Die Craniosacrale Osteopathie in der Sterbebegleitung

Seit dreissig Jahren bin ich Pflegefachfrau. Vor zwanzig Jahren habe ich mich als
Operationsfachfrau weitergebildet und fast zehn Jahre im operativen und invasiven Bereich
Erfahrungen gesammelt. In allen Bereichen wurde ich immer wieder aus verschiedensten
Perspektiven mit dem Thema des Abschieds, des Loslassens, des Sterbens und des Todes
konfrontiert. Auch in meinem privaten Umfeld erlebte ich intensive Zeiten, in denen geliebte
Angehörige sich in langer Krankheit vom Hier und Jetzt lösen mussten.
Die kleinen und die grossen Tode, die Menschen auf dem Weg aus einer Krankheit oder auf
dem Weg in den endgültigen Abschied sterben, sind so vielfältig wie das Leben selbst. Dies
gilt auch für die eigenen Prozesse, die man als Sterbebegleiterin in der Begleitung eines
sterbenden Menschen durchlebt. Ganz zu schweigen davon, was es heisst einen lieben
Menschen zu verabschieden, den man nicht mehr aus einer professionellen Warte begleitet,
sondern mitgeht und loslassen muss als Tochter oder Freundin.
Sterben berührt – immer – und kann nicht einfach ad acta gelegt werden, wie ein
abgeschlossener Fall, denn die Erfahrungen, die man auf dem gemeinsamen Weg des
Abschieds macht, verändern einen selber, ob man will oder nicht. Im Sterbeprozess werden
Lebenskräfte frei denen gegenüber man sich nicht verschliessen kann, denn das Leben selbst
berührt einen mit ungebremster Kraft. Wie viel Leben im Sterben ist, erfährt der, der sich dem
Sterben stellt.
Vor fünf Jahren entschloss ich mich für die Weiterbildung zur Craniosacraltherapeutin.
In der Craniosacralen Osteopathie (CSO), auch als Craniosacral Therapie bekannt, wird über
feine und feinste Berührung in struktureller und dynamischer Arbeit dem Körper, schlicht
dem ganzen „System Mensch“, ein oder mehrere Impulse angeboten, um die Selbstregulation
erneut oder vertieft zu ermöglichen. Voraussetzung für diese Arbeit ist ein fundiertes
anatomisches und physiologisches sowie pathophysiologisches Wissen. Medizinische und
anatomische Kenntnisse und dementsprechende Erfahrungen sind sehr von Vorteil. Aus
meinem Werdegang heraus passten die beiden Profile bestens zu einander.
Die CSO kümmert sich in vielen Bereichen therapeutisch um die Verbesserung von
Lebenssituationen. Das Wirkungsgebiet der CSO kann im therapeutischen Rahmen für
vielfältige körperliche Beschwerden eingesetzt werden bis hin zur Begleitung und
Unterstützung von Burn-out Situationen, Depressionen, oder anders formuliert psychischen
und seelischen Stresssituationen. Patienten mit einem schweren psychiatrischen
Krankheitsbild bilden eine Ausnahme. Ob bei psychiatrischen Krankheiten die CSO sinnvoll
ist anzuwenden, liegt in der Entscheidung des behandelnden Arztes.
Die Craniosacrale Osteopathie basiert auf der umfassenden Sichtweise des Menschen, in der
Körper, Geist und Seele als eine Einheit betrachtet und behandelt werden. Das therapeutische
Konzept beruht auf der Idee, diejenige Struktur anzusprechen, die im Augenblick für eine
Lösungs- und/oder Entwicklungsarbeit bereit ist. Die Impulse sind ressourcenorientiert und
die Wirkung kann sich aus diesem Aspekt heraus in alle Schichten ausbreiten.
Sterbeprozesse werden in der Craniosacralen Therapie im weitesten Sinne begleitet, wenn
Klienten innerhalb ihrer seelischen und psychischen Aspekte bewusst Begleitung suchen.
Sterbeprozesse im Sinne von Veränderung und Loslassen im Lebensprozess, können mit
craniosacraler Arbeit gut reflektiert und aufgearbeitet werden, weil der Mensch umfassend
unterstützt und begleitet wird. Natürlich können solche Prozesse innerhalb des
therapeutischen Geschehens auch selbständig in Gang kommen, ohne dass explizit danach
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