br />
Da deins die Hälfte meines Leids nur ist,<br />
Dein Wehgeschrei durch meins zu übertäuben!<br />
S oh n.<br />
Ach, Muhm', Ihr weintet nicht um unsern Vater:<br />
Wie hülfen wir Euch mit verwandten Tränen?<br />
T o c h t e r.<br />
Blieb unsre Waisennot doch unbeklagt;<br />
Sei unbeweint auch Euer Witwengram.<br />
E l i s a b e t h.<br />
0 steht mir nicht mit Jammerklagen bei,<br />
Ich bin nicht unfruchtbar, sie zu gebären.<br />
In meine Augen strömen alle Quellen,