Die Craniosacrale Osteopathie in der Sterbebegleitung

und hilfreich ist, nicht aus meiner Warte heraus, sondern aus der des Sterbenden. Es ist ein
stilles Angebot, das ich mache und ich warte dann, ob es angenommen werden möchte.
Auch habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass es manchmal eine leichte Unruhe im
Sterbenden auslösen kann, wenn ich sehr schnell in diesen Modus finde. Dann ist meine freie
Aufmerksamkeit zu schnell an das energetische Prinzip des Sterbenden heran getreten. Tritt
dies ein, nehme ich wieder Kontakt mit meinen Gedanken auf und beobachte diese eine Weile
lang. Wenn es dann Zeit ist Kontakt in die Mittellinie des Sterbenden zu bekommen,
geschieht dies einfach und stellt sich ohne Unruhe ein. Dann werde ich über die Mittellinie
des Sterbenden meist an den Ort getragen, der Kontakt braucht.
So konnte ich schon oft beobachten, dass in dieser Form des Kontaktes, jemand konkrete
körperliche Unterstützung erhalten hat, ohne dass ich mit meinen Händen im Kontakt mit der
Person war. Dass beispielsweise die Schmerzen weniger wurden, die Atmung freier oder der
Schlaf sich in der Nacht vertiefen konnte. Das alleinige Beobachten der Mittellinie des
Sterbenden, als Unterstützung schon genug war. Vor allem wenn jemand sehr oberflächlich
schläft und ruht könnte eine direkte Berührung mit den Händen wecken. So konnte es
gelingen, dass eine unruhige Schlafphase überbrückt werden konnte.
Weil Sterbende in jeder Hinsicht sehr viel Kraft brauchen ist der Wert eines guten Schlafes
für den Sterbeprozess sehr wichtig. Der Schlaf ist eine wichtige Ressource. Einige Stunden
erholsamen Schlaf unterstützen den Sterbeprozess in jedem Fall.
Gleichzeitig ist die freie Aufmerksamkeit oder das Neutral auch meine eigene und auch
wichtigste Ressource innerhalb der Sterbebegleitung. Die wertfreie Achtsamkeit und das
Beobachten der eigenen Gedanken lassen immer mehr Lücken in den eigenen Gedanken
entstehen. Diese inneren Gedankenlücken lassen meinen inneren Modus auf „frei und doch
verbunden“ schalten. Das Wollen und Planen tritt in den Hintergrund. Das gibt mir leichter
Zugang zu meinem mitfühlendem Herzen und einer befreienden Wertfreiheit. An diesem Ort
wird meine Wahrnehmung klarer und leichter. Ich werde zur Beobachterin der Situation. Das
freie Beobachten lässt mich leichter begleiten. Die darin gefundene Freiheit und das freie
Begleiten sind in der Sterbebegleitung der Weg und gleichzeitig das Ziel.
Das Begleiten des seelischen Aspekts ergibt sich aus den vorhergehenden Beispielen.
Wie schon beschrieben sind die freie Aufmerksamkeit und der Zugang zum beobachtenden
Selbst Voraussetzung, um weg vom handelnden Prinzip in eine achtsame und freie
Aufmerksamkeit für den Sterbenden zu kommen. Durch die Verfeinerung der Wahrnehmung
für die sich ereignende Gegenwart kann die Situation mit dem mitfühlenden Herzen begleitet
werden.
Es folgt der Augenblick im Sterbeprozess, in dem alle Hoffnung für ein verlängertes Leben
hier auf Erden nur noch einem nicht mehr hörbaren Echo gleicht. Es erscheint mir dann, wie
wenn der ganze Weg, der Schmerz, der Kampf, das Loslassen, die Trauer, sowie auch das
erlebte Glück, wie wenn alle vorangegangen Prozesse nur noch wie das Rauschen des
Urknalls wahrnehmbar sind. Auch jeder Gedanke an eine Hoffnung für ein irdisches
Weitergehen sich als störend erweist. Die grösste Kraft liegt dann in der Akzeptanz des
Loslassens sowohl beim Sterbenden als auch bei der Begleitperson und vor allem auch bei der
Begleitperson. An diesem Punkt sind kein Wollen und kein Handeln mehr nötig. Das einfache
Sein reicht aus. Diese Übergabe aller Kräfte zurück zum Ursprung und das Geschehen lassen
dieses Prozesses werden zur Ressource und es breitet sich eine tiefe Kraft und Stille aus, die
kaum mit Worten zu beschreiben ist. Ich kann nur sagen, dass diese Stille mit Zuversicht und
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