Die Craniosacrale Osteopathie in der Sterbebegleitung

Horchen mit den Händen in freier Aufmerksamkeit, gab mir in unruhigen Sterbephasen häufig
einen Hinweis, wo meine Aufmerksamkeit jetzt gerade nötig ist. Es war oft auch erstaunlich,
mit wie wenig strukturellen Impulsen eine tiefe Wirkung erfahrbar wurde. Dies zeigt auch,
dass eine Berührung ganzheitlich umfassend sein kann, auch wenn in erster Linie eine
Struktur in ihren mechanischen Aspekten angesprochen wird.
Der geistige Aspekt im zweiten Beispiel wurde als Stillpoint im Gespräch erfahrbar. Ich
arbeitete ohne Körperkontakt und erhielt über das Gespräch und den daraus resultierenden
Bewegungen Kontakt in das System und konnte dieses in freier Aufmerksamkeit begleiten.
Die Wirkung des Stillpoints und das Finden eines inneren Kontaktes in der gegebenen
Sterbesituation waren wirklich hilfreich.
Als der Mann sich innerlich zurücklehnen und im gefundenen inneren Kontakt in den
Austausch treten konnte, stellte sich ein Stillpoint ein, der bis in den Raum hinein erfahrbar
wurde. Die geistige Unruhe, die sich im körperlichen Bereich ebenso äusserte, konnte im
Finden einer Ressource innerhalb des Gesprächs zur Ruhe kommen. Als die Gedanken sich
selbst zu beobachten anfingen, kam auch der Körper zur Ruhe. Innerhalb der CSO sind die
freie Aufmerksamkeit und das Beobachten der Prozesse aus einer wertfreien Warte wichtige
Stützpfeiler. Dieses Prinzip konnte sich in diesem Gespräch frei entfalten und hatte im
Sterbeprozess, wie mir schien, eine klärende Wirkung.
Ich machte immer wieder die Erfahrung, dass es nicht immer den Kontakt mit den Händen
braucht, um mit dem System eines anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Es gibt immer
wieder Situationen in der Sterbebegleitung wo ein körperlicher Kontakt sogar unpassend
wäre. Es gibt Menschen, die Begleitung sehr schätzen und auch wünschen, jedoch keinen
Körperkontakt. Oder es muss sich zuerst eine Beziehung aufbauen, bis eine Berührung
willkommen ist.
Wenn die Berührung mit einer einfachen Handlung, wie etwa einer Hilfestellung beim
Trinken oder dem Abwischen der Stirne mit einem feuchten Tuch usw. zusammengeht, ist es
einfacher die Berührung und Nähe zu einer doch recht fremden Person zuzulassen. Dies kann
dann oft der Einstieg in einen körperlichen Kontakt darstellen. Jemand darauf plötzlich die
Hand ergreift, die Hilfe anbietet, und nicht nur die still angebotene Präsenz annimmt. Ist diese
Form des Kontaktes möglich, ist es einfacher bei heftigen Schmerzen zu unterstützen. Der
sanfte Handkontakt über einer schmerzenden Körperpartie kann sehr oft Erleichterung im
Schmerz sein.
Wenn ich mich in einer Situation befinde, dass, wie gesagt noch keine physische
Kontaktaufnahme stattfinden konnte und der Sterbende in einer schwierigen Phase ist, suche
ich gerne zuerst meine eigene primäre Mittellinie auf. Manchmal gelingt es mir besser in
meinen dritten Ventrikel zu gelangen und dann über die Funktionsachse der Tide sehr frei und
achtsam zu werden. Über diesen guten Kontakt in mein craniosacrales System und meine
Rhythmen, kann ich in freier Achtsamkeit und Aufmerksamkeit Kontakt in die Mittellinie des
Sterbenden finden.
Ich versuche innerlich alles loszulassen, die Gedanken, mein Wissen, das Müssen und
versuche mich sein-zu-lassen und ich im Neutral, ohne zu planen und zu wollen meinen
Horchposten beziehe. Wenn ich der Gegenwart in dieser Offenheit gewahr werde, kann ich,
wenn es für den Sterbenden wirklich wichtig ist, Kontakt zu seinem System bekommen. Ich
sage mir in diesem Moment in meinem Herzen, dass nur das geschehen soll, was jetzt wichtig
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