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stereoplay Studioqualität für Jedermann (Vorschau)

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auch einen Fundus an feinster<br />

Technik überlassen. Den mögen<br />

viele Manager im Boom der digitalen<br />

Aufnahmen bereits als Alteisen<br />

abgeschrieben haben; heute<br />

sind es unermesslich kostbare Preziosen.<br />

Darunter: ein komplettes<br />

Gedeck an Studer-Bandmaschinen,<br />

inklusive einer röhrenbetriebenen<br />

C37 und einer achtspurigen<br />

A80R <strong>für</strong> Ein-Zoll-Bänder. Luxus,<br />

der <strong>für</strong> die Direktschnitt-Projekte<br />

weitgehend arbeitslos bleibt – die<br />

Bänder werden hier nur als Kontrollinstrument<br />

eingesetzt. Zum<br />

Beispiel <strong>für</strong> die ersten Basisfragen:<br />

Wie sollen die Musiker gruppiert,<br />

wie dazu die Mikrofone aufgestellt<br />

werden? Und welchen Aufnahmeraum<br />

wählt man?<br />

Entgegen der üblichen Studio-<br />

Philosophie haben sich die Besitzer<br />

der Emil Berliner Studios dazu<br />

entschlossen, alle Signalwege nicht<br />

nur digital, sondern auch analog<br />

zu verlegen. Aus den kleineren Aufnahmestudios,<br />

aber auch aus dem<br />

großen Meistersaal im Haus führt<br />

der analoge Weg direkt an das<br />

Mischpult in der „Analog Suite“.<br />

Hier sind weitere technische Legenden<br />

aus dem Dornröschenschlaf<br />

geküsst worden: ein eigens<br />

von der Polygram entwickeltes<br />

Transistor-Mischpult mit 36 Kanälen<br />

aus den 70er-Jahren, alternativ<br />

ein röhrenbestücktes 16-Kanal-Pult<br />

der Deutschen Grammophon<br />

von 1957. Das kann man<br />

auch nicht kaufen, nur erben und<br />

sich durch Leistung verdienen.<br />

Links davon rotiert das Endziel aller<br />

analogen Signale: eine Schneideanlage<br />

VMS 80 von Neumann.<br />

Die beste Matrize<br />

Das ist weltweit in der Konsequenz<br />

ohne Vergleich. Den Emil Berliner<br />

Studios fehlten nur zwei Dinge: ein<br />

Label <strong>für</strong> den Weg des Vinyls zum<br />

Endkunden und spannende Musiker<br />

vor den Mikrofonen. In der<br />

grausamen Reduzierung also: Geld<br />

<strong>für</strong> eine Anschubproduktion.<br />

Nach ersten Verhandlungen mit<br />

etablierten Labels, aber auch Plattenspielerherstellern<br />

erkannte Maillard,<br />

dass Eigenregie hier unabdingbar<br />

ist. Er gründete mit dem<br />

Kompagnon Stephan Flock ein Label:<br />

Berliner Meister Schallplatten.<br />

Drei Veröffentlichungen liegen bereits<br />

vor, weitere sind noch in diesem<br />

Jahr geplant. Speakers Corner,<br />

einer der Hauptlieferanten<br />

<strong>für</strong> frisches Vinyl in Deutschland,<br />

hat sich als professioneller Vertriebspartner<br />

gefunden. Gepresst<br />

wird bei Pallas in Diepholz: ebenfalls<br />

eine Top-Adresse. In Berlin<br />

werden stets mehrere Ver sionen einer<br />

LP-Seite mitgeritzt: zwei oder<br />

drei – je nach Zwängen, Idealen,<br />

Zeit und Lust der Künstler vor den<br />

Mikrofonen. Die besten Matrizen<br />

der A- und B-Seite gehen per Kurier<br />

nach Pallas. Im Niedersächsischen<br />

werden dann von den Mas-<br />

ter-Matrizen nach alten Spielregeln<br />

ein „Vater“, eine „Mutter“<br />

und schließlich die „Söhne“ im galvanischen<br />

Prozess gezogen.<br />

An dieser Stelle könnte man enden.<br />

Schöne Geschichte, viele technische<br />

Fakten, dazu der Hauch von<br />

Nostalgie. Doch die eigentliche<br />

Botschaft liegt viel tiefer. Mit den<br />

Berliner Meister Schallplatten verändert<br />

Rainer Maillard bewusst<br />

auch die etablierten Standards<br />

seines Berufs.<br />

„Ehrlicher und bewusster“<br />

Im normalen Geschäftsalltag ist<br />

der Tonmeister immer auch Trickmeister.<br />

Ein digitaler Code lässt<br />

sich kitten, manipulieren, verfremden,<br />

schönfärben. Auch ein analoges<br />

Band lässt sich neu mixen und<br />

schneiden. Bei einem Direktschnitt<br />

in Vinyl aber ist jeder Musiker mit<br />

dem Wissen konfrontiert, dass jeder<br />

Fehler hörbar sein wird.<br />

Rainer Maillard erzählt: „Ein<br />

Musiker verglich einmal die Direct-to-Disc-Aufnahme<br />

mit dem<br />

Laufen über ein Hochseil ohne<br />

Netz. Er würde einfach anders musizieren,<br />

wenn er weiß, dass man<br />

im Nachhinein nichts mehr verbessern,<br />

schneiden oder verschönern<br />

kann. Ehrlicher und bewusster.“<br />

Genau diese Ehrlichkeit kommt<br />

auch beim Hörer an. Die Pallas-<br />

Pressungen locken zum Superlativ:<br />

Besser kann Vinyl nicht vorbereitet,<br />

gepresst, abgekühlt und<br />

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