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Interview Naomi Campbell trifft Courtney Love (Vorschau)

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.<br />

Jeanne<br />

DARK<br />

Night & Life<br />

"#$<br />

Jeanne Tremsal hat den größten Teil ihres jungen Lebens<br />

in Paris verbracht. Und einige Jahre in München. Jetzt lebt<br />

sie in Berlin und testet für uns das Nachtleben der Republik<br />

!amals in der Ersten Liga – ein<br />

kleiner, zuerst roter, danach<br />

froschgrüner und jetzt nicht mehr<br />

existierender Kellerclub in München – war er<br />

mir sofort aufgefallen. Wahrscheinlich, weil<br />

er mit nacktem Oberkörper wild auf der<br />

Tanzfläche herumsprang. Irgendwann fiel ich<br />

ihm auf. Er zog mich an sich, und wir<br />

tanzten sehr langsam und ein wenig ungelenk<br />

einen Schieber, genau wie in La Boum. Dann<br />

fragte er mich auf Französisch – woher wusste<br />

er, dass ich Französin bin? –, wie alt ich sei.<br />

Viel zu alt für dich, sagte ich, es sollte kokett<br />

klingen, aber tat es wohl nicht. „Wenn du<br />

meinst“, sagte er, drehte sich um und ging.<br />

Ganz schön cool für einen 17-Jährigen.<br />

Natürlich lief ich ihm nach. Jetzt, nach sechs<br />

Jahren, sind wir immer noch befreundet.<br />

Mittlerweile sind der kleine Amédée und sein<br />

Bruder Milen, zusammen auch die Tills<br />

genannt, in der ganzen Stadt bekannt. Heute<br />

Nacht ziehe ich mit den beiden durch München.<br />

Wir verabreden uns in der Straßenbahn,<br />

Linie 16, Station Wiener Platz, 21.07<br />

Uhr. Der perfekte Treffpunkt. Straßenbahnen<br />

in München sind etwas Wunderbares,<br />

es sieht in ihnen aus wie im Wartezimmer<br />

eines Krankenhauses, nur noch sauberer.<br />

Über der ganzen Stadt schwebt ein leichter<br />

Bratwurstduft. Überall sind kleine Stände<br />

aufgebaut, an denen man Bier oder eben<br />

Bio-Bratwurst bekommt. Die Menschen<br />

tragen mit großer Ernsthaftigkeit ihre<br />

Trachten. Gute Laune. In München scheinen<br />

alle immer im Urlaub. Bastian Schweinsteiger<br />

sitzt auf der Terrasse eines mittelmäßigen<br />

Italieners und lächelt mich an, als ich an ihm<br />

vorbeigehe. Sofort fühle mich sehr wohl<br />

in München. Unsere erste Station ist die<br />

Robinson Bar, die oft auch Die 14 genannt<br />

wird, weil die Bar eigentlich keinen Namen<br />

hat, aber der Besitzer Robinson heißt und<br />

seine Bar in der Corneliusstraße 14 ist. Vor<br />

dem Robinson: eine Traube von Menschen.<br />

Die Tills werden von jedem Einzelnen<br />

euphorisch begrüßt. Alle sind irgendwie gut<br />

aussehend und unglaublich jung. Die<br />

jungen Männer tragen sehr tief sitzende, nach<br />

unten eng zulaufende, sehr hochgekrempelte<br />

dunkelblaue Hosen. Dazu weiße T-Shirts und<br />

Segelschuhe. Es lässt sie wie kleine Franzosen<br />

aussehen. Die Mädchen sind hübsch,<br />

unschuldiger und niedlicher als in Berlin. Ich<br />

brauche einen Drink. Der Laden ist dunkel,<br />

heiß und so klein, dass es von der Eingangstür<br />

bis zur Bar zwar nur zwei Schritte sind,<br />

man für diese zwei Schritte aber 15 Minuten<br />

braucht, so voll ist es. Die wohlhabenden,<br />

wohlriechenden und charmanten jungen<br />

Leute hier trinken lieber Longdrinks als Bier,<br />

also bestelle ich mir einen Gin Tonic. Es ist<br />

der stärkste Gin Tonic meines Lebens. Hier<br />

gefällt es mir. Noch bin ich aber nicht<br />

betrunken genug, um das Geschubse stilvoll<br />

ignorieren zu können, also ziehen wir weiter in<br />

eine Erwachsenenbar, in das Schumann’s.<br />

Als ich das erste Mal hier war, im alten<br />

Schumann’s, trug ich ein Dirndl. Ich kam<br />

zusammen mit meiner Freundin Mavie direkt<br />

von der Wiesn und war von Kopf bis Fuß<br />

in Bier getränkt, weil jemand eine Mass über<br />

mich gegossen hatte. Wir machten das<br />

Schumann’s kurzerhand zum Bierzelt und<br />

tanzten auf den Tischen. Charles und seine<br />

Mannschaft freuten sich. Wir sahen natürlich<br />

auch entzückend aus in unseren Dirndln.<br />

Im jetzigen Schumann’s wäre so etwas schwer<br />

vorstellbar. Dennoch große Freude, als Don<br />

Charles uns begrüßt, immer noch so gut<br />

aussieht und uns sofort einen Tisch gibt. Wir<br />

bestellen drei Moscow Mules. Ich blicke<br />

durch den Raum, der für meinen Geschmack<br />

Foto Maxime Ballesteros<br />

etwas zu hoch ist, und stelle fest, dass ich<br />

niemanden kenne. Schlimmer ist, dass ich<br />

hier niemanden kennen will.<br />

Drinks leer, wir gehen. Wir dürfen keine<br />

Zeit verlieren, schließlich haben wir ein<br />

volles Programm. Eigentlich wäre die nächste<br />

Station die Bar Gabányi. Stefan Gabányi<br />

war früher der tollste Barmann im Schumann’s<br />

und ist jetzt der einzige Mann, der mit<br />

Abraham-Lincoln-Koteletten nicht lustig,<br />

sondern tatsächlich gut aussieht. Leider<br />

schaffen wir es in dieser Nacht nicht mehr.<br />

Es ist Mitternacht, und die beiden Tills<br />

müssen noch auflegen. Es geht direkt in die<br />

Rubybar, einen temporären Club in einer<br />

ehemaligen Pizzeria. Die Wände sind pink, in<br />

der Mitte steht ein großes Pferd. Ein Ort,<br />

den man eher in Berlin als in der Münchner<br />

Innenstadt vermutet. Vor dem Club warten<br />

schon ungefähr 300 Leute. Was ist bloß los<br />

in München? Ich überlege kurz, ob ich<br />

nicht einfach im Taxi sitzen bleiben und nach<br />

Hause fahren soll. Aber die Tills kennen<br />

natürlich den Hintereingang. Sie legen im<br />

Keller auf. Die Party ist very secret, und die<br />

Treppe, die zu ihr führt, wird streng bewacht.<br />

Deckenhöhe 1,80 Meter, Licht quasi nicht<br />

vorhanden, zwei Plattenspieler, in den Ecken<br />

ein bisschen Sperrmüll, die Bar ist ein<br />

Biertisch. Perfekte Ausstattung also. Noch sind<br />

wir die Einzigen. Ich bin aufgeregt, wie<br />

damals auf meinen ersten Partys. Vielleicht<br />

ist München noch nicht so verbraucht,<br />

nicht so verwöhnt. In diesem Keller könnte<br />

heute Nacht noch etwas Besonderes<br />

geschehen. Wie damals, als ich nach Berlin<br />

kam. Wir trinken Wodka Ginger Ale<br />

und dazu Wodka Shots und rauchen viele<br />

Zigaretten. Irgendwann kommt Bella, die<br />

Cousine von Uschi Obermaier. Und ein paar<br />

Jungs mit zu engen T-Shirts und zu großen<br />

Muskeln. Stimmt, wir sind ja in München,<br />

das hatte ich kurz vergessen. Plötzlich ist es<br />

voll. Die Luft vibriert. Es wird heiß. Die<br />

Haare kleben im Gesicht. Die Tills legen auf.<br />

Ich tanze und lasse meine Haare im Wind<br />

des kleinen Ventilators auf dem DJ-Pult<br />

fliegen. Ich fühle mich wie 18 und will nie<br />

wieder nach Hause. Herrlicher Abend,<br />

herrliches München.<br />

FOTOS: privat (9)

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