Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Text: Marion Rott<br />
Die letzten Jahre in<br />
<strong>der</strong> Rallye-Weltmeisterschaft<br />
waren<br />
schwierig, doch mit<br />
dem Einstieg neuer<br />
Hersteller sollte<br />
wie<strong>der</strong> an die rosigen<br />
Zeiten angeknüpft<br />
werden. Der<br />
Ausstieg von Ford<br />
lässt die Seifenblase<br />
aber platzen.<br />
Die Rallye-Weltmeisterschaft ruft bei den meisten<br />
Menschen in Deutschland ein großes Fragezeichen<br />
in den Köpfen hervor. Oftmals folgt<br />
die Assoziation mit <strong>der</strong> Rallye Dakar o<strong>der</strong><br />
wenige, eher reifere Semester erinnern sich noch<br />
an die glorreichen Zeiten von Walter Röhrl.<br />
Dieses Phänomen gilt aber auch für an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong>,<br />
so beklagte sich Sebastien Loeb unlängst,<br />
dass in seinem Heimatland Frankreich kaum ein<br />
Mensch Notiz von seinen Leistungen nehmen<br />
würde.<br />
Tatsächlich ist <strong>der</strong> einst so beliebte Sport in den<br />
letzten Jahren immer mehr in ein Schattendasein<br />
geraten. Die Hersteller kehrten <strong>der</strong> Serie den<br />
Rücken, so verließen zwischen 2003 und 2005<br />
Hyundai, Mitsubishi, Peugeot und Skoda die<br />
WRC. Zwischendurch stieg Suzuki kurz ein, nur<br />
wenig später aber wie<strong>der</strong> aus - und nahm Subaru<br />
gleich mit. Am Ende blieben mit Ford und<br />
Citroen noch die beiden erfolgreichsten Hersteller<br />
zurück. Namhafte Piloten standen auf einmal<br />
ohne Cockpit da und selbst Weltmeister wie Petter<br />
<strong>So</strong>lberg mussten ein Privatteam gründen, um<br />
<strong>über</strong>haupt weiterfahren zu können.<br />
Mit <strong>der</strong> Rallye Sardinien sollte 2011 <strong>der</strong> große<br />
Schritt nach vorne gelingen. Mini fuhr zum<br />
ersten Mal mit und schon ein Jahr später war <strong>der</strong><br />
Werksstatus anvisiert und die Teilnahme an allen<br />
Saisonevents programmiert. Bevor die BMW-<br />
Tochter zusammen mit Prodrive auch nur einen<br />
Kilometer fahren konnte, das nächste Feuerwerk:<br />
Volkswagen gab seinen werksseitigen Einstieg in<br />
die WRC ab 2013 bekannt.<br />
Die Rallye-Welt schien rosarot - aber nicht lange.<br />
Noch während <strong>der</strong> Saison machte Mini immer<br />
mehr Abstriche, eine ganze WM-Saison sei wohl<br />
doch zu früh, zu kostenintensiv, nicht rentabel,<br />
hieß es. Es kam, wie es kommen musste: Mini<br />
wird das werksseitige Engagement nach 2012<br />
wie<strong>der</strong> beenden. Nun muss Partner Prodrive<br />
alleine die Eisen aus dem Feuer holen.<br />
Eine schmerzhafte Entwicklung für den erhofften,<br />
großen Vierkampf, aber da waren ja immer<br />
noch die drei Gladiatoren Citroen, Volkswagen<br />
und Ford - dachte man. Nun die Kehrtwende,<br />
denn Ende Oktober machte auch Ford einen<br />
Rückzieher. War im vergangenen Jahr mit Hängen<br />
und Würgen noch ein neues Zwei-Jahres-<br />
Engagement ausgehandelt worden, erklärte <strong>der</strong><br />
Konzern nun nicht einmal zwölf Monate später<br />
den werksseitigen Ausstieg. Die Europäische<br />
Wirtschaftskrise, <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Verkaufszahlen<br />
und die Finanzierung <strong>der</strong> Mitarbeitergehälter<br />
würden einen weiteren Einsatz in gleicher<br />
Form nicht zulassen.<br />
Und da waren‘s nur noch zwei. Zwar wird<br />
M-Sport weiterhin mit dem Fiesta RS WRC starten<br />
und die Marke in <strong>der</strong> WRC somit erhalten,<br />
die Frage nach <strong>der</strong> Konkurrenzfähigkeit muss<br />
aber mit einem sehr großen Fragezeichen versehen<br />
werden. Ein Blick auf diesjährige Ford-<br />
Privatfahrer wie Mads Östberg macht deutlich:<br />
Es gab immer wie<strong>der</strong> ein kurzes Aufbäumen,<br />
ein kleines Ausrufezeichen, aber <strong>der</strong> große Wurf<br />
war unter normalen Bedingungen nicht möglich.<br />
Neben <strong>der</strong> werksseitigen Unterstützung<br />
laufen M-Sport nun auch die guten Piloten<br />
davon. Jari-Matti Latvala, das aufstrebende<br />
Talent <strong>der</strong> Mannschaft, suchte nach dem werksseitigen<br />
Ausstieg alsbald sein Heil in <strong>der</strong> Flucht<br />
und heuerte bei VW an - <strong>der</strong> Rettung in <strong>der</strong><br />
Not? VW hat viel Geld investiert und sich für<br />
die WRC sogar aus <strong>der</strong> Rallye Dakar zurückgezogen.<br />
Allerdings ist das Engagement zunächst<br />
bis 2015 befristet. <strong>So</strong>llte sich <strong>der</strong> Erfolg nicht<br />
einstellen, können die Wolfsburger die Reißleine<br />
ziehen. Was passiert aber, wenn sich mangels<br />
Konkurrenz <strong>der</strong> Erfolg zwar einstellt, die<br />
Weltöffentlichkeit aber keine Notiz davon<br />
nimmt? Auch Volkswagen fährt - ähnlich wie<br />
alle an<strong>der</strong>en Hersteller - nicht zum Spaß an <strong>der</strong><br />
Freude mit. Die Ziele lauten <strong>über</strong>all gleich: Die<br />
Generierung eines positiven Images, die Steigerung<br />
<strong>der</strong> Medienpräsenz und <strong>der</strong><br />
Absatzzahlen.<br />
Die WRC wollte mit Vollgas durchstarten, doch<br />
anscheinend erwischte sie beim Hochschalten<br />
nur den Leerlauf. Wenn VW nicht ab dem<br />
ersten Moment um Siege kämpft und Ford <strong>der</strong><br />
fehlenden Werksunterstützung Tribut zollen<br />
muss, wird Citroen 2013 erneut Alleinunterhalter<br />
an <strong>der</strong> Spitze sein. Doch selbst die Franzosen<br />
kämpfen mit schlechten Zahlen und zogen<br />
einen Ausstieg in Betracht. Nun gilt es für alle<br />
Beteiligten, schnell zu handeln und die WRC<br />
sowohl für das Fernsehen als auch für neue<br />
Hersteller wie<strong>der</strong> interessanter zu gestalten.<br />
Also schalten - aber bitte nicht in den<br />
Rückwärtsgang.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 71