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Rechtsextremismus in Deutschland

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argumente · rechtsextremismus <strong>in</strong> deutschland<br />

„Auch im Kreis der Bandmitglieder s<strong>in</strong>d Bezüge zum organisierten <strong>Rechtsextremismus</strong> unverkennbar,<br />

ebenso wie dies bei vielen Konzertbesuchern der Fall ist“.<br />

Rechtsrock-Clips auf YouTube<br />

Nicht nur über CD-Veröffentlichungen f<strong>in</strong>det die Musik rechtsextremer Bands weite Verbreitung. Musik<br />

wird heute mehr und mehr direkt von der Festplatte sowie mobil gehört. Und dorth<strong>in</strong> gelangt sie immer<br />

seltener durch den Kauf e<strong>in</strong>es Silberl<strong>in</strong>gs. Was früher die auf dem Schulhof getauschte MC war, ist heute<br />

die Kopie von der Festplatte des Freundes. Und auch im Internet ist vieles kostenlos zu haben. Bei YouTube<br />

etwa f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> breites Repertoire von Rechtsrock-Clips, die als MP3 heruntergeladen werden können.<br />

Manche Stücke werden gar direkt von den Interpreten zum Download im Internet veröffentlicht. Der<br />

Rechtsaußen-Rapper Makss Damage verfuhr beispielsweise so, als er nach e<strong>in</strong>er Razzia im Spätsommer<br />

2012 alle fünf Stücke e<strong>in</strong>er „Hausdurchsuchungs-EP“ auf se<strong>in</strong>er Internetseite zum Herunterladen anbot.<br />

„Rechtsrap ist auf dem Vormarsch und hält E<strong>in</strong>zug auf den Festplatten, MP3-Playern und <strong>in</strong> den Herzen<br />

der deutschen Jugend. Diese Entwicklung ist jetzt nicht mehr aufzuhalten“, me<strong>in</strong>t Makss Damage – vom<br />

CD-Player ist bei ihm gar nicht mehr die Rede.<br />

Propagandatexte auf der Bühne<br />

Durchschnittlich f<strong>in</strong>den an jedem Wochenende zwischen zwei und drei neonazistische Musikveranstaltungen<br />

statt. Besonders attraktiv s<strong>in</strong>d für viele junge Rechte die konspirativ vorbereiteten Konzerte. Dort<br />

ist möglich, was im „normalen“ Leben undenkbar ersche<strong>in</strong>en würde: vom Hitler-Gruß bis h<strong>in</strong> zur völlig<br />

unverhohlenen Forderung nach Gewalt. H<strong>in</strong>ter verschlossenen Türen geben auch manche Bands ihre –<br />

häufig durch juristischen Rat ihrer Anwälte erzwungene – „Zurückhaltung“ auf: Während auf der CD e<strong>in</strong><br />

Text juristisch unangreifbar ersche<strong>in</strong>t, gibt’s live auf der Bühne üble Propaganda. Und während e<strong>in</strong>e CD<br />

aus Gründen des Jugendschutzes womöglich <strong>in</strong>diziert<br />

ist, werden die Songs beim Konzert gleichwohl gespielt.<br />

Nicht selten endeten solche Konzerte selbst <strong>in</strong> Gewalt,<br />

wenn etwa Neonazis gegen Polizeibeamte vorg<strong>in</strong>gen.<br />

Schon die Anreise zu solchen Veranstaltungen ist für<br />

die e<strong>in</strong> Event suchenden Neonazis e<strong>in</strong> Abenteuer. Per<br />

SMS erfahren sie nur von der ungefähren Region, <strong>in</strong><br />

»Rechtsrock vermittelt braune Ideologie und festigt die<br />

Naziszene, deshalb müssen wir aktiv gegen die Verbreitung<br />

dieser menschenverachtenden Musik vor allem an<br />

junge Menschen vorgehen.«<br />

Steffen-Claudio Lemme, MdB<br />

Stellv. Sprecher der Arbeitsgruppe „Strategien gegen <strong>Rechtsextremismus</strong>“<br />

der das Konzert stattf<strong>in</strong>det. Über verschiedene Schleusungspunkte, an denen Polizei und Beobachter der<br />

Szene aussortiert werden, geht es dann zum eigentlichen Veranstaltungsort, der zumeist mit falschen<br />

und fadensche<strong>in</strong>igen Begründungen angemietet wurde. Mal soll dort e<strong>in</strong> Geburtstag gefeiert werden,<br />

mal e<strong>in</strong>e Hochzeit. Hallenbesitzer und Gastwirte fallen häufig aus allen Wolken, wenn sie im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

erfahren, dass dort tatsächlich Neonazis e<strong>in</strong> Konzert veranstaltet hatten. Von der Polizei werden illegale<br />

Konzerte oft vorzeitig beendet, Teilnehmer auch strafrechtlich herangezogen.<br />

Demonstration mit Live-Konzert<br />

Um der gesteigerten Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden zu entgehen, weichen Veranstalter<br />

und Gruppen oft auf Hallen und Säle im Ausland aus. Insbesondere Belgien, Frankreich und Tschechien<br />

s<strong>in</strong>d dabei für die Szene von Bedeutung. Im Ausland, so die E<strong>in</strong>schätzung, ist juristisch möglich, was <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> ausgeschlossen ist. Und: In manchen Ländern können Neonazis noch auf Strukturen des <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“ zurückgreifen.<br />

Zugleich versuchen deutsche Neonazis, ihre Musik nicht nur bei Konzerten <strong>in</strong> abgelegenen Hallen zu<br />

präsentieren. Live und mitten <strong>in</strong> den Städten soll sie stattf<strong>in</strong>den. Die Dortmunder Neonaziband „Oidoxie“<br />

zählte zu den ersten, die im Rahmen e<strong>in</strong>er Demonstration live auf der zur Bühne umfunktionierten<br />

Ladefläche e<strong>in</strong>es Lkw aufspielte. Juristisch gegen solche Musikevents bei Demonstrationen vorzugehen,<br />

hat sich als unmöglich erwiesen. Polizeibehörden versuchen durch Auflagen, was die Länge von Wortund<br />

Musikbeiträgen anbelangt, solchen Veranstaltungen den Charakter e<strong>in</strong>es Konzertes zu nehmen.<br />

Millionengeschäft mit Neonazi-Musik<br />

Zum florierenden Geschäft hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren der Handel mit der Neonazi-Musik, den <strong>in</strong> der<br />

Szene beliebten Textilmarken und den braunen „Accessoires“ entwickelt.<br />

Es ist e<strong>in</strong> Millionengeschäft. Die Landeszentrale für politische Bildung <strong>in</strong> Sachsen schätzt, dass Neonazis<br />

im Freistaat im Jahr 2011 mit dem Verkauf von Nazi-Merchandis<strong>in</strong>g und rechtsextremer Musik bis zu 3,5<br />

Millionen Euro hätten erwirtschaften können. In Sachsen hat etwa jeder achte bundesdeutsche Neonazi-<br />

Vertrieb se<strong>in</strong>en Sitz.<br />

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