Archivar 2/2013 (3 MByte) - Archive in NRW
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Deutschen Nationalbibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek<br />
oder der Staatsbibliothek zu Berl<strong>in</strong> (um nur drei zu nennen)<br />
wahrgenommen.<br />
Unabhängig von diesem strukturellen Unterschied besteht aber<br />
<strong>in</strong> gleicher Weise für die <strong>Archive</strong> und die Bibliotheken bei der<br />
Bestandserhaltung der hohe F<strong>in</strong>anzierungsbedarf, für den aktuell<br />
noch ke<strong>in</strong>e Lösung am Horizont sichtbar ist. Umso wichtiger ist,<br />
dass der Wissenschaftsrat sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Empfehlungen nicht auf<br />
die digitale Welt beschränkt und den Handlungsbedarf ausgewiesen<br />
hat.<br />
Grundf<strong>in</strong>anzierung von Informations<strong>in</strong>frastrukturen<br />
Und dabei ist entscheidend, dass die aktuellen Herausforderungen<br />
und laufenden Aufgaben der Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen,<br />
e<strong>in</strong>schließlich ihrer E<strong>in</strong>passung <strong>in</strong> die digitale Welt, nicht nur<br />
über Fördermittel f<strong>in</strong>anziert werden können, sondern e<strong>in</strong>er<br />
Grundf<strong>in</strong>anzierung bedürfen, die von ihren Trägern zu gewährleisten<br />
ist. 36 Exakt dies hat auch der Wissenschaftsrat klar herausgestellt:<br />
„Die Grundf<strong>in</strong>anzierung sollte derart bemessen se<strong>in</strong>, dass<br />
die Informations<strong>in</strong>frastrukture<strong>in</strong>richtungen ihren derzeitigen und<br />
zukünftigen, sich aus der dynamischen Weiterentwicklung des<br />
Wissenschaftssystems ergebenden, Aufgaben <strong>in</strong> guter Qualität<br />
entsprechen können. Der Wissenschaftsrat geht davon aus, dass<br />
hierfür zusätzliche Ausgaben von Bund und Ländern <strong>in</strong> relevantem<br />
Umfang erforderlich se<strong>in</strong> werden.“ 37<br />
Inwieweit es gel<strong>in</strong>gen wird, tatsächlich <strong>in</strong> den nächsten Jahren<br />
hier e<strong>in</strong> Niveau „<strong>in</strong> relevantem Umfang“ zu erreichen, durch das<br />
nur halbwegs der tatsächliche Bedarf abgedeckt wird, bleibt die<br />
große Frage; der Verf. möchte nicht verhehlen, dass er da eher<br />
skeptisch ist und realistische Betrachtungsweisen fast zu resignativer<br />
Verzweiflung führen könnten. Gerade deshalb aber muss der<br />
hohe F<strong>in</strong>anzierungsbedarf benannt werden. Vergleiche, wie sie<br />
die Bayerische Staatsbibliothek gerne auf Podiumsdiskussionen<br />
anstellt, wenn sie z. B. den erforderlichen Kosten für die Erhaltung<br />
ihrer Bestände jene für die F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>es Autobahnabschnitts<br />
von e<strong>in</strong>em Kilometer (beides s<strong>in</strong>d Infrastrukturmaßnahmen)<br />
gegenüberstellt, 38 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kontakten mit der Politik sicher<br />
geeignet, angemessene Relationen herzustellen.<br />
Fachlich müssen dabei die Bedarfe für die Bestandserhaltung<br />
„analoger“ Überlieferung, die Sicherung genu<strong>in</strong> digitaler Unterlagen<br />
und die digitale Bereitstellung von F<strong>in</strong>dmitteln und<br />
Archivgut additiv als parallel bestehend <strong>in</strong> allen ihren Verschränkungen<br />
mit den Fachaufgaben ausgewiesen werden. Denn realiter<br />
bestehen sie <strong>in</strong> den jeweiligen Dimensionen nebene<strong>in</strong>ander und<br />
nur unter Beachtung der Verflechtungen lassen sich analoge und<br />
digitale Informations<strong>in</strong>frastrukturen so ausgestalten, dass sie<br />
heutigen Anforderungen gerecht werden: Vielfach muss Archivgut<br />
erst <strong>in</strong>stand gesetzt werden, bevor es digitalisiert werden kann.<br />
Vor jedweder Digitalisierung von Archivgut ist zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e<br />
Grunderschließung bzw. Erhebung von Strukturdaten zu leisten,<br />
müssen doch die Digitalisate mit Metadaten verknüpft werden.<br />
Hier s<strong>in</strong>d vielfach noch große Rückstände <strong>in</strong> der Erschließung<br />
aufzuarbeiten. In Verb<strong>in</strong>dung damit bleibt auch der Anteil der onl<strong>in</strong>e<br />
recherchierbaren F<strong>in</strong>dmittel <strong>in</strong>sgesamt noch erheblich zu erhöhen,<br />
trotz der DFG-Förderl<strong>in</strong>ie zur Retrokonversion, die schon<br />
viel bewirkt hat. Beides gilt sicher, wenn auch wohl <strong>in</strong> unterschiedlichem<br />
Ausmaß, für alle Archivsparten. Und genu<strong>in</strong> digitale<br />
Unterlagen müssen im Kontext breiter Strategien zur Überliefe-<br />
rungsbildung bewertet werden, bevor über geeignete Maßnahmen<br />
zur Sicherung ihrer Langzeitverfügbarkeit nachgedacht wird. Die<br />
Felder archivischer Arbeit bestehen nicht separierbar nebene<strong>in</strong>ander,<br />
sondern s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielfältiger Weise mite<strong>in</strong>ander verzahnt.<br />
Archivierung genu<strong>in</strong> digitaler<br />
Unterlagen<br />
Mit der Berechnung der anfallenden Kosten auf diesem Feld<br />
haben sich die <strong>Archive</strong> bisher schwer getan. Auch wenn dies im<br />
Widerspruch zum gerade zuvor Gesagten stehen mag: Vielleicht<br />
war das zunächst sogar gut so, denn hier hätten sich bei<br />
realistischer Betrachtung möglicherweise Zahlen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe<br />
ergeben, die der E<strong>in</strong>richtung manchen Digitalen Archivs abträglich<br />
gewesen wären. Der kommende F<strong>in</strong>anzierungsbedarf muss<br />
jedoch im Blick bleiben und auf der Grundlage der nun gewonnenen<br />
und zu gew<strong>in</strong>nenden Erfahrungen laufend überdacht<br />
werden. Spartenübergreifend befasst sich derzeit e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />
des Kompetenznetzwerks nestor mit den Kosten digitaler<br />
Archivierung. 39 Belastbare Erkenntnisse zum F<strong>in</strong>anzierungsdarf<br />
bleiben <strong>in</strong>des schon deshalb schwierig zu gew<strong>in</strong>nen, weil es sich<br />
beim Aufbau und Betrieb digitaler <strong>Archive</strong> um e<strong>in</strong> Arbeitsfeld<br />
handelt, das von besonderer Dynamik geprägt ist. Wie stellt sich<br />
die Situation aktuell für die <strong>Archive</strong> dar? Im Frühjahr <strong>2013</strong> betreiben<br />
neben dem Bundesarchiv e<strong>in</strong>ige wenige staatliche Archivverwaltungen<br />
wie Baden-Württemberg und Hessen bereits seit<br />
e<strong>in</strong>igen Jahren Digitale <strong>Archive</strong> im Regelbetrieb, manche haben<br />
nach e<strong>in</strong>er nun abgeschlossenen Konzeptions- und/oder Pilotphase<br />
gerade erst damit begonnen, andere stehen unmittelbar davor.<br />
Handlungsbedarf besteht vor allem bei nichtstaatlichen Archivsparten,<br />
besonders auch bei den Kommunalarchiven. Koopera-<br />
24 Entwicklung der Personalstrukturen im Archivwesen der Länder <strong>in</strong> der<br />
Bundesrepublik Deutschland. Strategiepapier der ARK 2011, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 64<br />
(2011) S. 397-413, hier bes. S. 402 und 407-412.<br />
25 http://www.gwk-bonn.de/fileadm<strong>in</strong>/Papers/KII_Gesamtkonzept.pdf.<br />
26 Wie Anm. 1, S. 45 ff. – Zum Begriff der „Medien“ <strong>in</strong> den Empfehlungen vgl.<br />
ebd. S. 17.<br />
27 Wie Anm. 1, S. 45 f.<br />
28 Robert Kretzschmar, Das Landesarchiv Baden-Württemberg <strong>in</strong> der digitalen<br />
Welt. E<strong>in</strong>führung und Textabdruck, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 61 (2008), S. 14-19.<br />
29 Vgl. dazu demnächst Robert Kretzschmar, Archival process<strong>in</strong>g of born digital<br />
material and digitization of archival documents <strong>in</strong> Germany (ersche<strong>in</strong>t<br />
<strong>2013</strong> <strong>in</strong> comma).<br />
30 Zuletzt auf dem 46. Rhe<strong>in</strong>ischen Archivtag <strong>in</strong> Rat<strong>in</strong>gen, vgl. den Bericht von<br />
Claudia Kauertz, Digital und analog. Die beiden Archivwelten. 46. Rhe<strong>in</strong>ischer<br />
Archivtag <strong>in</strong> Rat<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 66 (<strong>2013</strong>), S. 65.<br />
31 http://www.allianz-kulturgut.de/.<br />
32 Robert Kretzschmar, Aktionstage und e<strong>in</strong>e Denkschrift. Zur Lobbyarbeit<br />
für die Erhaltung schriftlichen Kulturguts, <strong>in</strong>: E<strong>in</strong>e Zukunft für saures Papier.<br />
Perspektiven von <strong>Archive</strong>n und Bibliotheken nach Abschluss des KUR-<br />
Projekts „Nachhaltigkeit der Massenentsäuerung von Bibliotheksgut“, hrsg.<br />
von Re<strong>in</strong>hard Altenhöner u. a., Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 2012, S. 186-194.<br />
33 http://www.allianz-kulturgut.de/fileadm<strong>in</strong>/user_upload/Allianz_Kulturgut/dokumente/2009_Allianz_Denkschrift_gedruckt.pdf.<br />
34 http://www.kek-spk.de/<strong>in</strong>dex.php?id=1.<br />
35 http://www.kek-spk.de/<strong>in</strong>dex.php?id=39.<br />
36 Wie Anm. 1, S. 8 und S. 72 f.<br />
37 Wie Anm. 1. S. 8.<br />
38 So z. B. von Irmhild Schäfer <strong>in</strong> der Podiumsdiskussion auf dem Nationalen<br />
Aktionstag für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts <strong>in</strong> Frankfurt am<br />
Ma<strong>in</strong> am 14.05.2011 und von Rolf Griebel <strong>in</strong> der Podiumsdiskussion auf dem<br />
Tag der Bestandserhaltung am 10.10.2011 <strong>in</strong> Potsdam.<br />
39 http://www.langzeitarchivierung.de/Subsites/nestor/DE/Arbeitsgruppen/<br />
AGKosten.html.<br />
<strong>Archivar</strong> 66. Jahrgang Heft 02 Mai <strong>2013</strong>