Rechtsextremismus in Deutschland
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argumente · rechtsextremismus <strong>in</strong> deutschland<br />
Terror-Trio NSU<br />
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E<strong>in</strong> Schock erfasste Anfang November 2011 die gesamte Republik. Mehr durch Zufall wurde aufgedeckt,<br />
dass fanatische Rechtsterroristen fast 14 Jahre unentdeckt und unbehelligt <strong>in</strong> Sachsen leben konnten.<br />
Während dieser Zeit ermordete das Rechtsterror-Trio nach e<strong>in</strong>em eiskalten Plan neun Menschen aus mutmaßlich<br />
purem Rassenhass, killte brutal e<strong>in</strong>e Polizist<strong>in</strong> und versuchte auch deren Kollegen zu erschießen,<br />
verletzte u. a. mit e<strong>in</strong>em Bombenanschlag mit zehn Zentimeter langen Nägeln 22 Personen absichtlich<br />
besonders schwer, verübte 15 Banküberfälle mit zahlreichen Verletzten.<br />
„Das waren ganz nette, sehr sympathische, höfliche Leute“, erzählt die Apotheker<strong>in</strong> aus Niedersachsen<br />
über ihre Urlaubsbekanntschaft mit „Liese“, „Max“ und „Gerry“ aus Zwickau. 2009 stand deren Wohnmobil<br />
nahe ihrer Ferienunterkunft auf e<strong>in</strong>em Camp<strong>in</strong>gplatz der Ostsee<strong>in</strong>sel Fehmarn. Auch andere Familien<br />
gesellten sich h<strong>in</strong>zu. Man hatte viel Spaß zusammen.<br />
Inzwischen s<strong>in</strong>d die beiden Männer aus Sachsen, die e<strong>in</strong>ige für Zwill<strong>in</strong>ge hielten, tot. Erschossen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Wohnmobil <strong>in</strong> Eisenach am 4. November 2011. Zuvor hatten sie e<strong>in</strong>e Sparkasse der thür<strong>in</strong>gischen Stadt<br />
ausgeraubt und sich mit zahlreichen Waffen <strong>in</strong> dem Wagen verschanzt. Ihre Namen: Uwe Mundlos und<br />
Uwe Böhnhardt. „Liese“ alias Beate Zschäpe muss sich als e<strong>in</strong>zige Überlebende des Trios unter anderem<br />
wegen Mordes, versuchten Mordes, und schwerer Brandstiftung verantworten. Weder Urlaubsfreunde<br />
noch Anwohner ahnten etwas vom Doppelleben der drei, manche hatten sich gewundert, aber nicht<br />
nachgefragt.<br />
Die Schüsse <strong>in</strong> Eisenach beendeten den blutigen Weg des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU),<br />
e<strong>in</strong>er rechtsextremen Terrorgruppe, die fast 14 Jahre lang ungestört im Verborgenen agieren konnte<br />
und für zehn eiskalte Morde, 15 Banküberfälle mit Verletzten sowie zwei Sprengstoffanschläge gegen<br />
Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund mit zahlreichen Opfern verantwortlich gemacht wird.<br />
Politische Sozialisierung begann <strong>in</strong> Jena<br />
Wenige Stunden nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt am 4. November 2011 stand die Wohnung<br />
des Trios <strong>in</strong> der Frühl<strong>in</strong>gsstraße <strong>in</strong> Zwickau <strong>in</strong> Flammen. Beate Zschäpe hatte sie <strong>in</strong> Brand gesteckt, um<br />
Spuren zu verwischen. Die Neonazist<strong>in</strong> flüchtete und stellte sich wenige Tage später der Polizei <strong>in</strong> ihrer<br />
Heimatstadt Jena.<br />
In der thür<strong>in</strong>gischen Universitätsstadt hatte die politische Sozialisierung der drei Neonazis <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Kameradschaftsszene begonnen. Dort hatten sie zunächst militante Hetz-Schriften und Waffen, dann<br />
Sprengstoff gesammelt, waren zunehmend radikal geworden, hatten bundesweite Kontakte im braunen<br />
Netz aufgebaut und tauchten schließlich 1998 nach e<strong>in</strong>er Razzia als „Jenaer Bombenbastler“ ab. Bis 2003<br />
wurden Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos per Haftbefehl gesucht.<br />
Nur 100 Kilometer entfernt, im sächsischen Chemnitz tauchten sie alsbald wieder auf, befreundete Kameraden<br />
und Kamerad<strong>in</strong>nen aus dem rassistischen „Blood & Honour“-Netzwerk boten ihnen Unterschlupf.<br />
Thür<strong>in</strong>gische Kameraden wie Ralf W., hochrangiger ehemaliger NPD-Landespolitiker, oder Holger G. aus<br />
Hannover verhalfen ihnen zu etwas Geld und e<strong>in</strong>er scharfen Waffe, welche über e<strong>in</strong>en Szeneladen <strong>in</strong> Jena<br />
besorgt wurde. 1999 begann das untergetauchte Trio mit den ersten Überfällen <strong>in</strong> Sachsen zur weiteren<br />
Geldbeschaffung. E<strong>in</strong> Jahr später beg<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> Bayern den ersten geplanten Mord an dem türkischen<br />
Blumenhändler Enver Simsek. Sie gaben sich den Namen „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU),<br />
hatten weiterh<strong>in</strong> Helfer aus der Neonazi-Szene und zogen 2000 <strong>in</strong> ihre erste konspirative Wohnung<br />
nach Zwickau um.<br />
„E<strong>in</strong> Netzwerk von Kameraden“<br />
Dort erstellten sie bald e<strong>in</strong>e erste DVD mit e<strong>in</strong>em 15-m<strong>in</strong>ütigen Film. In der letzten Fassung dieses Films<br />
führt perfiderweise die Comic-Figur „Paulchen Panther“ zu den Schauplätzen der brutalen Morde des NSU.<br />
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