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zur Erwachsenenbildung

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Schwerpunkt Positionen <strong>zur</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />

<strong>Erwachsenenbildung</strong><br />

„mit Migrationshintergrund“<br />

(?)<br />

Institutionelle<br />

Strategien zwischen<br />

Diversity und<br />

Antidiskriminierung<br />

Annette Sprung<br />

1 Diese und<br />

weiterführende Fragen<br />

werden in einem aktuellen<br />

Projekt an der Universität<br />

Graz erforscht. Verfügbar<br />

unter: http://www.<br />

mig2eb.at/.<br />

Schwerpunkt<br />

Einleitung<br />

Jüngst veröffentlichte Daten aus dem Adult Education<br />

Survey 2011/12 haben einmal mehr gezeigt, dass Migrantinnen<br />

und Migranten in der Weiterbildung deutlich unterrepräsentiert<br />

sind. So nahmen zwar 46,8 Prozent der<br />

Österreicher/innen im Alter von 25 bis 64 Jahren an nonformaler<br />

Weiterbildung teil, hingegen nur 35,4 Prozent<br />

der ausländischen Staatsbürger/innen (Salfinger-Pilz,<br />

2013, S. 64 f.). Inwieweit das Feld der <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />

die aktuelle gesellschaftliche Diversität, aber ebenso<br />

die damit verbundenen Ungleichheitsverhältnisse<br />

widerspiegelt (bzw. auch reproduziert), lässt sich allerdings<br />

nicht nur – wie gemeinhin üblich – an den Teilnehmenden<br />

messen. Die Frage ist ebenso in Bezug auf die<br />

Zusammensetzung des Personals von Bildungseinrichtungen<br />

sowie auf die Positionierung, Struktur und Gestaltung<br />

der gesamten Institution zu stellen. Die hier ins<br />

Spiel gebrachte Analyseperspektive ist einer Sichtweise<br />

geschuldet, wonach sich <strong>Erwachsenenbildung</strong> in der Migrationsgesellschaft<br />

nicht auf die Arbeit mit bestimmten<br />

Zielgruppen reduzieren lässt. Sie ist vielmehr gefordert,<br />

die mit Migration verbundenen Phänomene umfassend<br />

in ihren theoretischen Grundannahmen, institutionellen<br />

Strukturen, ihren Konzeptionen und Angeboten sowie<br />

ihrem politisch-gesellschaftlichen Selbstverständnis<br />

angemessen zu reflektieren und einzubeziehen. Dieser<br />

Zugang ließe sich unterschiedlich begründen, sei es durch<br />

gerechtigkeits- oder anerkennungstheoretische Ideen<br />

(Sprung, 2011), durch marktorientierte strategische Überlegungen<br />

(Erschließung neuer Tätigkeitsfelder und Kund/<br />

innengruppen) oder auch schlichtweg mit einem in Teilen<br />

der Praxis der <strong>Erwachsenenbildung</strong> existierenden Handlungsdruck.<br />

Die aktuelle Situation in den österreichischen<br />

Bildungsinstitutionen stellt sich differenziert dar. 1<br />

Die erwähnte Unterrepräsentation von Migrant/innen<br />

gibt lediglich einen Durchschnittswert wieder, sie trifft<br />

für manche Einrichtungen gar nicht zu (etwa für einen<br />

Teil der Volkshochschulen), für andere in besonders ausgeprägter<br />

Weise.<br />

Im vorliegenden Beitrag sollen Diskussionsanstöße<br />

zu möglichen Entwicklungsperspektiven einer diversitätsbewussten<br />

und rassismuskritischen <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />

entfaltet werden. Zu diesem Zweck werden drei<br />

Konzeptionen, welche die institutionelle Verantwortung<br />

in den Blick nehmen und in unterschiedlicher Intensität<br />

in der Praxis erprobt wurden, vorgestellt. Ich diskutiere<br />

sie unter anderem in Bezug auf ihre Begründungsmuster<br />

und Legitimationsdiskurse, ihre Traditionen und Einsatzbereiche<br />

sowie die Potenziale und Kritikpunkte der<br />

jeweiligen Ansätze.<br />

Interkulturelle Öffnung – Abbau von Zugangsbarrieren<br />

Konzepte einer „interkulturellen Öffnung“ wurden<br />

im deutschsprachigen Raum seit Mitte der 1990er-Jahre<br />

zunächst im Sozialwesen und der Verwaltung entwickelt<br />

(Griese & Marburger, 2012). Auf Basis von Studien, welche<br />

eine geringere Nutzung der Angebote sozialstaatlicher<br />

Institutionen durch Migrant/innen aufzeigten,<br />

ergaben sich spezifische Forderungen an die Einrichtungen.<br />

Diese sollten Reformschritte setzen, um tatsächlich<br />

„offen“ für alle Bürger/innen zu werden und insbesondere<br />

Zugangsbarrieren für Migrant/innen abzubauen.<br />

Die wachsende Pluralität der Gesellschaft müsse, so die<br />

Grundidee, als „Normalfall“ anerkannt und nicht ausschließlich<br />

in Sonderkontexten wie spezialisierten Integrationsdiensten<br />

beantwortet werden. Diese Forderung<br />

lässt sich an die schon früher formulierte Kritik an einem<br />

„monokulturellen Habitus“ des (Schul-)systems anknüpfen<br />

(Gogolin, 1994), das die Adressat/innen als defizitär<br />

definierte, ohne selbst Verantwortung für Anpassungsschritte<br />

an den sozialen Wandel zu übernehmen. Damit<br />

würden, so die Kritik, Zugangsprobleme oder Konflikte<br />

letztlich als individualisiertes „Passungsproblem“ auf Seiten<br />

der Migrant/innen verortet.<br />

Der wesentliche Ansatzpunkt einer interkulturellen<br />

Öffnung wird in der Veränderung von Organisationsstrukturen<br />

sowie -kulturen gesehen, um diverse (zumeist<br />

verborgene, nicht unbedingt absichtsvoll errichtete)<br />

Hürden zu beseitigen. Öffnungsprozesse sollen auf<br />

mehreren Ebenen angesiedelt sein, beginnend mit der<br />

Verankerung eines entsprechenden Selbstverständnisses<br />

im Leitbild und einem klaren Commitment der Unternehmensführung<br />

<strong>zur</strong> interkulturellen Orientierung. Des<br />

Weiteren gelten Maßnahmen im Bereich der Personalentwicklung,<br />

Innovationen im Angebotsspektrum bzw.<br />

der didaktischen Gestaltung oder Überlegungen <strong>zur</strong><br />

Qualitätsentwicklung als zentral (Schröer, 2007; Göhlich,<br />

Weber, Öztürk & Engel, 2013). Der Legitimitätsdiskurs<br />

<strong>zur</strong> interkulturellen Öffnung kann mit Schlagworten<br />

wie Chancengerechtigkeit, Gleichstellung und Inklusion<br />

umrissen werden. Dabei fällt auf, dass Begriffe wie<br />

(Anti-)diskriminierung, Rassismus oder ähnliches kaum<br />

explizit vorkommen, sondern eine Semantik der Öffnung,<br />

der Barrierefreiheit und des Einbezuges dominiert.<br />

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 12-2013 · NR. 250 — 13

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