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Das Streben nach Konsistenz im Entscheidungsprozess

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THEORETISCHER TEIL 62<br />

Wichtige Erkenntnisse wurden durch frühe Arbeiten gewonnen, in denen bedeutsame<br />

Funktionen systematischer prädezisionaler Informationsumwertungen für den <strong>Entscheidungsprozess</strong><br />

<strong>nach</strong>gewiesen werden konnten. Mann, Janis und Chaplin (1969) zeigten z.B.,<br />

dass Reevaluationen dem Beenden des prädezisionalen Konflikts dienen, wenn keine<br />

weiteren Informationen mehr die Entscheidung beeinflussen können. Des Weiteren können<br />

sie dem Gewinnen von Sicherheit dienen, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden<br />

müssen (O'Neal, 1971). In der Folge wurden prädezisionale Informationsverzerrungen eher<br />

als zentraler und natürlicher Bestandteil des <strong>Entscheidungsprozess</strong>es interpretiert:<br />

“Coherence shifts (…) are the natural consequence of the normal mechanisms of cognitive<br />

processing” (S<strong>im</strong>on, 2004, S. 545 f.). Zu dieser Interpretation haben u.a. Befunde<br />

beigetragen, <strong>nach</strong> denen eine a priori vorliegende Präferenz bzw. Hypothese nicht nötig für<br />

das Auftreten der systematischen Umwertungen ist (Russo, Medvec & Meloy, 1996; S<strong>im</strong>on,<br />

Krawczyk et al., 2004). Dies erlaubt zudem eine deutliche Abgrenzung zu Phänomenen wie<br />

dem confirmation bias (Nickerson, 1998). In weiteren Studien konnte belegt werden, dass<br />

Informationen selbst dann verzerrt werden, wenn keine Entscheidung getroffen werden<br />

musste (z.B. Russo, Meloy & Medvec, 1998; S<strong>im</strong>on et al., 2001). Damit lässt sich<br />

festhalten, dass ein <strong>Streben</strong> <strong>nach</strong> <strong>Konsistenz</strong> besteht, das bereits durch die Konfrontation mit<br />

einer Entscheidungssituation aktiviert wird: “the pressure to achieve coherence guides the<br />

decision-making process itself” (Holyoak und S<strong>im</strong>on, 1999, S. 4). Die Vielzahl und Vielfalt<br />

an stützenden Befunden für prädezisionale Informationsverzerrung lässt sogar den Schluss<br />

zu, dass diese ein (nahezu) allgegenwärtiges Phänomen ist (Polman, 2010; Russo et al.,<br />

2008).<br />

Die prädezisionale Verzerrung von Informationen umfasst sowohl die selektive Informationssuche<br />

als auch die Reevaluation von Alternativen (Brownstein, 2003). Die<br />

reichhaltige Evidenz zu beiden Phänomenen veranlasst Brownstein zu folgender Schlussfolgerung:<br />

“Therefore, it is t<strong>im</strong>e to replace the debate over whether biased predecision<br />

processing occurs with a more constructive analysis over when and why it is most likely to<br />

occur” (S. 566). Brownstein selbst nennt – auf Basis seines Reviews – einige Moderatoren,<br />

die vor allem Charakteristika der Situation darstellen. Dem<strong>nach</strong> findet eine stärkere<br />

prädezisionale Informationsverzerrung statt, wenn (a) eine Entscheidung getroffen werden<br />

muss, (b) keine Erwartung besteht, diese Entscheidung zu rechtfertigen, (c) die Alternativen<br />

ähnlich attraktiv sind, (d) ein Kompromiss (trade-off) zwischen Attributen zu finden ist, (e)<br />

mehr als zwei Alternativen zur Wahl stehen, (f) der <strong>Entscheidungsprozess</strong> vorangeschritten

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