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"kollektiver Traumata" (Nr. 48) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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51<br />

Versprechungen gemacht worden sind, wurde im Rahmen der TRC keine nennenswerte<br />

psychologische Hilfe zur Verfügung gestellt. 169<br />

Da die Ergebnisse nur die Folgewirkungen der Arbeit der Wahrheitskommission in Südafrika<br />

zeigen, können sie zwar sicherlich nicht die allgemeinen Wirkungen von Wahrheitskommissionen<br />

auf Überlebende begründen. Jedoch bestätigen sie nicht die Wahrheitskommissionen<br />

oftmals unterstellte heilende Wirkung, die sich allein dadurch ergeben solle,<br />

dass den Opfern die Möglichkeit gegeben werde, ihre Wunden zu öffnen und traumatische<br />

Erlebnisse wieder zu erleben.<br />

3.3.2. Versöhnung statt Rache<br />

Wie in der Erläuterung der konzeptionellen Grundlagen dargestellt, variiert im Konzept von<br />

Wahrheitskommissionen teilweise beträchtlich, inwieweit die Zielvorstellung der Versöhnung<br />

hervorgehoben wird. Besonders in der Arbeit der Kommissionen Südafrikas und Sierra<br />

Leones wurden die Begriffe Wahrheit, Heilung, Versöhnung und Frieden konzeptionell in<br />

einen sehr engen Zusammenhang gebracht. Botschaften wie „Let’s tell the truth and join<br />

hands“, die im Rahmen der TRC Sierra Leones verwendet werden, illustrieren das der<br />

Kommission zu Grunde liegende Modell von Heilung und Versöhnung durch die Vergangenheitsbewältigungsstrategie<br />

des Truth-Telling. 170<br />

Auch während der Anhörungen der südafrikanischen Wahrheitskommission war auf großen<br />

Schildern hinter den Kommissionsmitgliedern der Schriftzug „Truth: The Road to<br />

Reconciliation“ zu lesen. Darüber hinaus fragte Erzbischof Tutu in den ersten Anhörungen<br />

einige der Opfer, ob sie nun, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hätten, zu Vergebung und<br />

Versöhnung bereit seien. 171 Auch <strong>für</strong> die Unterstützer des Apartheidsystems wurden<br />

Möglichkeiten geschaffen, etwas zur nationalen Versöhnung beizutragen. Für sie wurden<br />

Stellen errichtet, in denen sie sich in Listen eintragen und dadurch ihr Bedauern ausdrücken<br />

und beurkunden konnten, nichts gegen die Unterdrückung unternommen zu haben. Jedoch<br />

musste Tutu nach sechsmonatiger Arbeit der TRC in einer öffentlichen Bitte zu mehr Partizipation<br />

der Weißen am Versöhnungsprozess auffordern. 172<br />

Um eine Antwort auf die Fragestellung vorliegender Arbeit zu finden, wird nun aus einer<br />

psychologischen Perspektive heraus das Modell von Truth-Telling und Versöhnung bewertet.<br />

Für die Psychologin Gobodo-Madikizela haben Hassgefühle zwar auf der einen Seite <strong>für</strong><br />

Angehörige oftmals die Funktion, die letzte Verbindung zu dem Verstorbenen zu sein,<br />

andererseits entwickelten sie jedoch manchmal ein Eigenleben und können so gewaltige<br />

169 Vgl. Merk, U., Reconciliation, 1998, S. 15.<br />

170 Shaw, R., Truth, 2005.<br />

171 Hayner, P. B., Truths, 2001, S. 156.<br />

172 Vgl. Minow, M., Vengeance, 1998, S. 74.

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