JAHRESBERICHT - Gerda Henkel Stiftung
JAHRESBERICHT - Gerda Henkel Stiftung
JAHRESBERICHT - Gerda Henkel Stiftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wiederlesbarmachung altägyptischer<br />
Darstellungen zu ihrer Interpretation.<br />
entwicklung neuer methoden zur<br />
oberflächenreinigung am beispiel<br />
der grabkammer des neferhotep tt49<br />
(Theben, ägypten)<br />
Leiter<br />
Institution<br />
Förderung<br />
prof. Dr. Hans Leisen<br />
neferhotep e. V., Köln<br />
forschungsprojekt | Die <strong>Gerda</strong> <strong>Henkel</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützte das Projekt<br />
für zwei Jahre mit Fördermitteln zur Übernahme von Personal-, Reiseund<br />
Sachkosten und hat im Berichtsjahr erneut Fördermittel für eine<br />
zweijährige Fortsetzung der Arbeiten gewährt.<br />
Reinigung mit dem Laser und mikroskopische<br />
Betrachtung (C. Verbeek und B. Graue)<br />
Chemische Reinigung mit Flies-Kompressenauflage<br />
und Wattestäbchen<br />
Neferhotep (»Schön ist die Gnade«) war oberster Schreiber des Schöpfergottes Amun<br />
und verstarb in der Regierungszeit des Pharaos Eje um 1320 v. Chr. Sein Felsengrab<br />
(Registriernummer TT49), in dem auch seine Frau Merit-Re bestattet wurde, befindet<br />
sich am Fuße des thebanischen Gebirges nahe dem Tal der Könige. Die ebenerdigen<br />
Kulträume (Vestibül und Pfeilersaal) sind direkt in den Felshang gearbeitet und<br />
reich mit Wandmalereien, farbigen Reliefs und Figuren dekoriert. Zur darunter gelegenen<br />
Grabkammer, in der sich die Sarkophage befanden, führt ein undekorierter,<br />
grob in den Fels geschlagener Gang. Die bildlichen Darstellungen an den Wänden<br />
des Pfeilersaals deuten hauptsächlich auf das diesseitige Leben Neferhoteps hin und<br />
inszenieren farbenprächtig die altägyptische Alltagskultur: Als Aufseher der Güter des<br />
Amun oblag Neferhotep die Überwachung des Viehs, des Getreides und der Sklaven.<br />
Aufgrund von Rußverschwärzungen und Verschmutzungen sind die Malerei- und<br />
Gesteinsoberflächen in weiten Bereichen in ihrer Lesbarkeit stark eingeschränkt. Für<br />
die Schäden sind viele Faktoren verantwortlich, darunter biologische und klimatische<br />
Einflüsse, Salzkristallisationen, petrographisch-mineralogische Eigenschaften des Felsgesteins,<br />
Feuer, die Nutzung der Grabanlage als Wohnstätte und frühere Reinigungsversuche<br />
an den Wandmalereien.<br />
Seit 2000 wird das Grab des Neferhotep im Rahmen des Projekts PROCON TT49<br />
von einem internationalen Wissenschaftlerteam erforscht. Die altägyptischen Wandmalereien<br />
und Steinobjekte stellen dabei mit ihren stark rußverschmutzten und gealterten<br />
Oberflächen einen besonders hohen Anspruch an die restauratorische und<br />
konservatorische Konzeptfindung. Da neben der Entwicklung einer objektspezifischen<br />
Methodik das Reinigungsziel exakt definiert werden musste, war ein interdisziplinärer<br />
Fachaustausch zwischen Restauratoren, Naturwissenschaftlern, Ägyptologen und<br />
Denkmalpflegern notwendig, um alle relevanten Aspekte zum Erhalt der Authentizität<br />
des Kunstobjektes zu berücksichtigen. Ziel eines von der <strong>Stiftung</strong> geförderten<br />
Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Leisen war es, die teilweise<br />
bis zur Unkenntlichkeit verrußten Wandmalereien und Reliefdarstellungen<br />
im Grab des Neferhotep wieder sichtbar zu machen. Die auf die Konservierung von<br />
Wandmalerei und Objekten aus Stein spezialisierten Kölner Diplomrestauratorinnen<br />
Susanne Brinkmann, Birte Graue und Christina Verbeek haben während der zweijährigen<br />
Förderzeit in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Werkstoff- und<br />
Strahltechnik (Dresden) Methoden zur zerstörungsfreien Reinigung der kulturhistorisch<br />
bedeutenden Kunstwerke entwickelt. Dabei wurden repräsentativ ausgewählte<br />
Texte und Darstellungen in der Grabkammer von aufliegendem Ruß, Schmutz und<br />
sonstigen belastenden Substanzen gereinigt. Angewendet wurden sowohl konventionelle<br />
chemische und mechanische Techniken als auch die besonders schonende<br />
moderne Laserreinigung. Der Einsatz von Lasertechnik wurde von der ägyptischen<br />
Antikenverwaltung erstmals genehmigt und ermöglichte es den Restauratorinnen, mit<br />
modernster Technologie Pionierarbeit im Bereich der Wiederlesbarmachung altägyptischer<br />
Darstellungen zu leisten. Mit der Dokumentation des Bestandes und Zustandes<br />
sowie der Entwicklung grundsätzlicher Methoden konnte eine wichtige Basis für<br />
die vollständige Dechiffrierung der bedeutenden und kaum mehr lesbaren Darstellungen<br />
aus der Grabkammer geschaffen werden.<br />
74