zur Erwachsenenbildung
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Schwerpunkt Positionen <strong>zur</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
Erwartungen und Erfahrungen der erwachsenen<br />
Lernenden basieren, eine größere Rolle, ganze „Lebensprojekte“<br />
werden mit der Wiederaufnahme organisierten<br />
Lernens verknüpft. Personale Faktoren wie<br />
spezifische Motive und Interessen (n. Illeris, 2010, sog.<br />
„Lebensprojekte“) sind zentrale Ursache dafür, dass erwachsene<br />
Personen Lernangebote überhaupt aufgreifen,<br />
sich bestimmte Aufgaben aussuchen, sich aktiv mit<br />
Inhalten auseinander setzen und Ergebnisse anstreben.<br />
In einem von der dfg geförderten Forschungsprojekt<br />
wurde deshalb ein Fragebogen entwickelt (Organisation<br />
und Teilnehmende [OrTe]; Kil & Wagner, 2006),<br />
der mit einem Sample von N = 1710 in vier Anbietertypen<br />
von Weiterbildung ausgewertet worden ist, um<br />
Erwartungen und Motive der Teilnehmenden mit den<br />
Leistungen einer Weiterbildungsorganisation in Beziehung<br />
zu setzen. Hier zeigt sich:<br />
1. „Interessiert sein“ bildet den zentralen Ausgangspunkt<br />
für gemutmaßten Erfolg und Zufriedenheit<br />
mit der Weiterbildung.<br />
2. Didaktische Unterstützungen werden eher von bereits<br />
Motivierten und Interessierten erwartet.<br />
3. Wer weniger leistungsmotiviert und von seinen Eingangsbedingungen<br />
her sozial motiviert ist, erwartet<br />
(für ihn möglicherweise hilfreiche) didaktische Unterstützungen<br />
nicht.<br />
4. „Interessiert sein“ toleriert/befürwortet eine fachvermittelnde<br />
Unterstützung (klassische „lehrzentrierte“<br />
Didaktik).<br />
Es zeigt sich also ein Spiegeln – „ich erwarte das,<br />
wozu ich motiviert bin“! Diese Eingangsmotivation<br />
kann mit dem, was und wie angesichts des Lernprojektes/Lernthemas<br />
gelernt werden sollte, im Sinne eines<br />
erfolgreichen Lernprozesses Friktionen beinhalten.<br />
Der Erwartungshorizont der Teilnehmenden wäre deshalb<br />
aktiv zu erweitern und im Hinblick auf das Erreichen<br />
des Lernergebnisses realistisch zu halten.<br />
Zu 3: Bisher wissen wir, dass Bildung längsschnittlich<br />
betrachtet eine positive Ausgangsbedingung für einen<br />
„guten“ und gesünderen Lebensverlauf bildet. Bildung<br />
wird dabei operationalisiert in formal erworbene<br />
(messbare) Qualifikationen bzw. Abschlüsse. Für die<br />
protektive Funktion organisierter Weiterbildung für einen<br />
gesunden Alterungsprozess gibt es dagegen noch<br />
keine einheitlichen Befunde. Das macht das bell-<br />
Projekt „Benefits of Lifelong Learning“ interessant<br />
und brisant. Bisher gibt es „nur“ Einzelstudien, keine<br />
Metaanalyse, und es wurden Einzelstudien zu Benefits<br />
im Rahmen des Projektes Benefits of Lifelong Learning<br />
zusammengefasst und der Fragebogen auf diese Basis<br />
gestellt (Kil, Motschilnig & Thöne-Geyer, 2012). Im eu-<br />
Projekt Benefits of Lifelong Learning (bell) sind dann<br />
8646 Fragebögen ausgefüllt und 80 qualitative Interviews<br />
in neun europäischen Ländern (Spanien, England,<br />
Deutschland, Schweiz, Italien, Finnland, Tschechien,<br />
Slowenien und Serbien) geführt worden. Damit<br />
sollte belegt werden, dass die Teilnahme an organisierter<br />
Weiterbildung einen Nutzen für die Teilnehmenden<br />
bereithält, der über die beabsichtigten Lernergebnisse<br />
eines Kurses/eines Seminars weit hinausreicht.<br />
Insgesamt ließen sich mittels des Fragebogens alle operationalisierten<br />
Benefits in unterschiedlicher Ausprägung<br />
belegen. Qualitative Interviews illustrieren dabei<br />
für drei übergreifende Kategorien von Benefits, welche<br />
Zugewinne erlebt werden (hier Interviewauszüge aus<br />
dem dt. Sample):<br />
Weiterbildung erhält und entwickelt<br />
Lernvoraussetzungen<br />
• Die Motivation zu Lernen entwickelt sich durch Lernen<br />
selbst positiv.<br />
• Weiterbildung stärkt das Selbstvertrauen in die eigene<br />
Vitalität.<br />
• Teilnehmende sehen sich selbst als verantwortliche<br />
Gestalter ihrer Biographie.<br />
• Teilnehmende im höheren Erwachsenenalter fühlen<br />
sich in ihren Entwicklungsperspektiven bestärkt.<br />
Beispiel: Nächster Punkt, interessiere ich mich wieder<br />
für neue Felder. Das – das Wissen ist ja wie eine Hydra.<br />
Also entwickelt sich ja immer weiter, ne. Wenn man da auf<br />
ein Gebiet stößt, dann fällt einem ein anderes auf, und na<br />
ja, dann wird man neugierig. Also ich werde dann neugierig,<br />
möchte mehr wissen.“ (ger, Interview 4, Herr P.)<br />
Weiterbildung ermöglicht Teilhabe und Mitwirkung<br />
an einer demokratisch ausgerichteten Gesellschaft<br />
• Neue Anforderungen verändern; Teilnehmende<br />
verändern sich mit.<br />
• Teilnehmende erweisen sich als weltoffen und tolerant;<br />
Extreme werden abgelehnt.<br />
• Teilnehmende werden „immun“ gegenüber Klischees<br />
und Stereotypen.<br />
• Teilnehmende schätzen Beteiligungsmöglichkeiten<br />
und mischen sich ein.<br />
• Teilnehmende sind optimistische Gestalter ihres eigenen<br />
Weges.<br />
Beispiel: Also die persönlich wichtigste Wirkung ist für<br />
mich erst mal ein Zugewinn an Bildung und dass ich auf<br />
sicherem Boden in der Gesellschaft stehe und mich politisch<br />
engagieren kann. Ich bin offener und nicht festgelegt<br />
auf Meinungen. Eine wichtige Sache ist auch mein Standpunkt,<br />
meine Verortung immer wieder zu überprüfen; auch<br />
zu revidieren und weiter zu entwickeln. (ger, Interview 4,<br />
Herr P.)<br />
Weiterbildung stützt soziale Inklusion<br />
• Aufbau und Erleben von sozialen Netzwerken<br />
schafft Vertrauen in soziale Teilhabe.<br />
• Teilnehmende an Weiterbildung sind engagiert und<br />
eingebunden in soziale und kommunale Aktivitäten.<br />
• Weiterbildungsteilnahme wirkt sich positiv auf die<br />
Erziehung von Kindern aus.<br />
• Weiterbildung führt zu neuen Vernetzungen in Erwerbsarbeit<br />
und Nachbarschaft.<br />
• Weiterbildungsteilnehmende achten mehr auf ihre<br />
Gesundheit.<br />
Bsp.: „Eine Gesellschaft ist ja im Fluss. Und ich bin da<br />
Teil der Gesellschaft und möchte mich bewegen.“ (ger, Interview<br />
4, Herr P.)<br />
36 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 12-2013 · NR. 250