Games Aktuell Magazin Batman Arkham Night (Vorschau)
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40 SPECIAL<br />
<strong>Games</strong> <strong>Aktuell</strong> 04/2014<br />
Ist billiger gleich besser?<br />
Sonys Beyond: Two Souls ist ein herrliches Beispiel für das Problem<br />
des Kostenanstiegs, wenn man es mit dem Genre-Konkurrenten The<br />
Walking Dead von Telltale <strong>Games</strong> vergleicht: Erstgenannter Titel war<br />
klar der teurere, doch der Absatz lief trotz der Hollywood-Stars Ellen<br />
Page und Willem Dafoe eher schleppend. Schnell wurde das sowohl<br />
unter Kritikern als auch Spielern umstrittene Adventure von vielen<br />
Händlern deutlich günstiger als zum Release-Zeitpunkt angeboten.<br />
Paradoxerweise zählte das spielerisch ähnliche Heavy Rain aus gleichem<br />
Hause noch zu den finanziellen Überraschungserfolgen.<br />
Telltale hingegen wagte 2012 ein sehr mutiges Experiment: Sie<br />
kopierten Quantic Dreams Interactive-Movie-Ansatz, obwohl sie<br />
nicht annähernd die finanziellen Mittel besaßen, um eine für das<br />
Genre adäquate Präsentation stemmen zu können. Der Clou gelang<br />
dank vergleichsweise günstiger und kreativ geschickt eingesetzter<br />
Cell-Shading-Technologie, dem Vertrauen hausinterner Künstler<br />
(beispielsweise Stammkomponist Jared Emerson-Johnson) sowie einem<br />
fantastisch ausgearbeiteten Skript mit viel Entscheidungsfreiheit<br />
für den Spieler. Die Marke wurde nicht nur auf Anhieb die erfolgreichste,<br />
die der „kleine“ Independent-Entwickler bis dato auf die<br />
Beine gestellt hat, sondern heimste trotz vieler Genre-Vorbehalte unzählige<br />
von Zockern vergebene „Spiel des Jahres“-Preise ein.<br />
Darüber hinaus gilt die Independent-Szene als der Hoffnungsträger<br />
für die Idealisten und Kulturellen. Wenn ein einzelner Mann wie<br />
Jonathan Blow nach drei Jahren Entwicklungszeit einen Hammer wie<br />
Braid raushaut, damit die Konkurrenz in Sachen Spieldesign deklassiert<br />
und am Ende auch noch behauptet, die Ausgaben von insgesamt<br />
200.000 Dollar hätte man gar noch weiter minimieren können, dann<br />
sollte das Electronic Arts, Activision & Co. ernsthaft zu denken geben.<br />
Indie-Hit: The Walking Dead<br />
im Kampf gegen Zombies<br />
und AAA-Blockbuster.<br />
Visionär: Braid zeigt, wie „billig“<br />
konzentrierter Spielspaß sein kann.<br />
Ein Mann, ein Hit und wenig Kosten.<br />
Capturing aufgezeichnet. Das Verfahren ist allein<br />
deshalb teurer, weil reale Menschen die ganzen<br />
Tricks vollführen, die der Spieler dann per Knopfdruck<br />
initiiert.<br />
Noch mehr Budget ist vonnöten, wenn versierte<br />
Schauspieler in die Produktion einsteigen.<br />
Das wohl erste, wirklich berühmte Beispiel dürfte<br />
Mark „Luke Skywalker“ Hamill sein, der Ende<br />
1994 den Protagonisten in Wing Commander 3:<br />
Heart of the Tiger mimte. Darüber hinaus verpflichtete<br />
Entwickler Origin klangvolle Namen<br />
wie John Rhys-Davies (bekannt als Gimli aus<br />
der Herr der Ringe-Trilogie), Malcolm McDowell<br />
(weltberühmt dank Uhrwerk Orange) und Ginger<br />
Lynn (eine, ähem, erfahrene Porno-Darstellerin<br />
... *hust*).<br />
Zunächst schien die Idee, auf reale,<br />
teils berühmte Schauspieler zurückzugreifen,<br />
zu scheitern, weil die betreffenden<br />
Titel oft von minderer Qualität und<br />
solche Filmchen einfach schwer mit der<br />
interaktiven Natur der Spiele zu vereinbaren<br />
waren. Doch inzwischen hat die<br />
Industrie einen „einfachen“ Trick gefunden:<br />
Man kreuzt die bekannten Gesichter<br />
mit dem Motion-Capture-Verfahren,<br />
und schon läuft in Beyond: Two Souls<br />
eine täuschend echte Ellen Page durch<br />
eine in Echtzeit berechnete Spielegrafik.<br />
Alle sind zufrieden – nur nicht das<br />
Budget-Management, das nun für den<br />
Fußball-Meilenstein: Die Championship Edition für das<br />
Mega CD zählte zu den letzten FIFA-Episoden, die mit<br />
vergleichsweise billig gezeichneten Pixelfiguren auskam.<br />
gleichen Prozess dicke Gehälter sowohl an die<br />
Schauspieler als auch die Techniker zahlen darf.<br />
Die interessante Kehrseite der Medaille: Inzwischen<br />
ist die Branche so weit fortgeschritten,<br />
dass sich plötzlich Hollywood an die Spieleindustrie<br />
hängt. Für den Kinofilm Tron: Legacy<br />
musste Hauptdarsteller Jeff Bridges in vielen<br />
Szenen als junger Mann dargestellt werden,<br />
weshalb das unumgängliche Motion Capturing<br />
tatsächlich in einem Studio von Electronic Arts<br />
stattfand. Zwar zählt das Ergebnis landläufig als<br />
Tiefpunkt der visuellen Effekte (was den Film laut<br />
Insidern die potenzielle Oscar-Nominierung kostete),<br />
doch zumindest war es mal ein interessanter<br />
Schritt in Richtung Gleichstellung von Spiel<br />
und Film.<br />
OFFEN FÜR ALLES SEIN<br />
Kehren wir kurz zurück zum Aspekt der technischen<br />
Entwicklung, die direkten Einfluss auf den<br />
künstlerischen Prozess nahm. Weil die Hardware<br />
mehr Optionen ermöglichte, stiegen Stück für<br />
Stück der grafische Realismus und der Fantasiereichtum<br />
der Spielwelt. Ein Stuhl bestand in den<br />
1980er-Jahren noch aus ein paar Pixeln, die jeder<br />
„zeichnen“ konnte. Heute handelt es sich um ein<br />
voll texturiertes, schattiertes sowie modelliertes<br />
Objekt, das möglichst real wirken soll.<br />
Diese Entwicklung lässt sich schön am Rennspiel-Genre<br />
demonstrieren: Was mit<br />
mickrigen Bitmaps und einem Kursdesign<br />
begann, das man auf Karo-Papier<br />
zeichnen konnte, muss heute akkurat<br />
zur Realität passen. Da werden ganze<br />
Teams zu existierenden Rennstrecken<br />
geschickt, damit sie diese von allen Seiten<br />
fotografieren, filmen und letztlich<br />
kopieren. Beim Dreamcast-Klassiker<br />
Metropolis Street Racer – dem indirekten<br />
Vorgänger der Project Gotham Racing-Serie<br />
– kam noch die Umgebung<br />
hinzu, weshalb Entwickler Bizarre Creations<br />
ganze Viertel aus London, Tokio<br />
und San Francisco bis ins letzte Detail<br />
virtuell nachbauen ließ. Neuere Titel wie