Albvereinsblatt_2011-03.pdf
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Wandern und<br />
nachhaltige Entwicklung<br />
Von Thomas Haigis<br />
Regelmäßiges Wandern gilt als gesund, fördert die Gemeinschaft<br />
– und soll sogar glücklich machen. Dieses innerhalb<br />
eines Wandervereins festzustellen, kommt einer<br />
Binsenweisheit gleich. Dass aber Wandern unter bestimmten<br />
Voraussetzungen im Sinne einer nachhaltigen<br />
Entwicklung außerdem eine vorbildliche Freizeit- und Erholungstätigkeit<br />
darstellt, ist bestimmt nicht allen Mitgliedern<br />
bewusst. Wie kommt es zu der Einschätzung?<br />
Seit den 1960er und 70er Jahren wird weltweit diskutiert,<br />
wie z. B. die Verknappung natürlicher Ressourcen, das Artensterben,<br />
der Klimawandel und die Ungleichheit zwischen<br />
den reichen Ländern des Nordens und den ärmeren<br />
Ländern des Südens ausgeglichen werden kann. Immer<br />
wieder fand man den Schlüssel zum (bis heute<br />
bescheidenen) Erfolg in der Bildung zur nachhaltigen Entwicklung.<br />
Dieses Leitbild beschreibt Lern- und Handlungsfelder,<br />
die zum ersten die Vereinbarkeit einer sozial<br />
gerechten und ausgeglichenen Entwicklung, einer zum zweiten<br />
effizienten und leistungsfähigen Wirtschaft als auch<br />
zum dritten einer ökologisch verträglichen Entwicklung<br />
Rechnung tragen sollen. Seit der UN-Konferenz von Rio de<br />
Janeiro 1992 und der Umsetzung in Agenda 21-Prozessen<br />
vor allem in Städten und Gemeinden (»global denken, lokal<br />
handeln«) ist das »Drei–Säulen-Modell« der Nachhaltigkeit<br />
in aller Munde. Die UN hat 2005 eine zehnjährige<br />
Bildungsoffensive gestartet, die genau diese Nachhaltigkeit<br />
zu einem öffentlichen Thema gemacht hat, und sich<br />
vorgenommen, dass diese in bestehende Bildungssysteme<br />
eingebracht werden soll.<br />
Das wesentliche Lernziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
ist eine Bewusstseinsbildung, die sich idealerweise<br />
in einem nachhaltigen Lebensstil jedes Einzelnen<br />
niederschlägt. Dabei wird vor allem vermittelt, dass ein<br />
nachhaltiger Lebensstil nicht von Verzicht geprägt ist, sondern<br />
durch »mehr Qualität vor Quantität« bestimmt wird.<br />
Konkrete Beispiele finden sich viele in unserem Alltag: die<br />
4<br />
Ein Beispiel für eine »nachhaltige Wanderung«: Die OGn Aspach<br />
und Weissach i. T. auf Exkursion zum Thema »Traditionsvereine<br />
erhalten die Kulturlandschaft“ in Filderstadt. Angereist wurde<br />
mit der S-Bahn, es folgte eine Wanderung durch Streuobstwiesen<br />
und Heideflächen zum Museumsobstgarten in Bonlanden mit<br />
Informationen über Streuobstförderung, Vorstellung herausragender<br />
Apfel- und Birnensorten, Artenschutz und Landschaftspflege<br />
(oben).<br />
Bevorzugung regionaler und saisonaler Lebensmittel statt<br />
Erdbeeren an Weihnachten; teurere aber bessere Industrie -<br />
produkte halten oft Jahre lang oder lassen sich auch reparieren,<br />
zertifizierte Kleidungsstücke sind langlebiger als<br />
beispielsweise 3 € T-Shirts aus Entwicklungsländern, die<br />
außerdem mit Kinderarbeit hergestellt wurden. Ähnliches<br />
gilt auch für Freizeit, Erholung und den Urlaub und somit<br />
auch für das Wandern.<br />
Mit der seit 2008 von der Heimat- und Wanderakademie<br />
angebotenen Ausbildung der zertifizierten Natur- und LandschaftsführerInnen<br />
(ZNL) kommt der Schwäbische Albverein<br />
dem oben beschriebenen Leitbild der Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung nahe. Die klassische Wanderführerausbildung<br />
wurde durch Module wie Grundkenntnisse in<br />
Kommunikation, Natur- und Erlebnispädagogik und Marketing<br />
ergänzt. Ein ganzer Ausbildungstag widmet sich der<br />
Natur- und Kulturlandschaft, deren Entstehung und Strategien<br />
des dauerhaften Erhalts. Zu den Lerninhalten zählen<br />
auch praxisnahe Grundsätze der Ökologie und der traditionellen<br />
Landwirtschaft, deren Intensivierung und den<br />
Folgen für die Kulturlandschaft sowie die Bedeutung der<br />
Artenvielfalt. An beispielhaften Lebensräumen wie der<br />
Streuobstwiese, der Wacholderheide und dem Wald wird<br />
das Prinzip »Schützen durch nützen« verständlich gemacht.<br />
Die Rolle der Konsumenten wird veranschaulicht und mit<br />
den Teilnehmenden diskutiert. Die weltweit unterschiedlichen<br />
Lebensstile kommen ebenso zur Sprache wie der