JAHRESBERICHT - Gerda Henkel Stiftung
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Sonderprogramme<br />
Dr. Florian Knauß, Staatliche Antikensammlungen und<br />
Glyptothek München – Ausgrabungen einer eisenzeitlichen<br />
(achaimenidischen) Anlage bei Karadschamirli,<br />
Westaserbaidschan<br />
Karadschamirli liegt im Westen Aserbaidschans und war in<br />
achaimenidischer Zeit wohl ein wichtiges regionales Zentrum.<br />
Ein aus deutschen, aserbaidschanischen und georgischen Wissenschaftlern<br />
zusammengesetztes Forscherteam gräbt dort<br />
seit Sommer 2006 mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong> eine eisenzeitliche<br />
Anlage aus. Kooperationspartner des von Dr. Florian<br />
Knauß, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München,<br />
geleiteten archäologischen Projekts sind die Akademie<br />
der Wissenschaften in Baku, das Nationalmuseum in Tiflis<br />
sowie die regionalen und örtlichen Behörden in der Gegend von<br />
Karadschamirli. Zwei aserbaidschanische Doktoranden werden<br />
im Rahmen der Arbeiten in alle Bereiche der Grabungstechnik<br />
und -dokumentation eingeführt.<br />
Während einer ersten Grabungskampagne wurden 2006<br />
auf dem Ideal Tepe große Teile eines Lehmziegelgebäudes<br />
freigelegt, das sich anhand des Bauplans sowie der gefundenen<br />
Architekturteile (Glockenbasen) und Keramik zweifelsfrei<br />
der achaimenidischen Epoche zuschreiben lässt. Ebenso wie<br />
für Ostgeorgien fehlen bislang auch für Westaserbaidschan<br />
Belege für eine vergleichbare monumentale Architektur, und<br />
die Kultur der späten Bronze- und der Eisenzeit Aserbaidschans<br />
ist nahezu unbekannt. Die Befunde der Kampagne ergeben,<br />
dass die Anlage von Karadschamirli unter persischer Herrschaft<br />
errichtet wurde, und es ist wahrscheinlich, dass auch der<br />
Hausherr ein persischer Würdenträger war. Mit dem Tod des<br />
letzten Achaimenidenherrschers 330 v. Chr. verlor die Anlage<br />
offenkundig ihre Bedeutung und scheint von den Bewohnern<br />
geordnet verlassen worden zu sein, wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt,<br />
als das Perserreich unter dem Ansturm Alexanders des<br />
Großen zerfiel. Kleinfunde (Keramik und ein Fragment einer<br />
Glasschale) ermöglichen eine Datierung der Anlage sowie der<br />
Nachbesiedlungsphase in das fünfte / vierte Jahrhundert v. Chr.<br />
bzw. in das späte vierte / frühe dritte Jahrhundert v. Chr.<br />
Im Berichtsjahr wurden in einer zweiten Kampagne die noch<br />
verbleibenden Bereiche des Gebäudes ausgegraben. Dabei<br />
stellte sich heraus, dass es sich um einen Torbau handelt,<br />
der die bereits aus dem Vorjahr bekannte Vorhalle im Osten<br />
sowie den zentralen Säulensaal ergänzt. Unter den bekannten<br />
achaimenidischen Bauten in Transkaukasien hat die Anlage<br />
vom Ideal Tepe keine Entsprechung. In den Zentren des Perserreiches<br />
finden sich hingegen einige grundsätzlich verwandte<br />
Torbauten, beispielsweise das so genannte Central Building<br />
auf der Palastterrasse von Persepolis. Der Fund des Propylons<br />
und weitere Lesefunde führen die Forscher zu der Annahme,<br />
dass in unmittelbarer Nähe, wahrscheinlich auf der Spitze des<br />
benachbarten Absinth Tepe, ein mindestens ebenso großes<br />
Hauptgebäude gestanden haben muss. Beide Kampagnen<br />
konnten belegen, dass die Anlage von Karadschamirli als einer<br />
der bedeutendsten achaimenidischen Fundorte der gesamten<br />
Kaukasusregion gewertet werden muss.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> unterstützt das Forschungsprojekt im Rahmen<br />
des Sonderprogramms Zentralasien seit 2006 und hat im Berichtsjahr<br />
im Rahmen des Projektabschnitts II Fördermittel zur<br />
Durchführung einer zweiten Grabungskampagne in Aserbaidschan<br />
gewährt.<br />
18<br />
Ansicht des persischen Propylons auf dem Ideal<br />
Tepe, Karadschamirli, Aserbaidschan