"kollektiver Traumata" (Nr. 48) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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Versprechungen gemacht worden sind, wurde im Rahmen der TRC keine nennenswerte<br />
psychologische Hilfe zur Verfügung gestellt. 169<br />
Da die Ergebnisse nur die Folgewirkungen der Arbeit der Wahrheitskommission in Südafrika<br />
zeigen, können sie zwar sicherlich nicht die allgemeinen Wirkungen von Wahrheitskommissionen<br />
auf Überlebende begründen. Jedoch bestätigen sie nicht die Wahrheitskommissionen<br />
oftmals unterstellte heilende Wirkung, die sich allein dadurch ergeben solle,<br />
dass den Opfern die Möglichkeit gegeben werde, ihre Wunden zu öffnen und traumatische<br />
Erlebnisse wieder zu erleben.<br />
3.3.2. Versöhnung statt Rache<br />
Wie in der Erläuterung der konzeptionellen Grundlagen dargestellt, variiert im Konzept von<br />
Wahrheitskommissionen teilweise beträchtlich, inwieweit die Zielvorstellung der Versöhnung<br />
hervorgehoben wird. Besonders in der Arbeit der Kommissionen Südafrikas und Sierra<br />
Leones wurden die Begriffe Wahrheit, Heilung, Versöhnung und Frieden konzeptionell in<br />
einen sehr engen Zusammenhang gebracht. Botschaften wie „Let’s tell the truth and join<br />
hands“, die im Rahmen der TRC Sierra Leones verwendet werden, illustrieren das der<br />
Kommission zu Grunde liegende Modell von Heilung und Versöhnung durch die Vergangenheitsbewältigungsstrategie<br />
des Truth-Telling. 170<br />
Auch während der Anhörungen der südafrikanischen Wahrheitskommission war auf großen<br />
Schildern hinter den Kommissionsmitgliedern der Schriftzug „Truth: The Road to<br />
Reconciliation“ zu lesen. Darüber hinaus fragte Erzbischof Tutu in den ersten Anhörungen<br />
einige der Opfer, ob sie nun, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hätten, zu Vergebung und<br />
Versöhnung bereit seien. 171 Auch <strong>für</strong> die Unterstützer des Apartheidsystems wurden<br />
Möglichkeiten geschaffen, etwas zur nationalen Versöhnung beizutragen. Für sie wurden<br />
Stellen errichtet, in denen sie sich in Listen eintragen und dadurch ihr Bedauern ausdrücken<br />
und beurkunden konnten, nichts gegen die Unterdrückung unternommen zu haben. Jedoch<br />
musste Tutu nach sechsmonatiger Arbeit der TRC in einer öffentlichen Bitte zu mehr Partizipation<br />
der Weißen am Versöhnungsprozess auffordern. 172<br />
Um eine Antwort auf die Fragestellung vorliegender Arbeit zu finden, wird nun aus einer<br />
psychologischen Perspektive heraus das Modell von Truth-Telling und Versöhnung bewertet.<br />
Für die Psychologin Gobodo-Madikizela haben Hassgefühle zwar auf der einen Seite <strong>für</strong><br />
Angehörige oftmals die Funktion, die letzte Verbindung zu dem Verstorbenen zu sein,<br />
andererseits entwickelten sie jedoch manchmal ein Eigenleben und können so gewaltige<br />
169 Vgl. Merk, U., Reconciliation, 1998, S. 15.<br />
170 Shaw, R., Truth, 2005.<br />
171 Hayner, P. B., Truths, 2001, S. 156.<br />
172 Vgl. Minow, M., Vengeance, 1998, S. 74.