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Archivar 2/2013 (3 MByte) - Archive in NRW

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149<br />

Deutschen Nationalbibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek<br />

oder der Staatsbibliothek zu Berl<strong>in</strong> (um nur drei zu nennen)<br />

wahrgenommen.<br />

Unabhängig von diesem strukturellen Unterschied besteht aber<br />

<strong>in</strong> gleicher Weise für die <strong>Archive</strong> und die Bibliotheken bei der<br />

Bestandserhaltung der hohe F<strong>in</strong>anzierungsbedarf, für den aktuell<br />

noch ke<strong>in</strong>e Lösung am Horizont sichtbar ist. Umso wichtiger ist,<br />

dass der Wissenschaftsrat sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Empfehlungen nicht auf<br />

die digitale Welt beschränkt und den Handlungsbedarf ausgewiesen<br />

hat.<br />

Grundf<strong>in</strong>anzierung von Informations<strong>in</strong>frastrukturen<br />

Und dabei ist entscheidend, dass die aktuellen Herausforderungen<br />

und laufenden Aufgaben der Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen,<br />

e<strong>in</strong>schließlich ihrer E<strong>in</strong>passung <strong>in</strong> die digitale Welt, nicht nur<br />

über Fördermittel f<strong>in</strong>anziert werden können, sondern e<strong>in</strong>er<br />

Grundf<strong>in</strong>anzierung bedürfen, die von ihren Trägern zu gewährleisten<br />

ist. 36 Exakt dies hat auch der Wissenschaftsrat klar herausgestellt:<br />

„Die Grundf<strong>in</strong>anzierung sollte derart bemessen se<strong>in</strong>, dass<br />

die Informations<strong>in</strong>frastrukture<strong>in</strong>richtungen ihren derzeitigen und<br />

zukünftigen, sich aus der dynamischen Weiterentwicklung des<br />

Wissenschaftssystems ergebenden, Aufgaben <strong>in</strong> guter Qualität<br />

entsprechen können. Der Wissenschaftsrat geht davon aus, dass<br />

hierfür zusätzliche Ausgaben von Bund und Ländern <strong>in</strong> relevantem<br />

Umfang erforderlich se<strong>in</strong> werden.“ 37<br />

Inwieweit es gel<strong>in</strong>gen wird, tatsächlich <strong>in</strong> den nächsten Jahren<br />

hier e<strong>in</strong> Niveau „<strong>in</strong> relevantem Umfang“ zu erreichen, durch das<br />

nur halbwegs der tatsächliche Bedarf abgedeckt wird, bleibt die<br />

große Frage; der Verf. möchte nicht verhehlen, dass er da eher<br />

skeptisch ist und realistische Betrachtungsweisen fast zu resignativer<br />

Verzweiflung führen könnten. Gerade deshalb aber muss der<br />

hohe F<strong>in</strong>anzierungsbedarf benannt werden. Vergleiche, wie sie<br />

die Bayerische Staatsbibliothek gerne auf Podiumsdiskussionen<br />

anstellt, wenn sie z. B. den erforderlichen Kosten für die Erhaltung<br />

ihrer Bestände jene für die F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>es Autobahnabschnitts<br />

von e<strong>in</strong>em Kilometer (beides s<strong>in</strong>d Infrastrukturmaßnahmen)<br />

gegenüberstellt, 38 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kontakten mit der Politik sicher<br />

geeignet, angemessene Relationen herzustellen.<br />

Fachlich müssen dabei die Bedarfe für die Bestandserhaltung<br />

„analoger“ Überlieferung, die Sicherung genu<strong>in</strong> digitaler Unterlagen<br />

und die digitale Bereitstellung von F<strong>in</strong>dmitteln und<br />

Archivgut additiv als parallel bestehend <strong>in</strong> allen ihren Verschränkungen<br />

mit den Fachaufgaben ausgewiesen werden. Denn realiter<br />

bestehen sie <strong>in</strong> den jeweiligen Dimensionen nebene<strong>in</strong>ander und<br />

nur unter Beachtung der Verflechtungen lassen sich analoge und<br />

digitale Informations<strong>in</strong>frastrukturen so ausgestalten, dass sie<br />

heutigen Anforderungen gerecht werden: Vielfach muss Archivgut<br />

erst <strong>in</strong>stand gesetzt werden, bevor es digitalisiert werden kann.<br />

Vor jedweder Digitalisierung von Archivgut ist zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e<br />

Grunderschließung bzw. Erhebung von Strukturdaten zu leisten,<br />

müssen doch die Digitalisate mit Metadaten verknüpft werden.<br />

Hier s<strong>in</strong>d vielfach noch große Rückstände <strong>in</strong> der Erschließung<br />

aufzuarbeiten. In Verb<strong>in</strong>dung damit bleibt auch der Anteil der onl<strong>in</strong>e<br />

recherchierbaren F<strong>in</strong>dmittel <strong>in</strong>sgesamt noch erheblich zu erhöhen,<br />

trotz der DFG-Förderl<strong>in</strong>ie zur Retrokonversion, die schon<br />

viel bewirkt hat. Beides gilt sicher, wenn auch wohl <strong>in</strong> unterschiedlichem<br />

Ausmaß, für alle Archivsparten. Und genu<strong>in</strong> digitale<br />

Unterlagen müssen im Kontext breiter Strategien zur Überliefe-<br />

rungsbildung bewertet werden, bevor über geeignete Maßnahmen<br />

zur Sicherung ihrer Langzeitverfügbarkeit nachgedacht wird. Die<br />

Felder archivischer Arbeit bestehen nicht separierbar nebene<strong>in</strong>ander,<br />

sondern s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielfältiger Weise mite<strong>in</strong>ander verzahnt.<br />

Archivierung genu<strong>in</strong> digitaler<br />

Unterlagen<br />

Mit der Berechnung der anfallenden Kosten auf diesem Feld<br />

haben sich die <strong>Archive</strong> bisher schwer getan. Auch wenn dies im<br />

Widerspruch zum gerade zuvor Gesagten stehen mag: Vielleicht<br />

war das zunächst sogar gut so, denn hier hätten sich bei<br />

realistischer Betrachtung möglicherweise Zahlen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe<br />

ergeben, die der E<strong>in</strong>richtung manchen Digitalen Archivs abträglich<br />

gewesen wären. Der kommende F<strong>in</strong>anzierungsbedarf muss<br />

jedoch im Blick bleiben und auf der Grundlage der nun gewonnenen<br />

und zu gew<strong>in</strong>nenden Erfahrungen laufend überdacht<br />

werden. Spartenübergreifend befasst sich derzeit e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />

des Kompetenznetzwerks nestor mit den Kosten digitaler<br />

Archivierung. 39 Belastbare Erkenntnisse zum F<strong>in</strong>anzierungsdarf<br />

bleiben <strong>in</strong>des schon deshalb schwierig zu gew<strong>in</strong>nen, weil es sich<br />

beim Aufbau und Betrieb digitaler <strong>Archive</strong> um e<strong>in</strong> Arbeitsfeld<br />

handelt, das von besonderer Dynamik geprägt ist. Wie stellt sich<br />

die Situation aktuell für die <strong>Archive</strong> dar? Im Frühjahr <strong>2013</strong> betreiben<br />

neben dem Bundesarchiv e<strong>in</strong>ige wenige staatliche Archivverwaltungen<br />

wie Baden-Württemberg und Hessen bereits seit<br />

e<strong>in</strong>igen Jahren Digitale <strong>Archive</strong> im Regelbetrieb, manche haben<br />

nach e<strong>in</strong>er nun abgeschlossenen Konzeptions- und/oder Pilotphase<br />

gerade erst damit begonnen, andere stehen unmittelbar davor.<br />

Handlungsbedarf besteht vor allem bei nichtstaatlichen Archivsparten,<br />

besonders auch bei den Kommunalarchiven. Koopera-<br />

24 Entwicklung der Personalstrukturen im Archivwesen der Länder <strong>in</strong> der<br />

Bundesrepublik Deutschland. Strategiepapier der ARK 2011, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 64<br />

(2011) S. 397-413, hier bes. S. 402 und 407-412.<br />

25 http://www.gwk-bonn.de/fileadm<strong>in</strong>/Papers/KII_Gesamtkonzept.pdf.<br />

26 Wie Anm. 1, S. 45 ff. – Zum Begriff der „Medien“ <strong>in</strong> den Empfehlungen vgl.<br />

ebd. S. 17.<br />

27 Wie Anm. 1, S. 45 f.<br />

28 Robert Kretzschmar, Das Landesarchiv Baden-Württemberg <strong>in</strong> der digitalen<br />

Welt. E<strong>in</strong>führung und Textabdruck, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 61 (2008), S. 14-19.<br />

29 Vgl. dazu demnächst Robert Kretzschmar, Archival process<strong>in</strong>g of born digital<br />

material and digitization of archival documents <strong>in</strong> Germany (ersche<strong>in</strong>t<br />

<strong>2013</strong> <strong>in</strong> comma).<br />

30 Zuletzt auf dem 46. Rhe<strong>in</strong>ischen Archivtag <strong>in</strong> Rat<strong>in</strong>gen, vgl. den Bericht von<br />

Claudia Kauertz, Digital und analog. Die beiden Archivwelten. 46. Rhe<strong>in</strong>ischer<br />

Archivtag <strong>in</strong> Rat<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>: <strong>Archivar</strong> 66 (<strong>2013</strong>), S. 65.<br />

31 http://www.allianz-kulturgut.de/.<br />

32 Robert Kretzschmar, Aktionstage und e<strong>in</strong>e Denkschrift. Zur Lobbyarbeit<br />

für die Erhaltung schriftlichen Kulturguts, <strong>in</strong>: E<strong>in</strong>e Zukunft für saures Papier.<br />

Perspektiven von <strong>Archive</strong>n und Bibliotheken nach Abschluss des KUR-<br />

Projekts „Nachhaltigkeit der Massenentsäuerung von Bibliotheksgut“, hrsg.<br />

von Re<strong>in</strong>hard Altenhöner u. a., Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 2012, S. 186-194.<br />

33 http://www.allianz-kulturgut.de/fileadm<strong>in</strong>/user_upload/Allianz_Kulturgut/dokumente/2009_Allianz_Denkschrift_gedruckt.pdf.<br />

34 http://www.kek-spk.de/<strong>in</strong>dex.php?id=1.<br />

35 http://www.kek-spk.de/<strong>in</strong>dex.php?id=39.<br />

36 Wie Anm. 1, S. 8 und S. 72 f.<br />

37 Wie Anm. 1. S. 8.<br />

38 So z. B. von Irmhild Schäfer <strong>in</strong> der Podiumsdiskussion auf dem Nationalen<br />

Aktionstag für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts <strong>in</strong> Frankfurt am<br />

Ma<strong>in</strong> am 14.05.2011 und von Rolf Griebel <strong>in</strong> der Podiumsdiskussion auf dem<br />

Tag der Bestandserhaltung am 10.10.2011 <strong>in</strong> Potsdam.<br />

39 http://www.langzeitarchivierung.de/Subsites/nestor/DE/Arbeitsgruppen/<br />

AGKosten.html.<br />

<strong>Archivar</strong> 66. Jahrgang Heft 02 Mai <strong>2013</strong>

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