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Interview Naomi Campbell trifft Courtney Love (Vorschau)

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das zu meinem Wunsch, einen Film über Sklaverei zu<br />

machen: Ich wollte ihr Bilder geben. Es ist ein gewaltiger<br />

Unterschied, ob man liest, wie Menschen geschlagen<br />

oder sonst wie gemartert werden – oder ob man es sieht.<br />

Die Kraft dieses Buches liegt für mich darin, dass es<br />

einem hilft, starke Bilder zu finden. Die Kunst bestand<br />

darin, sie zu organisieren. Es war, als hätte ich an einem<br />

Mobile von Calder gearbeitet, ich musste ständig auf die<br />

Gleichgewichte achten, darauf, dass nichts kippt.<br />

MITCHELL: Das war umso wichtiger, als Sie so viele<br />

Extreme zeigen, schon in den allerersten fünf Minuten.<br />

MCQUEEN: Ich wollte die Zuschauer sofort ins tiefe<br />

Wasser stoßen. Sie können ja schwimmen.<br />

MITCHELL: Zu Beginn des Films wechseln Sie von<br />

einer Sexszene während der Gefangenschaft Solomons zu<br />

einer Szene zwischen ihm und seiner Frau vor seiner Entführung.<br />

Beide Male sieht man die Schauspieler Stirn an<br />

Stirn im Profil und hat den Eindruck großer Intimität.<br />

MCQUEEN: Ich glaube, die Sexszene während seiner<br />

Gefangenschaft hat mich deswegen interessiert, weil im<br />

Leben eines Sklaven alles kontrolliert wird – welche<br />

Kleidung er trägt, wann er isst, wann er schläft, einfach<br />

alles. In diesem kurzen Augenblick, in dem diese zerbrochene<br />

Frau die Nähe eines Menschen sucht, den sie<br />

nicht kennt, findet sie ihre Freiheit wieder ... um gleich<br />

nach ihrem Orgasmus wieder in ihrer trostlosen Realität<br />

zu landen.<br />

"Sklaverei gehˆ rtzur<br />

Geschichte. Also<br />

liegt es nahe, dass es<br />

Filme ¸ ber sie gibt"<br />

.<br />

!"#<br />

MITCHELL: Sie hat kurz die Kontrolle über ihr Leben.<br />

MCQUEEN: Ja, für einen Moment kann sie sich menschlich<br />

fühlen. Diese Szene steht am Beginn des Films, weil sie<br />

auch emotional in das Herz der Geschichte führt. Sicher<br />

hätte man auch chronologisch erzählen und mit Solomon<br />

beginnen können, einem Mann, der eines heiteren Tages in<br />

Saratoga, New York, entführt und in die Sklaverei verschleppt<br />

wird. Aber mir wäre das zu linear. Für mich ist<br />

Film Kunst – so etwas wie Malerei oder Musik oder<br />

Bildhauerei. Einer Erzählung Struktur zu geben ist so<br />

ähnlich, wie Farben auf einer Leinwand zu verteilen.<br />

Außerdem sind Zuschauer intelligent. Sie wollen von dem<br />

herausgefordert werden, was sie zu sehen bekommen.<br />

MITCHELL: Vor allem ein Satz im Buch lebt für mich im<br />

Film weiter – jener Satz Solomons, dass Sklaven in ständiger<br />

Furcht vor Bestrafung leben.<br />

MCQUEEN: Jederzeit kann alles passieren. Die Gewalt<br />

ist ständig anwesend, und sie macht die Menschen verrückt.<br />

Sie sind immer nur eine Sekunde davon entfernt, verprügelt<br />

oder missbraucht zu werden. Manchmal kann man<br />

diese Gewalt selbst gar nicht sehen, man sieht bloß Striemen<br />

oder ein blaues Auge und muss sich zusammenreimen,<br />

was geschehen ist. Beim Filmen geht es darum, Spannungsbögen<br />

aufzubauen. Wie beim Schreiben von Gedichten<br />

muss man sich entscheiden, was man sagt und was man<br />

auslässt.<br />

MITCHELL: Ihr Umgang mit Farben ist bemerkenswert. Ich<br />

denke da an dieses schaurige Rot, das so gewalttätig wirkt.<br />

McQueens zweiter<br />

Spielfilm „Shame“ mit<br />

Michael Fassbender und<br />

Carey Mulligan handelt<br />

von der Beziehung eines<br />

Sexsüchtigen zu seiner<br />

labilen Schwester<br />

FOTOS: (linke Seite) Photoshot; Zuma Press / eyevine; interTOPICS/Joseph<br />

Martinez; (rechte Seite) ddp images; Entertainment Pictures / eyevine

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