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Archivar 2/2013 (3 MByte) - Archive in NRW

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Lösung der Aufgabe verstanden, für Nachhaltigkeit bei der Datenhaltung<br />

zu sorgen. Das von Rechenzentren angebotene Speichervolumen<br />

übersteigt die Möglichkeiten herkömmlicher <strong>Archive</strong><br />

um Größenordnungen. Auch die <strong>Archive</strong> von Hochschulen und<br />

wissenschaftlichen E<strong>in</strong>richtungen können die Speicherdienste<br />

des jeweiligen Rechenzentrums nutzen. Die aus archivischer Sicht<br />

unerschöpflich anmutenden Speichervolum<strong>in</strong>a der Rechenzentren<br />

s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nicht auf die digitale Langzeitarchivierung<br />

nach dem Referenzmodell des OAIS e<strong>in</strong>gerichtet. Hier geht es um<br />

die aus archivischer Sicht kurz- und mittelfristige Aufbewahrung<br />

von Mengen, die als Big Data bezeichnet werden. Getrieben von<br />

den laufend wachsenden Bedürfnissen der Forscher agieren die<br />

Rechenzentren dabei an den jeweiligen Grenzen des technisch<br />

und wirtschaftlich Machbaren. Ihre Speicherressourcen entstehen<br />

nicht selten mit e<strong>in</strong>em klaren Bezug auf bestimmte Forschungsvorhaben<br />

und Nutzer. Die am Rechenzentrum vorhandenen und<br />

aus archivischer Perspektive ganz beträchtlichen Mittel geben<br />

deshalb nicht ohne Weiteres Spielraum für Maßnahmen zum<br />

langfristigen Datenerhalt nach den Anforderungen des OAIS.<br />

Auch die Größenverhältnisse der Nutzer spielen e<strong>in</strong>e Rolle. Das<br />

Archiv e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen E<strong>in</strong>richtung hat es schwer, neben<br />

den großen und im H<strong>in</strong>blick auf bestimmte Vorkehrungen zum<br />

langfristigen Datenerhalt weniger anspruchsvollen Nutzern<br />

auf e<strong>in</strong>e Qualifizierung von Speicherdiensten im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />

Service-Level-Agreements h<strong>in</strong>zuwirken. Wünsche nach def<strong>in</strong>ierter<br />

Speicherredundanz, Datenspiegelung auf räumlich entfernten<br />

Speichermedien, automatisierter Integritätskontrolle mittels Prüfsummen<br />

samt Berichtswesen oder nach e<strong>in</strong>er Offenlegung von<br />

Maßnahmen zur IT-Sicherheit e<strong>in</strong>schließlich der Vorkehrungen<br />

zum Schutz personenbezogener Daten, e<strong>in</strong> Monitor<strong>in</strong>g der gespeicherten<br />

Dateiformate im H<strong>in</strong>blick auf drohende Obsoleszenzen<br />

und e<strong>in</strong>e entsprechende systematische Erhaltungsplanung – das<br />

alles s<strong>in</strong>d aufwändige Sonderleistungen, die ke<strong>in</strong> Rechenzentrum<br />

auf die bloße Bitte e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Nutzers h<strong>in</strong> erfüllen wird. Nicht<br />

zuletzt die Projektb<strong>in</strong>dung der Aktivitäten wissenschaftlicher<br />

Rechenzentren begrenzt den Spielraum für solche zusätzlichen<br />

Leistungen. Für die an Rechenzentren arbeitenden Akteure von<br />

Big Data mutet die Umsetzung des OAIS an wie die Herstellung<br />

e<strong>in</strong>es filigranen Schätzkästle<strong>in</strong>s, das im Verhältnis zu se<strong>in</strong>em<br />

Fassungsvermögen unvertretbar teuer ist.<br />

Bibliotheken<br />

An manchen wissenschaftlichen Bibliotheken gibt es ausgeformte<br />

E<strong>in</strong>richtungen oder <strong>in</strong> der Umsetzung begriffene Vorhaben<br />

zur Langzeitarchivierung nach dem OAIS, doch ist nicht klar<br />

abzusehen, dass diese Funktion e<strong>in</strong>e bibliothekarische Standardleistung<br />

wird. Im Fokus von Bestrebungen zur digitalen Langzeitarchivierung<br />

steht naturgemäß der Erhalt von Publikationen. E<strong>in</strong><br />

Interesse an Forschungsdaten kann <strong>in</strong>sbesondere entstehen, wenn<br />

diese e<strong>in</strong> Anhang zu Publikationen s<strong>in</strong>d. Mit der Digitalisierung<br />

des Publikationswesens verbessern sich auch die Möglichkeiten<br />

zum Umgang mit solchen Ersche<strong>in</strong>ungsformen von Forschungsdaten.<br />

Das gilt nicht zuletzt für die an Hochschulen und deren<br />

Bibliotheken relevante Fraktion der Qualifikationsschriften, die<br />

oft <strong>in</strong> besonders enger Rückb<strong>in</strong>dung an e<strong>in</strong>en Datenbestand<br />

erstellt werden.<br />

Mit den Möglichkeiten zur Vergabe von Persistent Identifiern<br />

haben Bibliotheken oder Bibliotheksverbünde wichtige Voraussetzungen<br />

für die Nutzbarmachung digitaler Veröffentlichungen<br />

geschaffen. Dieser Aspekt ist e<strong>in</strong> gegenüber <strong>Archive</strong>n wesentlicher<br />

Wettbewerbsvorteil, wenn es um die E<strong>in</strong>werbung von Daten geht,<br />

deren Erzeuger die Sichtbarkeit ihrer Arbeitsergebnisse <strong>in</strong> der<br />

digitalen Welt maximieren wollen.<br />

Auch unabhängig vom traditionellen Kerngeschäft <strong>in</strong>teressieren<br />

sich wissenschaftliche Bibliotheken für die Übernahme und<br />

Präsentation von Forschungsdaten. Hier besteht e<strong>in</strong>e Konkurrenz<br />

zu den für <strong>Archive</strong> mit Rücksicht auf ihren archivgesetzlichen Zuständigkeitsbereich<br />

denkbaren Aktivitäten. Aufgrund ihres <strong>in</strong> der<br />

Regel größeren Volumens und ihrer fortgeschrittenen Expertise<br />

im Bereich der Datenverarbeitung haben die Bibliotheken e<strong>in</strong>en<br />

weiten Entwicklungsvorsprung vor eigenständig organisierten <strong>Archive</strong>n<br />

der jeweiligen wissenschaftlichen Institution. Nicht selten<br />

existieren die <strong>Archive</strong> von Hochschulen und anderen Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />

jedoch als Organisationse<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>er Bibliothek.<br />

Es bleibt abzuwarten, ob die hier denkbaren Synergien auch bei<br />

der digitalen Langzeitarchivierung zum Tragen kommen.<br />

<strong>Archive</strong> an Hochschulen und<br />

wissenschaftlichen Institutionen<br />

Das typische Universitätsarchiv ist von se<strong>in</strong>em Ressourcenzuschnitt<br />

her mit den traditionellen Archivaufgaben völlig ausgelastet.<br />

Improvisationen unterhalb des fachlich gebotenen Niveaus<br />

s<strong>in</strong>d vielerorts an der Tagesordnung. Häufige Problemzonen<br />

s<strong>in</strong>d die Magaz<strong>in</strong>situation, Erschließungskapazitäten und der<br />

Zugang zu potenziellem Archivgut, auch <strong>in</strong> der Papierwelt. E<strong>in</strong>e<br />

befriedigende Balance des Ressourcene<strong>in</strong>satzes wird oft durch<br />

die Notwendigkeit verh<strong>in</strong>dert, mit Aktionen im Bereich der<br />

Geschichtspflege Sichtbarkeit herzustellen und Ansprüche an die<br />

Onl<strong>in</strong>e-Verfügbarkeit von F<strong>in</strong>dmitteln vorrangig zu bedienen.<br />

Neben das Problem der festen B<strong>in</strong>dung vorhandener Ressourcen<br />

tritt bei der digitalen Langzeitarchivierung der Aspekt der absoluten<br />

Größe. Das gilt <strong>in</strong> personeller wie <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>sicht. Mit<br />

zwei spezifisch ausgebildeten Fachkräften auf dem Niveau des<br />

höheren oder gehobenen Dienstes gehört e<strong>in</strong> Hochschularchiv <strong>in</strong><br />

8 E<strong>in</strong> an der KIT-Bibliothek angesiedeltes Projekt betreibt die weltweite Registrierung<br />

von Forschungsdatenrepositorien. http://www.re3data.org.<br />

9 Siehe Anmerkung 4.<br />

10 Siehe Anm. 2, hier bes. S. 307-313, Zitat S. 313.<br />

11 Von den der Helmholtz-Geme<strong>in</strong>schaft Deutscher Forschungszentren angehörigen<br />

achtzehn Forschungszentren unterliegen acht wegen ihrer Rechtsform<br />

als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht dem Archivgesetz<br />

des jeweiligen Sitzlandes (Helmholtz-Zentrum Berl<strong>in</strong> für Materialien und<br />

Energie, Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung,<br />

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Gesellschaft<br />

für Schwerionenforschung/Darmstadt, Forschungszentrum Jülich, Helmholtz-Zentrum<br />

für Infektionsforschung/Braunschweig, Helmholtz-Zentrum<br />

für Umweltforschung/Leipzig, Helmholtz Zentrum München – Deutsches<br />

Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt). Auf vier weitere Großforschungse<strong>in</strong>richtungen<br />

trifft dies wegen ihrer Eigenschaft als Stiftung des<br />

bürgerlichen Rechts oder als Vere<strong>in</strong> zu (Deutsches Elektronen-Synchrotron/<br />

Hamburg, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik/Garch<strong>in</strong>g, Deutsches<br />

Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen/Bonn, Helmholtz-Zentrum<br />

Dresden-Rossendorf). Die übrigen sechs Helmholtz-Zentren unterliegen als<br />

Stiftungen des öffentlichen Rechts bzw. als Körperschaft des öffentlichen<br />

Rechts dem jeweiligen Landesarchivgesetz (GEOMAR – Helmholtz-Zentrum<br />

für Ozeanforschung Kiel, Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum<br />

für Polar- und Meeresforschung/Bremerhaven, Helmholtz-Zentrum<br />

Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum, Deutsches Krebsforschungszentrum/Heidelberg,<br />

Max-Delbrück-Centrum Berl<strong>in</strong> für Molekulare Mediz<strong>in</strong>/Berl<strong>in</strong>-Bruch,<br />

Karlsruher Institut für Technologie).<br />

12 nestor-Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarkeit<br />

Digitaler Ressourcen für Deutschland (Hg.): Referenzmodell für<br />

e<strong>in</strong> Offenes Archiv-Informations-System – Deutsche Übersetzung –, 2012<br />

(urn:nbn:de: 0008-2012051101).<br />

<strong>Archivar</strong> 66. Jahrgang Heft 02 Mai <strong>2013</strong>

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