Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
.<br />
Steve<br />
$%&'( )%*&++%,)( -%)( *%*%'./)0(<br />
-)%10( -,'$2%)%( 3&2!%4( +%&'( 01%!/5(<br />
*%36'*'&++%( /22%)( /)0( ,'-( -&%( 7,/2%'8(<br />
-&%( !%'+91%'( -/)&'( %)2%&-%'4( +%&'(<br />
*)/'-&:+%)( '%,%)( 3&2!( %);6120( %&'(<br />
$/?@<br />
!it seinen 43 Jahren hat Steve McQueen<br />
eine erstaunliche Karriere hinter sich.<br />
Ehe er Filmregisseur wurde, war er bildender<br />
Künstler, so erfolgreich, dass er 1999 mit dem Turner<br />
Prize ausgezeichnet wurde, und so bereit dazu, sich auf<br />
Wagnisse einzulassen, dass er sich 2003 vom Imperial<br />
War Museum zum offi ziellen Kriegskünstler für den Irakkrieg<br />
ernennen ließ. Gleich sein erster Spielfilm wurde<br />
2008 zum Welterfolg: Hunger mit Michael Fassbender in<br />
der Hauptrolle erzählte davon, wie sich Anfang der<br />
80er-Jahre der IRA-Häftling Bobby Sands in seiner Belfaster<br />
Hochsicherheitszelle zu Tode hungerte. Es ist ein mit<br />
sehr leisen Mitteln operierender und beklemmend erbarmungsloser<br />
Film: Anderthalb Stunden lang sieht<br />
man einem Menschen beim selbst gewählten Sterben zu.<br />
McQueens zweiter Film Shame, erneut mit Michael<br />
Fassbender, handelt von einem sexsüchtigen New Yorker<br />
Geschäftsmann – und ist ebenso schwer erträglich,<br />
weil die sexuelle Freizügigkeit, die er seziert, nur eine<br />
weitere Form der Unfreiheit ist.<br />
Auch McQueens dritter Spielfilm, Ende August<br />
uraufgeführt und Gewinner des diesjährigen Filmfestivals<br />
von Toronto, wurde von der Kritik mit einhelliger<br />
Begeisterung aufgenommen. 12 Years a Slave ist die Verfilmung<br />
der Memoiren Solomon Northups, eines<br />
schwarzen Zimmermanns und Musikers, der 1841 in<br />
seinem Heimatstaat New York entführt und an Plantagenbesitzer<br />
aus Louisiana verkauft wurde. Erst nach<br />
zwölf Jahren gelang es Northup, sich aus seiner Sklaverei<br />
zu befreien. McQueens Verfilmung dieses Berichts aus<br />
dem dunkelsten Kapitel der US-amerikanischen Geschichte<br />
ist oft so schockierend und so unversöhnlich<br />
wahrhaftig, dass Zuschauer traumatisiert den Kinosaal<br />
verlassen. Sowohl der von Brad Pitt koproduzierte Film<br />
als auch McQueen und sein Hauptdarsteller Chiwetel<br />
Ejiofor gelten als aussichtsreiche Oscar-Kandidaten.<br />
Für "<strong>Interview</strong># sprach der Filmkritiker Elvis Mitchell<br />
mit dem britischen Regisseur.<br />
ELVIS MITCHELL: Wie sind Sie auf die Erinnerungen<br />
Solomon Northups gestoßen?<br />
STEVE MCQUEEN: Ich hatte schon länger den Wunsch,<br />
einen Film über Sklaverei zu machen, auch die Idee, über<br />
einen Schwarzen zu erzählen, der in die Sklaverei<br />
verschleppt wird. Aber ich wusste nicht, wie sich so etwas<br />
tatsächlich abgespielt hat. Als ich meiner Frau davon erzählte,<br />
fragte sie: Warum hältst du dich nicht einfach an<br />
einen historisch verbürgten Fall? Also begannen wir zu<br />
recherchieren. Und dann entdeckte sie dieses Buch:<br />
Solomon Northup, 12 Years a Slave. Als ich es las, war<br />
ich fertig. Auch, weil ich nie etwas von ihm gehört hatte.<br />
Es war, als hätte ich das Tagebuch der Anne Frank in<br />
die Hände bekommen.<br />
MITCHELL: Warum war es Ihnen wichtig, einen Film über<br />
die Sklaverei zu drehen?<br />
MCQUEEN: Sklaverei gehört zur Geschichte. Also liegt es<br />
nahe, dass es Filme über sie gibt, so wie es auch Filme über<br />
den Zweiten Weltkrieg oder über den Holocaust gibt.<br />
Das Interessante ist: Es gibt zwar jede Menge Western-,<br />
Kriegs-, Gangster- und Sexfilme, aber kaum welche<br />
über Sklaverei. Wie ist so etwas bloß möglich? Ich habe<br />
darauf keine Antwort.<br />
MITCHELL: Haben Sie sich vor Drehbeginn denn die Filme<br />
angesehen, die es gibt?<br />
MCQUEEN: Nein, aber das liegt daran, dass ich mir auch<br />
sonst nicht sehr viele Filme ansehe. Mir geht es darum,<br />
mich in mein Inneres zu begeben und aus ihm die Bilder zu<br />
holen, die dort sind, um aus ihnen eine Erzählung zusammenzusetzen.<br />
Es hilft mir nicht, wie andere das Thema<br />
angegangen sind.<br />
MITCHELL: Es hat mich erstaunt, wie viele Details aus dem<br />
Buch in Ihrem Film auftauchen.<br />
MCQUEEN: Das liegt daran, dass das Buch selbst sehr visuell,<br />
fast schon ein Drehbuch ist. Man kann viele Schilderungen<br />
einfach übernehmen. Natürlich geht so etwas nicht<br />
linear. Ein Film muss seinen eigenen Rhythmus und<br />
seine eigene Konstruktion fi nden. Übrigens gehörte auch<br />
Steve McQueen: Der<br />
1969 in London geborene<br />
und in Amsterdam<br />
lebende Filmregisseur<br />
und Künstler hat den<br />
Turner Prize und in<br />
Cannes eine Caméra<br />
d’Or gewonnen und gilt<br />
als Oscar-Kandidat<br />
PHOTOGRAPHY Sebastian<br />
Kim / Jed Root<br />
GROOMING Laura Stiassni<br />
using Dior Homme