zur Erwachsenenbildung
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Schwerpunkt Positionen <strong>zur</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
Wissenschaftsproduktion<br />
in der<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
Wird das Verhältnis von Wissenschaft und<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> thematisiert, geht es nahezu<br />
ausschließlich um Wissenschaftsverbreitung durch<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong>. Dieses Verhältnis weist jedoch<br />
eine zweite Seite auf, an die kaum je systematisch<br />
gedacht wird: <strong>Erwachsenenbildung</strong> als „Produzentin“<br />
von Wissenschaft.<br />
WILHELM FILLA<br />
Schwerpunkt<br />
Wissenschaftsverbreitung durch <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
Wissenschaftsverbreitung, vielfach als Popularisierung<br />
bezeichnet, steht bereits am Beginn der modernen<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong>. Sie hat wesentlich zu ihrem bildungspolitischen<br />
und gesellschaftlichen Aufstieg seit der<br />
vorletzten Jahrhundertwende beigetragen.<br />
Im letzten Jahrzehnt erschienen <strong>zur</strong> Wissenschaftsverbreitung<br />
eine Reihe von Publikationen in Deutschland.<br />
Auch in Österreich wurde die Thematik wieder<br />
aufgegriffen, zumal es hierzulande eine Reihe von praktischen<br />
Modellen wie „University Meets Public“ (neuerdings<br />
„science“) der Wiener Volkshochschulen oder die<br />
kommunale Bildungsinitiative „Wiener Vorlesungen“<br />
gibt. 1<br />
Wissenschaftsproduktion in der <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
Die zweite Seite des Verhältnisses von Wissenschaft<br />
und <strong>Erwachsenenbildung</strong> wird kaum systematisch thematisiert<br />
und mit ihren sehr unterschiedlichen Facetten<br />
diskutiert: <strong>Erwachsenenbildung</strong> als Produzentin von<br />
Wissenschaft. Dieser Aspekt umfasst unter systematischen<br />
Gesichtspunkten zwei prinzipielle Möglichkeiten.<br />
Im Rahmen von <strong>Erwachsenenbildung</strong> werden wissenschaftliche<br />
Inhalte zu verschiedensten Themenbereichen<br />
gleichsam „produziert“ und <strong>Erwachsenenbildung</strong> macht<br />
sich selbst zum Gegenstand von wissenschaftlicher Forschung,<br />
die einen Beitrag <strong>zur</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong>swissenschaft<br />
leistet. Für beide Möglichkeiten gibt es historische<br />
wie gegenwärtige Beispiele, an die sich im größeren<br />
Stil anknüpfen ließe.<br />
Dass in der <strong>Erwachsenenbildung</strong> Wissen und darüber hinaus<br />
ansatzweise Wissenschaft produziert wird, zeigt das<br />
Beispiel der zahlreichen Geschichtswerkstätten und der<br />
dafür verwendeten Methode der Oral History, die sich<br />
in vielen Buchpublikationen in Österreich, Deutschland<br />
und anderen Ländern niedergeschlagen haben. Dazu gibt<br />
es keinen systematischen und analytischen Überblick.<br />
Ein anderes Beispiel für neues Wissen beziehungsweise<br />
für eine tendenziell Wissenschaft produzierende <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
ist im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen<br />
zu sehen, die sich alternatives Wissen aneignen und<br />
dieses in politische Strategien umsetzen. Hier kann es<br />
fachspezifisch und im Bereich von politischer Bildung<br />
zu Einsichten kommen, die neues Wissen darstellen.<br />
Solche Initiativen sind zumindest potenziell Partner von<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong>seinrichtungen – <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
ist der Erwerb alternativen Wissens allemal. 2 Ein<br />
weiteres Beispiel für die gezielte Wissensproduktion einer<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong>seinrichtung ist die Befragung<br />
der österreichischen Mandatare auf Landes- und Bundesebene<br />
<strong>zur</strong> Gedenkkultur in Österreich durch die Volkshochschule<br />
Hietzing und die Veröffentlichung der politikwissenschaftlich<br />
aufschlussreichen Ergebnisse. 3<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> als „Produzentin“<br />
pädagogischen Wissens<br />
Wissens- und Wissenschaftsproduktion in der <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
wird immer nur ein Randphänomen<br />
sein und nie im Zentrum von <strong>Erwachsenenbildung</strong> stehen.<br />
Eine Ausnahme gibt es allerdings: die „Produktion“<br />
von im engeren und weiteren Sinn pädagogischen<br />
Wissens. Dass <strong>Erwachsenenbildung</strong> sich nicht selbst<br />
„beforscht“ ist zwar dominierende Praxis, aber bei objektiver<br />
Betrachtung keineswegs selbstverständlich, sondern<br />
vielmehr als Defizit zu qualifizieren, mit entsprechenden<br />
Folgen für den gesellschaftlichen Stellenwert<br />
und das Prestige von <strong>Erwachsenenbildung</strong>. Wenn hier<br />
von <strong>Erwachsenenbildung</strong> die Rede ist, dann ist institutionell<br />
vorrangig die Volkshochschule, prinzipiell aber ein<br />
weites Feld von gemeinnützigen Bildungseinrichtungen<br />
gemeint.<br />
Vor einigen Jahren hat bei einer Veranstaltung des<br />
Verbandes Österreichischer Volkshochschulen der Berufsbildungsforscher<br />
Peter Schlögl unwidersprochen gemeint,<br />
„das Wissen um die Volkshochschule endet vor<br />
der Tür des Veranstaltungsraumes“ und damit den Nagel<br />
auf den Kopf getroffen. Über konkretes Lehren und Lernen<br />
an der Volkshochschule wie anderen <strong>Erwachsenenbildung</strong>seinrichtungen<br />
auch, ist auf wissenschaftlicher<br />
Basis in Österreich wenig bekannt. Dabei gibt es wichtige<br />
und geradezu pionierhafte Ansätze der empirischen Forschung,<br />
beispielsweise im Kontext der Volkshochschule<br />
Meidling. 4<br />
Dass in einigen Fachbereichen eine auf wissenschaftlicher<br />
Basis vor sich gehende pädagogische Wissensproduktion<br />
mit wissenschaftlichen Methoden zustande<br />
kommt, zeigt die vom Verband Österreichischer Volkshochschulen<br />
in Kooperation mit dem Bundesinstitut für<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> in Auftrag gegebene soziologische<br />
Erhebung bei Sprachkursleiter/innen. 5<br />
28 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 12-2013 · NR. 250