christliche werte in wirtschaft und gesellschaft - Professorenforum
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KAP 13: HEMMFAKTOR NIVELLIERUNG<br />
13.1. Das Ideal aller Despoten: der E<strong>in</strong>heitsmensch<br />
13.1.1. Nivellierung <strong>und</strong> Herrschaft<br />
Daß das Ideal aller Despoten der E<strong>in</strong>heitsmensch ist, liegt auf der Hand, weil e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />
Gesellschaft am e<strong>in</strong>fachsten von oben beherrscht, manipuliert <strong>und</strong> dirigiert werden kann.<br />
Möglichst e<strong>in</strong>heitliches Denken, Wünschen <strong>und</strong> Reagieren - <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />
Interessen der Herrschenden - s<strong>in</strong>d daher wichtige Erziehungsziele bei der Schaffung des<br />
E<strong>in</strong>heitsmenschen, die besonders - aber beileibe nicht nur - <strong>in</strong> totalitären Systemen bewußt<br />
verfolgt werden.<br />
So war <strong>in</strong> der Sowjetunion vom "neuen Sowjetmenschen" die Rede, den es zu entwickeln<br />
galt. In der "DDR" f<strong>in</strong>den wir e<strong>in</strong>e "Sozialistische E<strong>in</strong>heitspartei Deutschlands", neben der<br />
e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>e Parteien als Aushängeschild Unabhängigkeit vortäuschen sollten. E<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>parteiensystem ist <strong>in</strong> allen totalitären Systemen die Regel. Man sollte der E<strong>in</strong>heitspartei<br />
möglichst angehören, um nicht beruflich, sozial <strong>und</strong> politisch unter Druck zu geraten. Die<br />
Regel s<strong>in</strong>d auch e<strong>in</strong>heitliche Jugendorganisationen - denen alle angehören sollten oder müssen<br />
- , die die ideologische Gleichschaltung betreiben, sofern diese nicht schon durch e<strong>in</strong><br />
gleichgeschaltetes Schulsystem besorgt wird. In vielen Systemen wird auch auf e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>heitliche "Staatsreligion" Wert gelegt, religiöse M<strong>in</strong>derheiten kommen unter schweren<br />
Druck <strong>und</strong> Verfolgung.<br />
Die Medien werden <strong>in</strong> den Dienst e<strong>in</strong>er möglichst e<strong>in</strong>heitlichen Informationspolitik,<br />
Informationsversorgung <strong>und</strong> Me<strong>in</strong>ungsmache gestellt. Viele weitere Symptome der<br />
Nivellierung durch Machthaber können überall beobachtet werden.<br />
13.1.2. Nivellierung macht die Gesellschaft krank<br />
Daß Nivellierung leichtere Herrschaftsausübung bewirkt, ist unbestritten. Aber was bewirkt<br />
sie sonst noch? Nach Baaske/Millendorfer (2002) macht sie die Gesellschaft <strong>in</strong> bestimmter<br />
Weise krank. Nivellierung zerstört Differenzierung, <strong>und</strong> Mangel an Differenzierung schränkt<br />
diagnostische Fähigkeiten <strong>und</strong> Problemlösungsfähigkeiten e<strong>in</strong>. Beispielsweise schränkt die<br />
Nivellierung der Geschlechter das Erkennen <strong>und</strong> Lösen geschlechtsspezifischer Probleme e<strong>in</strong>.<br />
Der Mangel an diagnostischer Fähigkeit hat Ähnlichkeit mit dem mediz<strong>in</strong>ischen Phänomen<br />
der Immunschwäche: der Körper kann nicht mehr zwischen schädlichen <strong>und</strong> nützlichen<br />
E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gl<strong>in</strong>gen unterscheiden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> bezeichnen die beiden Autoren die von der<br />
Nivellierung verursachte <strong>gesellschaft</strong>liche Krankheit als "cerebrale Immunschwäche". Daß<br />
auch die Problemlösungsfähigkeit selbst bei richtiger Diagnose unter Nivellierung leidet,<br />
leuchtet unmittelbar e<strong>in</strong>, ist aber auch e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende Entdeckung der Kybernetik, die auf<br />
Ashby zurückgeht: um komplexe Probleme <strong>und</strong> Störungen zu meistern <strong>und</strong> abzuwehren,<br />
benötigt jedes System e<strong>in</strong>e Vielfalt von Reaktionsmöglichkeiten ("requisite variety").<br />
Beide Aspekte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den folgenden Zitaten angesprochen. Zunächst der diagnostische oder<br />
Erkennungsaspekt: