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"kollektiver Traumata" (Nr. 48) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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37<br />

Die zweite das Mandat betreffende Komponente ist die Zeitspanne, die von der Wahrheitskommission<br />

untersucht werden soll. Gerade hinsichtlich der Legitimität einer Wahrheitskommission<br />

ist von großer Bedeutung, ob alle <strong>für</strong> die Untersuchung relevanten Perioden im<br />

Arbeitsauftrag erfasst worden sind. Schließlich ist dieser Faktor ein Indikator da<strong>für</strong>, ob der<br />

politische Wille besteht, die Kriegsverbrechen aller beteiligten Parteien gleichermaßen zu<br />

untersuchen. Mandate können danach unterschieden werden, ob sie umfassend alle Phasen<br />

der Gewalt umschließen oder ob selektiv nur einzelne Phasen untersucht werden sollen.<br />

Eng damit zusammenhängend ist die dritte Komponente, die sich darauf bezieht, ob Teile<br />

des Landes oder bestimmte Regionen von den Untersuchungen ausgeschlossen sind. Obwohl<br />

in den in der Studie untersuchten Mandaten keine Regionen von den Untersuchungen<br />

ausgeschlossen worden waren, erwies es sich in der Realität der kriegsgebeutelten Gesellschaften<br />

teilweise als sehr schwierig, in abgelegene Gebiete vorzudringen. Zudem hinderten<br />

Sicherheitsdefizite die Mitarbeiter der Kommissionen daran, Untersuchungen im ganzen<br />

Land durchzuführen.<br />

Einer der wohl sensibelsten und nicht selten am schwierigsten auszuhandelnden Bereiche ist<br />

die Frage, inwiefern eine Wahrheitskommission juristische Befugnisse haben sollte. Nicht nur<br />

die Aushandlungsprozesse im Vorfeld der Einsetzung von Wahrheitskommissionen verhindern<br />

dies oftmals, sondern auch Bedenken, inwiefern die Kommissionen die Kapazitäten<br />

dazu haben, gerechte Verfahren zu garantieren. Mandate können hierbei danach unterschieden<br />

werden, ob sie eine Vorladungsbefugnis und andere Befugnisse haben und ob eine<br />

Zusammenarbeit mit dem nationalen Gerichtssystem vorgesehen ist. Beispielsweise hatte<br />

die argentinische Wahrheitskommission selbst keine juristischen Befugnisse, konnte aber die<br />

Beweisführung der Gerichte unterstützen. Demgegenüber wurden der südafrikanischen TRC<br />

mit der Möglichkeit, Amnestien auszusprechen, klare juristische Befugnisse in die Hand<br />

gegeben. Ein damit eng verbundenes Instrument stellt die Befugnis dar, die Identität der<br />

Täter zu veröffentlichen. In einem Mandat kann entweder explizit verlangt werden, Namen zu<br />

nennen oder zu verschweigen. Die Bekanntgabe der Täteridentität wird nicht selten als eine<br />

Art der moralischen Sanktionierung wahrgenommen, die eine große Bedeutung gerade dann<br />

hat, wenn angenommen wird, dass reguläre Gerichtsprozesse nicht stattfinden werden.<br />

Oftmals schrecken neue Regierungen jedoch davor zurück aus Angst, sie würden damit die<br />

Tore <strong>für</strong> neue Rache- und Gewaltspiralen öffnen. 118<br />

118 Václav Havel sieht die Gefahr, durch das Benennen der Täter Racheakte zu provozieren und damit<br />

erneut Rechtlosigkeit und Ungerechtigkeit hervorzurufen.<br />

Siehe hierzu: Michnik, A./Havel, V., Justice, 1993.

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