Albvereinsblatt_2011-03.pdf
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Ausschlägen usw., aber auch bei Rheumatismus, Gicht,<br />
Krämpfen und als Abführmittel benützt. Waschungen mit<br />
der Wurzelabkochung gelten seit altersher als ein Haarwuchsmittel,<br />
ebenso das mit Olivenöl aus den Wurzeln ausgezogene<br />
Klettenwurzelöl und der mit Alkohol ausgezogene<br />
Klettenwurzelspiritus. Jung wurden die Wurzeln wie auch<br />
die jungen Triebe gegessen. In der Tierheilkunde diente die<br />
Wurzelabkochung gegen Räude, Haarausfall und Hautjucken.<br />
Der schwäbische Volksmund unterscheidet die verschiedenen<br />
Klettenarten nicht und bezeichnet sie alle als »Glufenstock«.<br />
Glufen sind Stecknadeln, mit denen man etwas zusammensteckt.<br />
Es wird hier eindeutig auf die widerhakigen<br />
Hüllblätter Bezug genommen, mit denen sich die Fruchtköpfe<br />
an Vorbeigehende anheften (ankletten), was heute<br />
beim Klettverschluss genau so geschieht. Stock wird nicht<br />
im Sinne eines Steckens, z. B. Spazierstock, sondern als Bezeichnung<br />
eine gesamte Pflanze verwendet, vgl. dazu »Blumenstock«<br />
oder »Stockhafen« für Blumentopf.<br />
Charakterbäume<br />
Von Dr. Hilde Nittinger<br />
Ulme von Tiefenhülen<br />
Der schöne Baum mit der ausladenden schirmförmigen<br />
Krone und den bogig hängenden Randästen ist eine Ulme,<br />
eine Bergulme. Von welcher Richtung auch immer man sich<br />
dem hoch auf der Ehinger Alb gelegenen Ort Tiefenhülen<br />
nähert, die architektonische Gestalt der Ulme bestimmt<br />
Ortsbild und Landschaftsraum! Glücklicherweise ist der<br />
Baum von der »Ulmenwelke«, einer zum Absterben führenden<br />
Pilzerkrankung, verschont worden. Der Stamm trägt<br />
ein kleines Kruzifix, das bei einem Blitzeinschlag vor über<br />
70 Jahren nicht zu Schaden kam, weil der Blitz, dessen überwallte<br />
Spur noch erkennbar ist, hinter ihm am Stamm niedergefahren<br />
ist. Die rund 150 Jahre alte Ulme wechselt im<br />
Jahreslauf mehrmals ihr Kleid und bleibt dennoch unverwechselbar.<br />
Von besonderer Schönheit ist sie im Mai, im<br />
lindgrünen Kleid ihrer büscheligen Flügelfrüchte. Viele Leute<br />
meinen, nun endlich blühe der Baum. Das hat er jedoch<br />
schon lange getan, unscheinbar und rötlich-braun im März,<br />
ein Frühblüher. Das Blattwerk ist an dem grünen Schmuck<br />
nicht beteiligt, es handelt sich allein um die geflügelten<br />
Nussfrüchtchen. Die grüne Flügelhaut hat allerdings die<br />
Funktion eines Laubblatts, denn sie ist zur Photosynthese<br />
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befähigt. Abgefallen treiben die Flügelfrüchte wie Blütenblätter<br />
in flauschigen Watten über den Boden. Jetzt folgt<br />
der Laubaustrieb. Die dunkelgrünen Blätter sind derb, beidseitig<br />
behaart und wirken etwas herzförmig, weil eine Hälfte<br />
der Blattspreite größer ist und höher am Stiel ansetzt.<br />
Am breitesten ist das Blatt der Spitze zu, die oft dreizipflig<br />
ausläuft. Auf der Alb heißt die Bergulme gelegentlich<br />
noch immer Steinlinde, denn sie hat in vielerlei Hinsicht<br />
einen lindenartigen Charakter, auch ihre Nutzung in der alten<br />
bäuerlichen Kultur entsprach der einer Linde. In allen<br />
Eigenschaften ist die Ulme aber rauer und härter als diese.<br />
Beson ders trifft das für ihr Holz zu, das beim Wagner<br />
Verwendung fand, während die Linde das schnitzfähige<br />
Heiligenholz hergab. Auch ins Volksbewusstsein ist die<br />
Steinlinde in Süddeutschland nie so recht gelangt im Gegensatz<br />
zur Linde. Das Holz der Ulme, ein geschätztes Furnier,<br />
heißt Rüster. Es ist das altdeutsche Wort, das früher<br />
den ganzen Baum meinte. Wild wächst die Bergulme am<br />
Hangfuß schattiger Albwälder. Sie wird im allgemeinen nur<br />
Ulme genannt, denn die beiden anderen Arten, Feldulme<br />
und Flatterulme, sind in Süddeutschland ausgesprochen<br />
selten. Standort: Am Sondernacher Weg in Tiefenhülen, einem Ortsteil<br />
von Ehingen-Frankenhofen.<br />
Dr. Hilde Nittinger