zur Erwachsenenbildung
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Schwerpunkt Positionen <strong>zur</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
in der wissenschaftlichen als auch in der pädagogischen<br />
Arbeit in einem Europa, das selbst kulturell und<br />
sprachlich noch vielfältiger wird.<br />
Der geeignete Einsatz für Bildungsexpert/innen<br />
aus Europa ist, so meine Vermutung, als technische<br />
Hilfskräfte. Das ist keine Abwertung, sofern man sich<br />
an die eigentliche Bedeutung des Begriffs Technik erinnert.<br />
Im Altgriechischen bedeutete „τέχνη“ Kunst<br />
beziehungsweise Handwerk, also Kunsthandwerk. Es<br />
schwang eine Konnotation des systematischen Handelns<br />
mit. Übersetzt will dies heißen: Wir können sinnvoll<br />
und respektvoll handeln, indem wir andere dabei<br />
unterstützen, ihre eigenen Gedanken und Zielsetzungen<br />
zu verwirklichen. Nicht anders wie bei der guten<br />
andragogischen Praxis. Die Bildungselite in Europa<br />
sieht sich gerne in der Tradition der großen Denker/<br />
innen – tatsächlich sind wir gute Handlungsakteur/<br />
innen: wie etwas auf den Weg zu bringen ist, davon<br />
verstehen europäische Erwachsenenbildner/innen viel<br />
und nicht zuletzt, weil der Sektor – wie eingangs erwähnt<br />
– sich als ein ewiger Fleckerlteppich charakterisieren<br />
lässt und seine Akteur/innen Bildungsjongleurkompetenz<br />
entwickeln müssen.<br />
Die überragende Grundlektion der Befassung mit<br />
Bildungsfragen im globalen Kontext besteht in der Erkenntnis<br />
der sozialen Konstruiertheit der Trennkategorien,<br />
die europäisches Denken und Handeln in der<br />
Regel unhinterfragt bestimmen. Wo Lebenläufe einer<br />
institutionalisierten Regulierung nicht unterliegen und<br />
vollständige formale Bildungssysteme nicht flächendeckend<br />
ausgebaut sind, fließen Erst- und Weiterbildung<br />
ineinander und nichtformales/informelles Lernen wird<br />
nicht ausgeblendet. Wo Wissen und Können sich nicht<br />
auseinandergelebt haben, fließen allgemeine und berufliche<br />
Bildung ineinander und die Bedeutung von<br />
Lernen als soziales Handeln in der Gemeinschaft bleibt<br />
sinnhaft. In Südostasien sind daher generationenübergreifende<br />
„community education projects“ allgegenwärtig,<br />
und sowohl in China als auch in Japan wird die<br />
Weiterbildungsbeteiligung selbstverständlich im ganzheitlichen<br />
Sinne (im persönlichen, gesellschaftlichen<br />
und wirtschaftlichen Interesse) verstanden.<br />
Kritische Analysen, die auf eine Überformung<br />
menschlicher Subjektivität im Dienste autoritärer Gesellschaftsgebilde<br />
sowie auf rein ökonomisch ausgerichtete<br />
Entwicklungspolitiken hinweisen, verlieren<br />
ihre Berechtigung nicht – auch nicht in Europa. Es deutet<br />
sich vielmehr ein Perspektivenwandel an: Gesellschaftliche<br />
Entwicklung kann nicht mehr als ein unilinearer<br />
Prozess mit eingebauter Hierarchie konzipiert<br />
werden. Für moderne Theorien des sozialen Wandels<br />
ist diese Feststellung trivial, aber die Entwicklungspolitik<br />
der Geberländer und der internationalen Organisationen,<br />
die sie lange dominierten, orientiert sich erst<br />
seit Kurzem neu. Auch Europa ist Entwicklungsland,<br />
zwar ökonomisch (noch) prosperierend aber ökologisch,<br />
gesellschaftlich und politisch nicht ohne Weiteres<br />
an wünschenswerter Stelle. Insofern kann Europa<br />
von anderen Weltregionen lernen – zum Beispiel in<br />
der <strong>Erwachsenenbildung</strong>, wie oben mehrfach erwähnt.<br />
Selbstredend braucht sich die europäische <strong>Erwachsenenbildung</strong>stradition<br />
als Errungenschaft einer demokratischen,<br />
aufgeklärten Moderne nicht zu verstecken<br />
– ganz im Gegenteil, die Bereitschaft <strong>zur</strong> reflektierten<br />
Erneuerung ist Bestandteil dieser Tradition. Sich für<br />
solche Impulse zu öffnen, ist heute eine globale Aufgabe,<br />
die uns in Europa mindestens so viel immateriellen<br />
Gewinn bringt wie unsere Länder für die Bildungsarbeit<br />
in anderen Ländern materiell ausgeben. //<br />
//<br />
Dieser Beitrag steht<br />
in der professionellen<br />
Verantwortung der<br />
Verfasserin und stellt nicht<br />
notwendigerweise die<br />
offizielle Auffassung von<br />
UNESCO dar.<br />
Referenzen zum Weiterlesen<br />
Eine Bestandausfnahme der Lage der <strong>Erwachsenenbildung</strong> mit<br />
globaler Reichweite bieten:<br />
UNESCO Institute for Lifelong Learning (2013): Second Global<br />
Report on Adult Learning and Education. Rethinking Literacy.<br />
Hamburg: UNESCO Institute for Lifelong Learning. Verfügbar unter:<br />
http://unesdoc.unesco.org/images/0022/002224/222407E.pdf.<br />
[30.12.2013].<br />
UNESCO Institute for Lifelong Learning (2010): First Global Report<br />
on Adult Learning and Education. Hamburg: UNESCO Institute for<br />
Lifelong Learning. Verfügbar unter: http://www.unesco.org/ulis/<br />
cgi-bin/ulis.pl?catno=186431&set=52C17A98_1_83&gp=1&lin=1&ll=1<br />
[30.12.2013].<br />
Das UNESCO Institut für Lebenslanges Lernen (http://www.uil.unesco.<br />
org/home/) bietet die weltweit größten Bibliotheksbestände<br />
auf dem Feld der <strong>Erwachsenenbildung</strong> an. Diese sind durch den<br />
persönlichen Besuch sowie mittels online-Dienste offen zugänglich.<br />
Information und Berichte zu den UN- sowie UNESCO-Initiativen<br />
Millenium Development Goals sowie Education For All sind auf<br />
folgenden Webseiten verfügbar unter:<br />
http://www.un.org/millenniumgoals/ http://www.unesco.org/<br />
new/en/education/themes/leading-the-international-agenda/<br />
education-for-all/the-efa-movement [30.12.2013].<br />
Die PIACC-Ergebnisse sind verfügbar unter:<br />
International: http://www.oecd.org/site/piaac/ [30.12.2013].<br />
Für Österreich: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_<br />
und_kultur/piaac/index.html [30.12.2013].<br />
Information und Ergebnisse der EU-Erhebung über die<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> (AES) sind auf folgenden Webseiten<br />
verfügbar:<br />
Eurostat: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/<br />
microdata/adult_education_survey [30.12.2013].<br />
Für Österreich: http://www.statistik.at/web_de/services/<br />
publikationen/5/index.html?id=5&listid=5&detail=656 [30.12.2013].<br />
DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 12-2013 · NR. 250 — 23