RICHARD III
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<strong>RICHARD</strong> <strong>III</strong>., William Shakespeare<br />
ZWEITER AUFZUG, 2. SZENE<br />
34<br />
Daß ich, hinfort vom feuchten Mond regiert,<br />
Die Welt in Tränenfülle mög' ertränken.<br />
Ach, weh um meinen Gatten, meinen Eduard!<br />
D i e K in d e r.<br />
Um unsern Vater, unsern teuern Clarence!<br />
H e r z o g i n.<br />
Um beide, beide mein, Eduard und Clarence!<br />
E l i s a b e t h.<br />
Wer war mein Halt als Eduard? Er ist hin.<br />
D i e K i n d e r.<br />
Wer unser Halt als Clarence? Er ist hin.<br />
H e r z o g i n.<br />
Wer war mein Halt als sie? Und sie sind hin.<br />
E l i s a b e t h.<br />
Nie keine Witwe büßte so viel ein.<br />
D i e K i n d e r.<br />
Nie keine Waise büßte so viel ein.<br />
H e r z o g i n.<br />
Nie keine Mutter büßte so viel ein.<br />
Weh mir! ich bin die Mutter dieser Leiden:<br />
Vereinzelt ist ihr Weh, meins allgemein.<br />
Sie weint um einen Eduard, und ich auch;<br />
Ich wein um einen Clarence, und sie nicht;<br />
Die Kinder weinen Clarence, und ich auch;<br />
Ich wein um einen Eduard, und sie nicht.<br />
Ach, gießt ihr drei auf mich dreifach geschlagne<br />
All eure Tränen: Wärterin des Grams,<br />
Will ich mit Jammern reichlich ihn ernähren.<br />
D o r s e t.<br />
Mut, liebe Mutter! Gott ist ungehalten,<br />
Daß Ihr sein Tun mit Undank so empfangt.<br />
In Weltgeschäften nennt man's undankbar,<br />
Mit trägem Widerwillen Schulden zahlen,<br />
Die eine milde Hand uns freundlich lieh;<br />
Viel mehr, dem Himmel so sich widersetzen,<br />
Weil er von Euch die königliche Schuld<br />
Zurücke fordert, die er Euch geliehn.<br />
R i v e r s.<br />
Bedenkt als treue Mutter, gnäd'ge Frau,<br />
Den Prinzen, Euren Sohn; schickt gleich nach ihm<br />
Und laßt ihn krönen. In ihm lebt Euer Trost:<br />
Das Leid senkt in des toten Eduard Grab,<br />
Die Last baut auf des blühnden Eduard Thron.<br />
(Gloster, Buckingham, Stanley, Hastings, Ratcliff und andre<br />
treten auf.)<br />
G l o s t e r.<br />
Faßt, Schwester, Euch; wir alle haben Grund,<br />
Um die Verdunklung unsers Sterns zu jammern:<br />
Doch niemand heilt durch Jammern seinen Harm.<br />
Ich bitt Euch um Verzeihung, gnäd'ge Mutter,<br />
Ich sah Eu'r Gnaden nicht. Demütig auf den Knien<br />
Bitt ich um Euren Segen.<br />
H e r z o g i n.<br />
Gott segne dich! und flöße Milde dir,<br />
Gehorsam, Lieb' und echte Treu' ins Herz!<br />
G l o s t e r.<br />
Amen!<br />
Und lass' als guten alten Mann mich sterben! –