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Das Streben nach Konsistenz im Entscheidungsprozess

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THEORETISCHER TEIL 68<br />

processing” (S. 902). Gestützt wird diese Interpretation zum einen durch Befunde, <strong>nach</strong><br />

denen keine bestehende Präferenz nötig ist, um eine Reevaluation zu beobachten (Russo et<br />

al., 1996; S<strong>im</strong>on, Krawczyk et al., 2004), und zum anderen durch das Ergebnis, dass bereits<br />

bei der Beurteilung einer einzigen Option Informationsverzerrungen auftreten (Bond et al.,<br />

2007). Somit scheint die durch die Reevaluation erzielte Steigerung von <strong>Konsistenz</strong> nicht<br />

nur eine natürliche Folge des <strong>Entscheidungsprozess</strong>es, sondern allgemein der Informationsverarbeitung<br />

zu sein. Zu ergänzen ist, dass die Reevaluationen unbewusst stattfinden (z.B.<br />

Holyoak und S<strong>im</strong>on, 1999; Russo et al., 2006; Russo et al., 2000).<br />

Doch wie generalisierbar sind diese Befunde? Die Tatsache, dass die prädezisionale<br />

Reevaluation von Informationen für verschiedene Entscheidungsaufgaben <strong>nach</strong>gewiesen<br />

werden konnte, spricht für die allgemeine Gültigkeit dieses Phänomens. Den Nachweis für<br />

Präferenzentscheidungen erbrachten insbesondere Russo und seine Kollegen (Meloy, 2000;<br />

Meloy und Russo, 2004; Russo et al., 2006; Russo et al., 2008; Russo et al., 1996; Russo<br />

et al., 1998; Russo et al., 2000), doch auch S<strong>im</strong>on und Kollegen (S<strong>im</strong>on et al., 2008;<br />

S<strong>im</strong>on, Krawczyk et al., 2004) sowie – unter weitestgehender Verwendung des typischen<br />

Forschungsparadigmas der Gruppe um Russo – Polman (2010). Betsch (2005b) macht auf<br />

das Auftreten von Informationsverzerrungen in Routineentscheidungen aufmerksam. Bei<br />

einer starken Routine können Informationen, die der Wahl dieser Routine widersprechen,<br />

abgewertet werden. Wie Betsch ausführt, wird dieser Effekt durch Zeitdruck verstärkt, und<br />

benennt damit eine weitere zu berücksichtigende Moderatorvariable. Eine Domäne, in der<br />

eigentlich möglichst objektive Entscheidungen erwartet werden, diente besonders häufig als<br />

Untersuchungsgegenstand: rechtliche Entscheidungen. Es konnte überzeugende Evidenz<br />

erbracht werden, dass Informationen in Richtung des später getroffenen Urteils verzerrt<br />

werden, und zwar sowohl hinsichtlich der Gewichtung (Pennington und Hastie, 1988) als<br />

auch hinsichtlich der inhaltlichen Interpretation (Carlson und Russo, 2001; Holyoak und<br />

S<strong>im</strong>on, 1999; Hope, Memon & McGeorge, 2004; S<strong>im</strong>on et al., 2001; S<strong>im</strong>on, Snow et al.,<br />

2004). Für den medizinischen Anwendungskontext wiesen Kostopoulou, Mousoulis und<br />

Delaney (2009) in einer Studie mit Experten Informationsverzerrungen <strong>nach</strong>. Je <strong>nach</strong> dem,<br />

welche Diagnose die Ärzte stellten, wurden die Informationen unterschiedlich gesucht und<br />

interpretiert. Bond et al. (2007) sowie DeKay, Patiño-Echeverri und Fischbeck (2009)<br />

konnten zeigen, dass selbst eindeutige Wahrscheinlichkeitsinformationen <strong>im</strong> <strong>Entscheidungsprozess</strong><br />

systematisch verzerrt werden. Wie DeKay et al. (2009) herausstellen, konnte damit<br />

zugleich der wichtige Nachweis erbracht werden, dass Ambiguität für das Auftreten von

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