Kinderstücke von A bis Z - Verlag für Kindertheater
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junges theater<br />
Zeitpunkt“, darf man ergänzen: Meg Rosoff weiß<br />
das ebenso.“ (DIE ZEIT)<br />
Das Buch erscheint im Carlsen <strong>Verlag</strong> unter<br />
dem Titel „Was wäre wenn“ und hat 2008<br />
Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 gewonnen.<br />
JANA SCHEERER<br />
Mein innerer Elvis<br />
Für die Bühne bearbeitet <strong>von</strong> Nicola Bongard;<br />
3 D - 3 H; ab 13 Jahren; UA: Junges Theater<br />
am Deutschen Theater Göttingen, 08.10.2011<br />
(Regie: Joachim <strong>von</strong> Burchardt)<br />
Antje Schröder ist 15 und hört am liebsten Elvis.<br />
Sie ist außerdem überzeugt da<strong>von</strong>, dass Elvis<br />
noch lebt und ihr größter Wunsch wäre es, im Urlaub<br />
nach Memphis zu fahren. Doch ihre Familie<br />
möchte lieber nach Pittsburg, um dort Nelly abzuholen,<br />
die ehemalige Austauschschülerin, mit der<br />
Antje in tiefer, gegenseitiger Abneigung verbunden<br />
ist. Nelly nutzt die erstbeste Gelegenheit, um<br />
sich aus dem Staub zu machen und während Familie<br />
Schröder sie noch hektisch sucht, fasst auch<br />
Antje einen Entschluss: Sie wird beim Elvis-Contest<br />
am 16. August antreten! Sie holt Nelly ein und<br />
gemeinsam schnorren sie sich tatsächlich durch<br />
<strong>bis</strong> Graceland.<br />
Bis hierhin wäre „Mein innerer Elvis“ ein humorvolles<br />
Roadmovie <strong>für</strong> die Bühne mit skurrilen Figuren,<br />
einem imaginären Elvis und der Gelegenheit,<br />
mal wieder die Hits des King zu hören. Doch<br />
die Reise der beiden Mädchen ist auch ein Weg<br />
zur Selbstaufklärung. Antje sieht sich plötzlich<br />
im Spiegel der Anderen und sieht ihrerseits mit<br />
neuem Blick auf ihre Mitmenschen. Sie beginnt,<br />
sich mit Nelly zu vergleichen und der Vergleich<br />
scheint nicht günstig auszufallen: sie findet sich<br />
zu dick, zu unansehnlich, sie hat eigentlich keine<br />
Freunde und ihre Eltern streiten sich ein <strong>bis</strong>schen<br />
zu häufig. Mit jeder Erkenntnis aber, mit jeder<br />
Aufgabe, die sich den Mädchen auf ihrer Reise<br />
stellt und jeder neuen Begegnung, lernt Antje zu<br />
unterscheiden, was ihr wichtig ist im Leben, wie<br />
sie sein möchte und worauf sie gerne verzichten<br />
kann. Am Ende, in Graceland, ist Antje auch bei<br />
sich angekommen: Elvis lebt! Antje auch!<br />
„Und das alles mit einem so präzisen Maß<br />
aus Witz und Ernsthaftigkeit, dass es nie zur einen<br />
oder anderen Seite kippt. Ein grandioses Stück!“<br />
(GÖTTINGER TAGBLATT)<br />
REIHANEH yOUZBASHI DIZAJI<br />
Sex vor allem<br />
2 D - 1 H; ab 13 Jahren; frei zur UA<br />
Sana hat sturmfreie Bude und lädt Micha zu sich<br />
ein. Doch die beiden fühlen sich nicht ganz behaglich<br />
in dieser Situation: Sie sind zu alt, um<br />
nicht zu wissen, was ein Junge und ein Mädchen<br />
allein zu Hause tun könnten (oder gar sollten?)<br />
und zu jung, um es wirklich tun zu können und<br />
zu wollen. So albern sie herum, halb ernst, halb<br />
im Spaß, sie reizen einander, sind verschämt und<br />
zu offensiv zugleich. Was sie beide aus ihren Elternhäusern<br />
kennen, lässt sie nicht gerade große<br />
Hoffnungen in das Gelingen wahrer Liebe setzen.<br />
Darin verstehen sie einander, genau darin gründet<br />
sich aber auch ihre Unfähigkeit, dem anderen<br />
unbelastet sagen zu können, was sie empfinden.<br />
Als ihr das Spiel schließlich zu nahe geht, weiß<br />
Sana sich nicht mehr anders zu helfen, als sich<br />
in einer Übersprungsreaktion einfach totzustellen.<br />
Micha hat einen Moment lang wirklich Angst<br />
um sie und es ist das erste Mal, dass er ein Gefühl<br />
nicht mehr in jugendlich abgeklärter Manier beherrschen<br />
kann. Das stürzt ihn in eine Krise.<br />
Aufklärung steht in diesem Stück also nicht <strong>für</strong><br />
die mehr oder weniger hilflosen Versuche der<br />
Eltern, ihren Kindern den Umgang mit Sex zu<br />
erklären. Sondern <strong>für</strong> die Selbstaufklärung dieser<br />
beiden jungen Menschen, die lernen, ihren Gefühlen<br />
zu trauen, sie auszusprechen, zu reflektieren<br />
und sich selbst in Beziehung zu ihrem Gegenüber<br />
setzen zu können. Sana und Micha gelingt es,<br />
am Ende aus dem Spiel Ernst werden zu lassen,<br />
ohne das Spielerische darüber zu verlieren - „das<br />
könnte Liebe sein“.<br />
Vier<br />
3 D - 2 H (Doppelbesetzungen);<br />
ab 14 Jahren; frei zur UA<br />
Der Postmoderne zufolge sollen wir unsere<br />
Identität(en) selbstbestimmt bilden und behaupten<br />
können; natürlich nur, solange wir uns dabei<br />
nicht zu weit vom gesellschaftlichen und medial<br />
vielfach vermittelten Imperativ entfernen: Sei erfolgreich<br />
und beliebt und sei dabei einfach ‚ganz<br />
du selbst‘. Was aber, wenn man keine Freunde<br />
hat, man nicht ‚geliked’ ist? Was, wenn man nicht<br />
um jeden Preis schön und cool sein will (oder<br />
kann)? Und wie weit würden wir gehen, um zum<br />
gewünschten Ziel zu kommen?<br />
Die vier Miniaturen – „Dschungelbus“, „Die Coolen“,<br />
„La-Bell-o“ und „Enemybook“ – werfen kurze<br />
Schlaglichter auf die Frage, wie junge Menschen<br />
den Spagat zwischen Realität und medialen Vorbildern<br />
zu meistern versuchen. Die Autorin zeigt, wie<br />
Vermittlung und Verortung gelingen können, aber<br />
auch, wie sie daran scheitern (müssen). Die einzelnen<br />
Teile können <strong>für</strong> sich bestehen oder in Reihung<br />
miteinander verbunden werden. Es ergeben<br />
sich zwar Verweise und Figurenkonstellationen,<br />
aber bewusst keine fixen Identitäten der Figuren.<br />
Das Stück ist auch geeignet <strong>für</strong> Aufführungen im<br />
Jungendclub und in Theaterkursen.<br />
ELISABETH ZÖLLER<br />
BRIGITTE KOLLOCH<br />
Bis ans Limit<br />
Für die Bühne bearbeitet <strong>von</strong><br />
Rainer Hertwig; 1 H; ab 14 Jahren;<br />
UA: Neue Bühne Senftenberg, 2011<br />
Es fing an mit ein paar langweiligen Abenden:<br />
Florian, allein zu Haus… Also erst mal ein, zwei<br />
Biere oder Wodka mit Brause und rumhängen<br />
mit den coolen Typen, die er neulich in der Bar<br />
getroffen hat. Die Schule wird immer ätzender,<br />
die Eltern werden immer fremder. Und Florian<br />
ist immer noch alleine. Er kann sich nicht mehr<br />
verständigen und wird folgerichtig auch nicht<br />
mehr verstanden. Aber im Wein liegt Wahrheit,<br />
sagt man ja. Also trinken. Und trinken, um das<br />
Trinken zu vergessen, zu ertragen. Florian trinkt<br />
<strong>bis</strong> ans Limit und darüber hinaus. Als er nicht nur<br />
sein eigenes, sondern das Leben seiner großen<br />
Liebe Hanna riskiert hat, zieht er die Konsequenz.<br />
Die sorgfältig recherchierte, glaubwürdige Geschichte<br />
eines ganz einfachen Abstiegs in die<br />
Sucht wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Florian<br />
springt in der Erzählung zwischen den vergangenen<br />
Ereignissen und dem Alltag in der<br />
Entzugsklinik. Es ist hart, anstrengend und im<br />
wahrsten Sinne ernüchternd, nicht mehr zur Flasche,<br />
sondern wieder zu Worten zu greifen. Die<br />
Sprache wirkt fragil und brüchig, so wie Florians<br />
neue Identität. Die Rückfallquote bei Drogenabhängigkeit<br />
beträgt 50%, sagt der Arzt. 50%ige<br />
Chance, sagt Florian – gar nicht so schlecht.<br />
„ Ich schrieb zwölf Briefe<br />
an Herztrost. Zwölf<br />
lange Briefe schrieb ich.<br />
Als Antwort bekam<br />
ich eine einzige<br />
Ansichtskarte.“<br />
(So lonely)<br />
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