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Julia von Boehm ¸ ber Gero<br />
Drei Generationen<br />
in Südfrankreich,<br />
dem neuen<br />
temporären<br />
Lebensmittelpunkt<br />
der Familie<br />
!ine der ersten Erinnerungen an<br />
meinen Vater ist, dass er in unserem<br />
Haus in Südfrankreich ganz laut<br />
Tina Turner gehört hat. Heute wird mir klar,<br />
wie jung er damals gewesen sein muss, denn<br />
inzwischen bin ich ja selbst schon aus dem<br />
Alter raus, wo ich so laut Musik hören mag.<br />
Dann erinnere ich mich noch daran, wie er<br />
uns mit Sonnencreme eingecremt hat: Da<br />
mussten wir uns immer hinlegen wie im<br />
Beautysalon, und er tupfte uns die Creme<br />
ganz vorsichtig auf. Schon als Kind fand ich<br />
meinen Vater total cool. Er war mein Held<br />
und ist es bis heute geblieben. Manchmal frage<br />
ich mich sogar insgeheim, ob ich nicht sogar<br />
meinen Mann geheiratet habe, weil er meinem<br />
Papi so ähnlich ist. Sie sind beide sehr künstlerische,<br />
zurückhaltende Menschen, die Zeit<br />
für sich brauchen, eher zuhören als reden<br />
und sich fast noch genau gleich anziehen. Seit<br />
Neuestem tragen sie sogar die gleichen<br />
Schlafanzüge. Als mein Mann neulich einen<br />
guten Schlafanzug suchte, empfahl ich ihm<br />
einen von Brooks Brothers, den auch mein<br />
Vater schon seit 40 Jahren trägt.<br />
Mein Vater war früher oft verreist, und<br />
wenn er zurückkam, hat er immer tolle<br />
Geschenke mitgebracht. Wir Kinder saßen<br />
dann auf seinem Koffer und warteten, bis<br />
er ihn endlich aufmachte. Er spielte auch sehr<br />
fantasievoll mit uns, erzählte uns zum Beispiel,<br />
dass die Stoffkrümel in unseren Bauchnabeln<br />
von kleinen Zwergen in unserem Bauch gesponnen<br />
wurden.<br />
Die Pubertät lief bei mir relativ<br />
problemlos. Ich war auch ziemlich gut darin,<br />
so zu tun, als wenn ich den Heiligenschein<br />
aufhätte, hatte ihn dann aber höchstens halb<br />
auf. Das war auch die einzige Zeit, in der ich<br />
ein paar Geheimnisse vor meinen Eltern<br />
hatte, denn natürlich wollte ich auch mal länger<br />
ausgehen, aber da waren meine Eltern<br />
relativ streng. Ich habe das dann so geregelt,<br />
dass ich einfach bei meinen Freundinnen<br />
übernachtet habe, die weniger strenge Eltern<br />
hatten. Da hatte ich meine Wege und<br />
Möglichkeiten, um zum Ziel zu kommen.<br />
Das Einzige, worüber es tatsächlich<br />
Diskussionen gab, war mein Make-up, denn<br />
ich schminkte mich als Teenager ziemlich<br />
stark. Und dann hatte ich diese Phasen, in<br />
denen ich immer nur eine Farbe trug, also<br />
nur Hellblau oder nur Rosa oder nur<br />
Schwarz. Das ging dann so weit, dass auch<br />
immer mein ganzes Zimmer umdekoriert<br />
werden musste, inklusive Vorhänge und<br />
Heizung. Da kamen dann schon mal Beschwerden.<br />
Schon mit acht Jahren habe ich meine<br />
Berufswahl angekündigt und gesagt, dass ich<br />
nach Paris ziehen möchte, um Mode zu<br />
studieren. Und als es dann so weit war und<br />
ich mein Vorstellungsgespräch an der École<br />
de la Chambre Syndicale hatte, ist mein Vater<br />
mit mir zusammen dorthin gefahren. Danach<br />
waren wir zusammen in der Bar du Marché<br />
in der Rue de Seine. Heute sehen wir uns<br />
natürlich seltener, aber jeden Sommer kommt<br />
die ganze Familie für zwei Wochen in<br />
Südfrankreich zusammen, das ist für mich<br />
wie ein neues Zuhause, und zwischendurch<br />
sehen wir uns natürlich in Berlin und in<br />
New York. Das ist ein absolutes Muss, da gibt<br />
es kein Entkommen, und dem würde ich<br />
auch nie entkommen wollen.<br />
Mein Vater und ich sind beide<br />
Familientiere: Familie und gutes Essen, mehr<br />
brauchen wir nicht. Wir würden auch die<br />
Familie jeder Gala oder jedem offiziellen<br />
Dinner vorziehen. Außerdem sind wir bedingungslose<br />
Ästheten: Selbst das Essen muss<br />
immer hübsch aussehen, und wir haben beide<br />
einen Fimmel, was die richtige Beleuchtung<br />
angeht. Wenn es irgendetwas wichtiges<br />
Berufliches zu besprechen gibt, rufe ich meinen<br />
Vater an, der weiß immer Bescheid.<br />
In meiner Familie ist es mein Vater, der die<br />
Modewelt einfach am besten versteht.<br />
Diese n Boehms<br />
"#<br />
FOTOS: privat (2)<br />
Gero und<br />
Julia: eine<br />
wunderbare<br />
Nähe