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Queen<br />
of Grunge<br />
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NAOMI CAMPBELL: Du schreibst gerade deine Memoiren.<br />
Plauderst du darin viele Geheimnisse aus?<br />
COURTNEY LOVE: Es gibt in meinem Leben viele Dinge,<br />
die ich für mich behalten habe, und ich habe vereinbart,<br />
dass das auch so bleiben kann. Vor allem, wenn es um<br />
Männer geht. Ich will meine Freunde ja nicht verlieren.<br />
Lass es mich so ausdrücken: Eine wirkliche Lady erzählt<br />
nicht alles.<br />
CAMPBELL: Das würde ich jederzeit unterschreiben.<br />
LOVE: Ich habe einen Koautor, ich schreibe nicht selbst.<br />
Ich habe etwas Ähnliches versucht wie Patti Smith mit Just<br />
Kids. Aber das schaffe ich nicht. Mein Ghostwriter<br />
ist natürlich an den schlüpfrigen Geschichten interessiert.<br />
Ich versuche, ihn davon abzubringen. Zum Beispiel:<br />
Ich war bekanntlich eine Stripperin. Aber er muss ja nicht<br />
immer wieder betonen, dass ich nie Prostituierte war.<br />
Natürlich war ich keine, und es reicht, das ein einziges Mal<br />
klarzustellen. Es gibt ja genügend anderes zu erzählen.<br />
Zum Beispiel, dass mein dritter Stiefvater ein Lord war und<br />
meine Mutter Erbin eines eindrucksvollen Vermögens.<br />
Und dass wir, glaub es oder nicht, in Sheffield gelebt haben.<br />
Ausgerechnet in Sheffield!<br />
CAMPBELL: Mein Großvater war aus Sheffield. Ich weiß,<br />
wie es da ist.<br />
LOVE: Die Mutter meines Stiefvaters war eine<br />
Hofdame Queen Elizabeths. Sie hat mir das Knicksen<br />
beigebracht. Aber dann bin ich doch auf dieses<br />
äußerst progressive Internat namens Summerhill geschickt<br />
worden. Aus dem ich schnell wieder<br />
hinausgeworfen wurde.<br />
CAMPBELL: Wieso das denn?<br />
LOVE: Dieses Internat ist in den 50er-Jahren<br />
gegründet worden, eine Menge<br />
Kommunisten haben ihre Kinder dorthin<br />
geschickt. Die Regel war: Man musste<br />
nicht in den Unterricht gehen, wenn man<br />
nicht wollte. Also ging ich nicht. Irgendwann<br />
wurde festgestellt, dass ich offensichtlich<br />
wenig Lust auf Schule hatte.<br />
CAMPBELL: Hat es dich sehr geprägt, dass du die Tochter<br />
einer Psychologin bist? Hat sie dich in deiner Kindheit<br />
analysiert?<br />
LOVE: Nein. Aber ich war von klein auf in Therapie. Das<br />
hatte etwas mit der Zeit zu tun, den frühen 70er-Jahren.<br />
Diese ganze Art, wie meine Mutter und ihre vier<br />
Ehemänner – sie hat mittlerweile einen fünften – miteinander<br />
umgingen: Psychospiele und viel Nacktheit, dieser<br />
ganze New-Age-Kram, der aus Kalifornien kam. Als die<br />
„Es war hart, Kind unter<br />
nackten Erwachsenen<br />
zu sein. Ich wollte ihre<br />
Schamhaare nicht sehen“<br />
Öffentlichkeit zum ersten Mal Gelegenheit bekam, von<br />
mir Notiz zu nehmen, war ich vier – nackt auf dem<br />
Umschlag eines Buches, das Born to Win hieß. Aus dem<br />
Foto wurde ein<br />
Poster gemacht,<br />
und natürlich<br />
habe ich dafür<br />
nie Tantiemen<br />
bekommen. Es<br />
war hart, immer<br />
von nackten<br />
Erwachsenen<br />
umgeben zu sein,<br />
die schrien ja<br />
<strong>Courtney</strong> <strong>Love</strong> 1999<br />
in Glastonbury.<br />
Den Style nannte<br />
man in den USA<br />
auch „Kinderwhore“<br />
<strong>Courtney</strong> <strong>Love</strong> (r.)<br />
in den späten 80ern<br />
mit ihrer Grunge-<br />
Band Hole<br />
FOTOS: mauritius images/Alamy; interTOPICS/Landmark Media Ltd.