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FOTOS: Elza Wandler; Levi's® Vintage Clothing (2)<br />
"Als zweitbeste<br />
Lˆ sung sind<br />
Replikate absolut<br />
brillant"<br />
Archiv, und ich beschäftige mich immer wieder<br />
mit historischen Kleidungsstücken.<br />
Dabei habe ich gemerkt, dass ich am besten<br />
meinen Instinkten vertraue. Es ist dieses<br />
Gefühl, dass ein ganz bestimmtes Teil einfach<br />
wieder belebt werden muss.<br />
INTERVIEW: Dann ist die Suche nach dem<br />
richtigen Teil in diesem Fall der kreative<br />
Prozess?<br />
JOHNSON: Ja, es gäbe gerade bei der „Orange<br />
Tab“-Kollektion so viele Möglichkeiten, was<br />
man alles machen könnte. Da muss man sehr<br />
gezielt auswählen.<br />
INTERVIEW: Müssen Sie denn nie etwas verändern?<br />
Ich kann mir schon vorstellen, dass<br />
manche Schnitte dann doch aus der Zeit fallen.<br />
JOHNSON: Das einzige Teil, das leicht<br />
modifiziert wurde, ist die Levi’s „606“, und<br />
da sind es ganz kleine Veränderungen.<br />
Oft reicht es, die Taschen am Gesäß um ein<br />
paar Millimeter zu verschieben, damit die<br />
Silhouette schmeichelhafter wirkt.<br />
INTERVIEW: Mir fällt bei dieser Kollektion der<br />
teilweise sehr laute Umgang mit Logos auf.<br />
JOHNSON: Ja, auf den T-Shirts und Sweat shirts.<br />
Es hat nichts mit Overstatement zu tun,<br />
sondern es ist eine Erinnerung daran, dass so<br />
die Anfänge von Grafik auf T-Shirts aussahen.<br />
INTERVIEW: Meiner Meinung nach sind die<br />
70er-Jahre modisch gesehen eine eher<br />
schwierige Zeit. Man sieht in den Sachen<br />
schnell so aus, als würde man sich für eine<br />
Mottoparty verkleiden.<br />
JOHNSON: Das finde ich nicht. Denn selbst,<br />
wenn man sich komplett so anzieht, sind<br />
doch viele Details anders als damals. Zum<br />
Beispiel tragen nur noch wenige Leute einen<br />
strengen Mittelscheitel, und die Schuhe,<br />
Taschen und Sonnenbrillen sehen heute auch<br />
anders aus.<br />
INTERVIEW: Aber die 70er-Jahre sind so<br />
ikonisch. Nehmen wir nur die Schlaghosen …<br />
JOHNSON: Schlaghosen – okay. Aber auch hier<br />
kommt es drauf an, wie man sie trägt. Die<br />
meisten Leute wissen schon, einen Look an<br />
den richtigen Stellen zu brechen.<br />
INTERVIEW: Wie bricht man den Look einer<br />
Schlaghose? In Zeiten, wo alle Slim oder<br />
Skinny Jeans tragen, wirkt eine Schlaghose<br />
geradezu radikal.<br />
Wenn man die Sachen<br />
anzieht, merkt man,<br />
dass sie sich anders<br />
anfühlen als alles, was<br />
es heute gibt<br />
JOHNSON: Ganz wichtig ist es zum Beispiel,<br />
aus welchem Material die Schlaghose ist.<br />
Wenn das Material noch einen Stretchanteil<br />
hat, ist das ein Albtraum. Dann sieht es<br />
einfach nur billig aus. Eine Schlaghose muss<br />
aus schwer fallendem Stoff sein, dann sitzt sie<br />
gut und richtig.<br />
INTERVIEW: Meine Theorie ist ja, dass man<br />
modisch starke Epochen meistens nur einmal<br />
mitmachen möchte. Von daher ist sie in<br />
diesem Fall eher etwas für die nach 1980<br />
Geborenen.<br />
JOHNSON: Ich glaube, genau das Gegenteil ist<br />
der Fall. Man freut sich doch, wieder in etwas<br />
reinzuschlüpfen, das man noch von früher<br />
kennt. Es ist fast schon eine Erleichterung.<br />
Und wenn man genau hinschaut, sieht man<br />
eben, dass es doch Kleinigkeiten gibt, die den<br />
Look dann wieder zu etwas anderem machen.<br />
INTERVIEW: Wenn man sich in den frühen<br />
Siebzigern im Look der aktuellen „Orange<br />
Tab“-Kollektion kleidete, signalisierte man<br />
auch zumindest Sympathie mit dem<br />
Anti-Establishment. Ist es überhaupt möglich,<br />
dieses Gefühl in die heutige Zeit zu<br />
transportieren?<br />
JOHNSON: Die meisten jungen Leute wissen<br />
gar nicht, aus welchem Kontext „Orange<br />
Tab“ stammt. Aber wenn sie die Sachen<br />
anprobieren, merken sie, dass sie sich anders<br />
anfühlen und aussehen als die meisten<br />
Sachen, die es sonst so gibt.<br />
INTERVIEW: Über dieser ganzen Ära liegt<br />
auch ein fast schon niedlicher Optimismus.<br />
JOHNSON: Vielleicht, aber alle diese Gefühle,<br />
die wir jetzt im Nachhinein damit verbinden,<br />
waren damals so nicht geplant. Es hat sich<br />
vieles ergeben. Levi’s ist noch nie eine Firma<br />
gewesen, die Mode gemacht hat. Wir haben<br />
eher auf ästhetische Strömungen reagiert.<br />
INTERVIEW: Was ist Ihrer Meinung nach<br />
begehrenswerter: ein Vintage-Stück oder ein<br />
Replikat?<br />
JOHNSON: Idealerweise ein Vintage-Stück.<br />
Aber so einfach ist das nicht, denn man muss<br />
erst mal eins finden, das einem passt Vintage-<br />
Jeans sind ein bisschen wie Secondhandschuhe:<br />
Sie sind auf eine bestimmte Art und<br />
Weise eingetragen, sodass sie sich am<br />
eigenen Körper manchmal komisch anfühlen.<br />
Und viele Epochen sind teuer und so gut<br />
wie ausverkauft. Hier kommen die Replikate<br />
ins Spiel, als zweitbeste Lösung sind sie<br />
absolut brillant.<br />
.<br />
!!