Die Craniosacrale Osteopathie in der Sterbebegleitung

Die Atmung war schon sehr flach und erschwert. Ihr Blick war nicht mehr fokussiert und sehr
weit entfernt. Die noch gebundenen Kräfte zu lösen glich einer steilen Bergwanderung, wenn
in den letzten Metern die Luft dünn wird und die Kräfte schwach werden und wenn man froh
ist, wenn der Gipfel erreicht ist. Jeder Schritt ist anstrengend aber nicht quälend. Die Frau
stöhnte bei jedem Atemzug leicht und die schwere körperliche Anstrengung war spürbar.
Ich sagte der Sterbenden, dass ich da sei, bis die Familie komme. Ich bestätigte ihr, dass ich
spüre, dass es im Moment sehr streng sei und dass ich einfach hier sei. Wir hatten über die
Fingerspitzen einen leichten Kontakt. Da sagte sie „Jetzt“. Ich nahm sehr viel Licht um sie
herum wahr. Einzig die Bewegung über dem Herzen hielt an und mir war, als sei das das
Warten, das ich da erführe, das Warten bis ihre Familie sie verabschiede.
Ich bat um nichts mehr und alles Wollen und Handeln trat in den Hintergrund. Ich war nur in
freier Aufmerksamkeit da und spürte die sich lösenden Kräfte, beobachte, begleitete und
akzeptierte, dass es einfach gut ist, genauso wie es ist. Eine tiefe Zuversicht erfüllte mich im
Wissen, dass es so richtig sei, wie es war und sein würde. Ich war frei verbunden und die
Tiefe dieses Augenblicks, dieser Zuversicht und Sicherheit war heilig.
Kurz darauf kam die Familie. Sobald der Sohn die Mutter geküsst und ihr gesagt hatte:
“Mama ich bin da“ löste sich die Atmung weiter aus dem Körper und wurde freier und zog
sich noch mehr aus ihrem Körper zurück. Ich verabschiedete mich von der Familie und der
Frau und ging in Zuversicht nach Hause. Dort setzte ich mich hin und spürte, dass ich nichts
tun musste und dass alles gut war. Alles war auf dem Weg und im Frieden geborgen.
Eine halbe Stunde später konnte die Frau die restlichen bindenden Kräfte lösen und ihr Leben
hier beenden.
Das Erlebte zeigte mir, dass das achtsame, nicht handelnde, frei beobachtende Prinzip der
Aufmerksamkeit dem Frieden, der übergeordneten Liebe und Verbundenheit in das „grosse
Ganze“ Raum verschafft und diesen Raum gleichzeitig transzendiert.
5. Weiterführende Gedanken und Erkenntnisse
Diese drei Beispiele sind ein Ausschnitt aus vielen Schnittstellen, die ich immer wieder erlebt
und erfahren habe. Ich könnte noch viele solcher Beispiele anführen, doch ich glaube, dies ist
nicht nötig.
In diesen drei Beispielen versuchte ich aus den drei Ebenen „Körper, Geist, Seele“ die
Möglichkeit von craniosacraler Unterstützung zu beschreiben. Wie stark diese drei Ebenen
verbunden sind und wie sie sich auch gegenseitig beeinflussen können und sich letztlich als
eine Einheit äussern, versetzt mich immer wieder in Staunen.
Die einfache und schnelle Hilfe im ersten Beispiel, durch das Loslassen können von störenden
Winden im Darm, ist nicht der erste Gedanke in der Sterbebegleitung, wenn jemand sehr
unruhig ist. Durch die Erleichterung auf körperlicher Ebene wurde eine ruhige Nacht möglich.
Und letztendlich konnte diese Ruhe sich in den letzten Tag hinein ausdehnen.
Die Einfachheit der craniosacralen Diagnostik mit den Händen, die sich sanft mit dem Körper
verbinden, hat gerade in der Sterbebegleitung eine bestechende Qualität. Das Listening, das
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